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Das Kompensationspotenzial im Inland ist knapp

Aktuell müssen Treibstoffimporteure 5 Prozent der CO2-Emissionen im Inland kompensieren. Eine Verdoppelung auf 10 Prozent, wie sie das neue CO2-Gesetz vorsieht, wäre zwar möglich, aber nur wenn die dafür nötigen Anreize geschaffen werden.

Das Kompensationspotenzial im Inland ist knapp

Die Mineralölsteuerbefreiung auf Biotreibstoffe soll wegfallen. Laut der Stiftung Klik sind dadurch die Reduktionsziele im Inland kaum zu erreichen. (Bild: Keystone)

Gemäss aktuellem CO2-Gesetz müssen Treibstoffimporteure einen Teil der verursachten CO2-Emissionen in der Schweiz kompensieren. Zwischen 2013 und 2020 müssen sie 5 Prozent der Treibstoffemissionen in der Schweiz einsparen, was rund 6,5 Millionen Tonnen CO2 entspricht. Die von den Treibstoffimporteuren gegründete Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation Klik erfüllt diese Kompensationspflicht für die ihr angeschlossenen Mineralölgesellschaften.

Die Kompensationspflicht soll bestehende klimapolitische Instrumente ergänzen und ihre treibhausgasreduzierende Wirkung verstärken. Ihre Stärke ist: Sie kann relevante Emissionsquellen identifizieren, um schnell und kosteneffizient Reduktionsmassnahmen zu ergreifen. Zur Erfüllung dieser Kompensationspflicht hat die Stiftung Klik schon eine Vielzahl treibhausgasreduzierender Aktivitäten lanciert, wie etwa die Zerstörung von Lachgas[1] in Klärschlammverbrennungsanlagen oder die Förderung von Wärmeverbünden und holzpelletsbetriebener Bauheizungen.[2]

Gesetzesentwurf schmälert das Kompensationspotenzial im Inland


Aktuell werden rund 5 Prozent der Treibstoffemissionen durch solche Inlandaktivitäten kompensiert. Weitere 5 Prozent könnten durch eine erhöhte Beimischung von Biotreibstoffen hinzukommen.[3] Zusätzliches Kompensationspotenzial ist praktisch nicht vorhanden. Der Vernehmlassungsentwurf zum neuen CO2-Gesetz müsste deshalb eigentlich darauf abzielen, die Ausschöpfung des inländischen Kompensationspotenzials von 10 Prozent zu ermöglichen. Doch leider wird dieses Ziel verfehlt. Der Entwurf will zwar die Kompensationspflicht im Inland auf mindestens 10 Prozent verdoppeln und eine zusätzliche Kompensationspflicht im Ausland von 40 bis 60 Prozent einführen, gleichzeitig enthält er aber auch Vorschläge, die das Kompensationspotenzial im Inland drastisch einschränken.

Am schwersten wiegt der angekündigte Wegfall der Mineralölsteuerbefreiung für Biotreibstoffe, welcher die Wirtschaftlichkeit solcher Treibstoffe akut gefährdet. Damit könnte die Hälfte des aktuellen Kompensationspotenzials im Inland hinfällig werden, ohne dass ausreichend neues Potenzial erschlossen wird.[4]

Anreize schaffen statt verhindern


Um das volle Kompensationspotenzial im Inland zu nutzen, muss sichergestellt werden, dass Biotreibstoffe als Kompensationsaktivität anrechenbar bleiben. Der Markt für Biotreibstoffe darf nicht abgewürgt werden. Die Mineralölsteuerbefreiung auslaufen zu lassen, wie es der Bundesrat vorschlägt, birgt das Risiko, dass der Markt für Biotreibstoffe komplett einbricht. Auch erhöhte Kompensationszahlungen können den Wegfall der Mineralölsteuerbefreiung nicht wettmachen.

Weiterhin gilt es sicherzustellen, dass Schnittstellen zu anderen Instrumenten des CO2-Gesetzes gestärkt werden. Aktuell haben Unternehmen, welche eine CO2-Verminderungsverpflichtung eingehen, einen Anreiz, ihr Emissionsziel zu übertreffen und diese Übererfüllungen an die Stiftung Klik zu verkaufen. Statt diese bewährte Schnittstelle abzuschaffen, wie es der Vernehmlassungsentwurf vorsieht, wäre es sinnvoller, wenn in Zukunft alle Unternehmen eine CO2-Verminderungsverpflichtung eingehen könnten und für allfällige Übererfüllungen eine Unterstützung erhielten. Auch bei den Fahrzeugvorschriften würde eine Verknüpfung mit dem Kompensationsmechanismus Fahrzeugimporteuren einen Anreiz geben, die gesetzlichen Vorgaben zu übertreffen.

Im Gebäudebereich befinden sich die Kantone und die Stiftung Klik aktuell in einer Förderkonkurrenzsituation. Eine Harmonisierung der Fördermodalitäten würde eine effiziente Zusammenarbeit der Kantone mit der Stiftung Klik ermöglichen.

Mit Auslandkompensation die Effektivität weiter steigern


Die Erfüllung eines Kompensationssatzes von 10 Prozent in der Schweiz ist mit den genannten Änderungen zwar ambitioniert, aber möglich. Die Änderungen zielen auf eine bessere Einbettung der Kompensationspflicht in die anderen Instrumente des CO2-Gesetzes ab und sehen weitere operative Reformen zur einfacheren Abwicklung von Kompensationsaktivitäten vor. Eine Erhöhung des Inlandkompensationssatzes auf über 10 Prozent trägt hingegen nichts zum Klimaschutz bei. Damit würden keine weiteren Treibhausgasemissionen eingespart. Von den anfallenden Strafzahlungen würde einzig die allgemeine Bundeskasse profitieren.

Die Erweiterung der Kompensationspflicht aufs Ausland stärkt hingegen den Beitrag der Treibstoffimporteure zum Klimaschutz. Im Ausland liegen die Vermeidungskosten zur Reduktion von Treibhausgasen mindestens zehnmal tiefer, und das vorhandene Reduktionspotenzial ist dort um ein Vielfaches grösser.

Die Sanktionszahlungen für allfällig nicht geleistete Auslandkompensationen sollten aber den tieferen Vermeidungskosten angepasst werden. Ansonsten drohen exorbitante Profite für Verkäufer von ausländischen Emissionsreduktionen, im Falle dass aufgrund regulatorischer Vorgaben das Angebot solcher Emissionsreduktionen stark eingeschränkt wird.

  1. Lachgas ist rund 300 Mal schädlicher für den Treibhauseffekt als CO2. []
  2. Eine Übersicht von der Stiftung Klik unterstützter Aktivitäten finden Sie unter Klik.ch[]
  3. Eine Beimischung von bis zu 5% Bioethanol zu Benzin, respektive 7% Biodiesel zu Diesel, ist gemäss Treibstoffnormen möglich. 2015 betrug der Anteil Biotreibstoff rund 1%. []
  4. Kohlenstoffsenken in Böden und Wäldern sollen in Zukunft evtl. auch durch den Kompensationsmechanismus gefördert werden. Das dadurch erschliessbare Potenzial ist aber höchst unklar.  []

Zitiervorschlag: Roman Schibli (2016). Das Kompensationspotenzial im Inland ist knapp. Die Volkswirtschaft, 24. November.