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Crowdfunding als Finanzierungsquelle für Start-ups

Bei Unternehmen ist Crowdfunding immer beliebter. Im Jahr 2015 wurden über Crowdfunding-Plattformen 27 Millionen Franken vermittelt – im laufenden Jahr dürfte sich dieser Wert mehr als verdoppeln. Insbesondere Start-ups können davon profitieren.
In der Kreativbranche ist Crowdfunding besonders verbreitet: Produktedesigner im Basler Gründerzentrum Stellwerk. (Bild: Keystone)

Wer ein Unternehmen gründen will, braucht nicht nur eine Idee, sondern auch Geld. In einer frühen Anfangsphase können gewisse Start-ups noch auf das Ersparte der Gründer oder auf Geld von Freunden und der Familie zurückgreifen. Später braucht es aber in der Regel zusätzliches Kapital für die weitere Entwicklung. Entsprechende Geldgeber in Form von Wagniskapitalgebern sind aber nicht einfach zu finden. Ebenso ist es für Jungunternehmer praktisch unmöglich, einen Bankkredit zu erhalten, da sie meist noch nicht über die nötige finanzielle Stabilität in Form von regelmässigen Cashflows verfügen. Daher lohnt es sich, einen Blick auf die relativ neue Finanzierungsform «Crowdfunding» zu werfen.

Das Konzept basiert darauf, dass in der Regel eine Vielzahl von Menschen – eine «Crowd» – Geld für kulturelle, soziale oder kommerzielle Projekte aufbringt. Die Kommunikation zwischen Investor und Kapitalnehmer erfolgt über eine Plattform im Internet, welche die Rolle eines Vermittlers einnimmt. Dem Intermediär wird für die Transaktion eine Gebühr entrichtet. Die Kapitalgeber werden je nach Crowdfunding-Art monetär oder anderweitig entschädigt (siehe Kasten).

Rasantes Wachstum in der Schweiz


Crowdfunding erfreut sich in der Schweiz einer immer grösseren Beliebtheit. Das Wachstum dieser internetbasierten Form der Finanzierung ist rasant – wenn auch in absoluten Zahlen noch auf tiefem Niveau: 2010 lag das Volumen der über Crowdfunding-Kampagnen vermittelten Gelder noch bei 1,7 Millionen Franken; fünf Jahre später waren es bereits 27,3 Millionen Franken (siehe Abbildung). Für das laufende Jahr wird nochmals eine Verdoppelung der Volumina im Vergleich zu 2015 erwartet.

Nicht nur das Volumenwachstum ist imposant, auch die Anzahl Crowdfunding-Plattformen ist rasch angestiegen. Inzwischen können Unternehmen und Privatpersonen bei über 40 Plattformen ihre Projekte finanzieren lassen.

Entwicklung von Crowdfunding in der Schweiz (2008 bis 2015)




Quelle: Crowdfunding Monitoring Schweiz (2016) / Die Volkswirtschaft

Risikokapital dank Crowdinvesting


Im Zusammenhang mit Unternehmen und Start-ups stellt sich die Frage, wie diese sich Crowdfunding zunutze machen können und was die Vorteile gegenüber klassischen Finanzierungsmöglichkeiten sind. Bei der Wahl von Crowdlending als Finanzierungsquelle erhält das Unternehmen einen Kredit, ähnlich wie bei einer Bank. Die Kreditsummen für KMU-Kredite im Crowdfunding bewegen sich zumeist zwischen 100’000 bis 300’000 Franken. Eingeschränkt werden diese Finanzierungsform und deren maximales Volumen insbesondere durch die in der Bankenverordnung verankerte «20er-Regel»: Nimmt eine Plattform gewerbsmässig Publikumsgelder von mehr als 20 Personen entgegen, so benötigt sie dazu eine Banklizenz.[1] Dieser Schwellenwert soll gemäss Plänen des Bundesrates fallen.[2]

Im Gegensatz zu einer Fremdfinanzierung über Crowdlending haben Crowdinvesting-Finanzierungen oftmals den Charakter von Risikokapital. Das durchschnittliche Volumen von Crowdinvesting-Kampagnen in der Schweiz liegt in etwa bei einer halben Million Franken, wobei aber auch grössere Volumen denkbar sind. Bezüglich der Anzahl der möglichen Investoren unterliegt Crowdinvesting aus rechtlicher Sicht keinen Einschränkungen. Vereinzelt setzen Plattformen aber Mindestinvestitionsbeträge fest.

