Beat F. Brunner, Leiter Fachgruppen, Mitglied der Geschäftsleitung, Swissmem, Zürich
Die schweizerische Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie) beschäftigt rund 320’000 Arbeitnehmer. 2015 exportierte sie Güter im Wert von 63 Milliarden Franken. Das ist rund ein Drittel der gesamten Warenausfuhren der Schweiz. Für die Mitgliedsfirmen von Swissmem, dem Verband der MEM-Industrie, ist der Export von zentraler Bedeutung. Nahezu 80 Prozent ihrer Produkte gehen ins Ausland. Ein Teil dieser Produkte kann für zivile sowie militärische Zwecke eingesetzt werden und wird deshalb als sogenannte Dual-Use-Güter bezeichnet. Die Güterkontrollverordnung (GKV) listet auf, für welche Produkte eine Exportbewilligungspflicht besteht.
Bei kontrollierten Gütern kann es zu Exporteinschränkungen kommen, wenn im Rahmen von politischen oder militärischen Konflikten Wirtschaftssanktionen verhängt wurden. Dual-Use-Güter und Kriegsmaterial werden dabei oft in den gleichen Topf geworfen. Swissmem legt grossen Wert darauf, dass diesbezüglich klar differenziert wird. Denn im Unterschied zu den Dual-Use-Gütern ist die Exportkontrolle von Kriegsmaterial im Kriegsmaterialgesetz und der Kriegsmaterialverordnung geregelt.
Längere Bewilligungen erhöhen Planbarkeit
In der MEM-Branche sind vor allem die hochpräzisen, mehrachsigen Werkzeugmaschinen von der Exportbewilligungspflicht gemäss GKV betroffen. Die Werkzeugmaschinenbranche beschäftigt über 11’000 hoch qualifizierte Mitarbeitende in der Schweiz und hat im Jahr 2015 Güter im Wert von 3,5 Milliarden Franken exportiert. Es gibt keine präzisen Statistiken zu den erteilten Exportbewilligungen. Swissmem schätzt, dass bei den Werkzeugmaschinen etwa drei Viertel der Ausfuhren unter die GKV fallen. In anderen Subbranchen der MEM-Industrie gibt es ebenfalls exportbewilligungspflichtige Güter, deren Anteil aber wesentlich geringer ist. Insgesamt sind aber ein bedeutender Anteil der Schweizer Ausfuhren und damit zahlreiche Arbeitsplätze davon abhängig, dass die Schweizer Exportkontrolle gut funktioniert und ihre Ziele erfüllt.
Die Firmen der MEM-Branche kennen in der Regel die Vorschriften der Exportkontrolle, und deren Fachleute sind mit den Verfahren vertraut. Maschinen und Anlagen, die unter die GKV fallen, haben teilweise Lieferzeiten, die deutlich über einem Jahr liegen. Bisher musste eine Firma das Risiko auf sich nehmen, dass die auf ein Jahr beschränkte Exportbewilligung nach Ablauf nicht mehr verlängert wurde, weil sich die politische Lage im Zielland verändert hat. Damit drohte ein grosser Schaden, weil eine halb fertige, kundenspezifisch hergestellte Maschine nicht einfach einem anderen Kunden verkauft werden kann. Gemäss der revidierten, seit dem 1. Juli 2016 gültigen GKV sind Exportbewilligungen neu zwei Jahre gültig. Dies erhöht die Rechtssicherheit und verbessert die Planbarkeit solcher Exportgeschäfte.
Zweifelhafter Erfolg trotz Kontrollen
Ein grosser Teil der industrialisierten Länder hält sich an die internationalen Vereinbarungen, welche die Grundlage der schweizerischen Exportkontrollpolitik bilden. Deshalb fühlt sich die Schweizer MEM-Industrie durch die Exportkontrolle in der Regel nicht benachteiligt. Schweizer Lieferanten werden jedoch dann benachteiligt, wenn sich Lieferländer nicht an Sanktionen beteiligen oder diese umgehen. Beispiele dafür gab es im Falle des Iran oder bei den von der Schweiz ergriffenen Massnahmen im Rahmen der Ukraine-Krise. In solchen Fällen scheint die internationale Exportkontrollpolitik weitgehend unwirksam zu sein, was unsere Firmen als sehr störend empfinden. Denn trotz Sanktionen konnte keines der Atomprogramme in Pakistan, Indien, Israel, Nordkorea, im Irak, im Iran oder in China verhindert werden.
Die MEM-Industrie erhofft sich von der revidierten GKV erhöhte Rechtssicherheit und möglichst geringe Behinderung im internationalen Wettbewerb.
Zitiervorschlag: Brunner, Beat F. (2016). Verlässliche Exportkontrolle ohne Behinderung der Exportindustrie. Die Volkswirtschaft, 21. Dezember.