Bei der Ausgestaltung der eigentlichen Finanzierung gibt es jedoch grosse Unterschiede: Einerseits gibt es klassische Eigenkapitalbeteiligungen mit Stimmrechten. Diese werden allerdings oftmals eingeschränkt, um die Unternehmensführung zu vereinfachen. Zudem sind hybride Finanzierungsinstrumente häufig anzutreffen, wie beispielsweise Fremdkapitalfinanzierungen mit Profitbeteiligung der Investoren.

Das Crowdsupporting schliesslich nutzen Firmen in der Regel für den Vorverkauf von Produkten oder Dienstleistungen, welche die Unterstützenden bei erfolgreicher Finanzierung des Projektes erhalten. Diese Finanzierungsart eignet sich somit für Unternehmen mit Produkten oder Dienstleistungen, die nahe an der Markteinführung sind und primär für Privatkunden von Interesse sind.

Milliardenmarkt USA


Crowdfunding birgt als Form der Digitalisierung von Finanzierungsprozessen enorme Wachstumschancen. Dies zeigt ein Vergleich mit den relevanten Finanzierungsmärkten, bei denen Transaktionen zumindest teilweise vermehrt via Crowdfunding abgewickelt werden könnten. Im Jahr 2015 wurden in der Schweiz beispielsweise 670 Millionen Franken in Start-ups investiert.[3] Im selben Jahr waren KMU-Kredite in der Höhe von rund 290 Milliarden Franken ausstehend.[4] Das Crowdfunding-Volumen von 27,3 Millionen Franken im Jahr 2015 ist im Vergleich dazu somit verschwindend klein.

Das enorme Wachstumspotenzial wird mit einem Blick in die USA deutlich, wo 2015 insgesamt 36,2 Milliarden Franken über Crowdfunding-Plattformen vermittelt wurden; dies entspricht rund 113 Franken pro Einwohner. In Grossbritannien lag dieser Wert bei ebenfalls hohen 72 Franken pro Einwohner.[5] Demgegenüber befindet sich der Crowdfunding-Markt in Deutschland mit 3 Franken pro Einwohner noch auf tiefem Niveau – gleichauf mit der Schweiz.

Crowdfunding als Finanzierungskanal bietet für Unternehmen Vorteile. Für KMU reduziert der neue Finanzierungskanal die Abhängigkeit von den traditionellen Geldgebern. Eine Chance bietet Crowdfunding insbesondere für Start-ups – wie der Boom in angelsächsischen Ländern zeigt. In der Schweiz stehen wir diesbezüglich jedoch noch am Anfang.

Und nicht zuletzt: Crowdfunding geht über die reine Finanzierungsfunktion hinaus. So kann es beispielsweise die öffentliche Wahrnehmung für ein Projekt oder eine Firma stärken. Den Unternehmen bietet es zudem die Chance, direkt mit den Investoren zu interagieren und deren Interessen – sofern gewollt – einzubeziehen. Verbunden mit der Möglichkeit, dass auch Produkte und Dienstleistungen über Crowdfunding vorverkauft werden können, wird aus dem Finanzierungskanal somit auch ein Verkaufs-, Vertriebs-, Marketing- und Kommunikationskanal.

  1. Vgl. BankV Art. 6. []
  2. Bundesrat (2016). []
  3. Startupticker.ch (2016). []
  4. SNB (2016). []
  5. Cambridge Centre for Alternative Finance (2016). []

Literaturverzeichnis

Bibliographie

Zitiervorschlag: Andreas Dietrich, Simon Amrein, (2016). Crowdfunding als Finanzierungsquelle für Start-ups. Die Volkswirtschaft, 21. Dezember.

Lending, Investing, Supporting und Donating

Die Definition der verschiedenen Arten von Crowdfunding ist primär von der entweder monetären oder nicht monetären Gegenleistung abhängig. Bei Crowdlending (auch P2P Lending) und Crowdinvesting (Equity-based Crowdfunding) erhält der Investor als Gegenleistung entweder einen Zins oder eine Beteiligung am Unternehmen. Beim Crowdsupporting (Reward-based Crowdfunding) erhält die unterstützende Person die Gegenleistung beispielsweise in Form eines Produktes oder einer Dienstleistung. Keinen monetär messbaren Gegenwert erhält der Spender hingegen beim Crowddonating – weshalb diese Form weniger für kommerzielle Zwecke als primär für soziale, kulturelle oder politische Projekte genutzt wird.