Wenn einer der reichsten Personen des Planeten eine neue Steuer vorschlägt, ist für Schlagzeilen gesorgt. Microsoft-Mitbegründer Bill Gates brachte sich unlängst in die aufgeregte Diskussion um die Zukunft der Robotik ein. Seine Überlegung scheint einfach: Da immer mehr Roboter in die Arbeitswelt vordringen, sollten wir auch ihre Leistungen fiskalisch belangen.
Wer sich Gates’ Botschaft im Videoclip genauer anhört, kann den Beweggrund hinter der unkonventionellen Idee zunächst nicht festmachen. Steuern wir auf paradiesische Zeiten ohne Zwang zur Arbeit zu und können deshalb das Schuften und den Steuerärger den Maschinen überlassen? Oder verdrängen uns die Roboter unfreiwillig aus der Arbeitswelt, sodass künstliche Intelligenz statt Muskelkraft und Gehirnschmalz besteuert werden muss? Völlig unklar bleibt Gates auch bei der Abgrenzung zwischen Robotern, Automaten, Microsoft-Applikationen und vielen anderen Formen des technischen Fortschrittes. Was unterscheidet den Einsatz von Robotern zum Beispiel etwa von der Ausrüstung des Bankenarbeitsplatzes mit neuer analytischer Software?
In Wahrheit möchte uns der Milliardär wohl seine humanistische Zukunftsvision offenbaren: Dank Robotern arbeiten wir weniger und können die gewonnene Zeit für gesellschaftliche und soziale Aufgaben einsetzen. «Wir stehen vor einer ausserordentlichen Knappheit an Leuten, welche in diesen Bereichen helfen können», sagt er denn auch voller Überzeugung im Clip.
Roboter und Mensch ergänzen sich
Leider basieren diese hehren Absichten auf ökonomisch zweifelhaften Annahmen. Beginnen wir mit der erwähnten «ausserordentlichen Knappheit» an Arbeitskräften beispielsweise im Sozial- und Bildungsbereich: Sollte die Nachfrage nach entsprechenden Dienstleistungen tatsächlich weiter stark zunehmen, ist nicht nachvollziehbar, warum das Arbeitsangebot, aber auch der Einsatz digitaler Technologien nicht auf dieses Bedürfnis reagieren sollte.
Weiter scheint der Unternehmer von einer Robotersteuer zu erwarten, dass diese wie eine Art Lenkungsabgabe die Verbreitung von menschlichen Automaten bremst. Auch diese Erwägung ist falsch. Denn Roboter verdrängen als besondere Form des Kapitaleinsatzes den Menschen nicht zwingend vom Arbeitsplatz. Aktuelle Forschungsprojekte zeigen im Gegenteil das grosse Potenzial an Automaten, welche die Arbeit gerade im Pflege- und Gesundheitsbereich erleichtern. Der Maschinenmensch trägt somit zum Abbau des Fachkräftemangels bei.
Aber noch wichtiger: Auch die nächste Welle der Automatisierung wird die Arbeitsproduktivität der Menschen, das heisst die Wertschöpfung pro Arbeitsstunde, in allen Branchen erhöhen und damit künftige Reallohnerhöhungen und/oder tiefere Güter- und Dienstleistungspreise ermöglichen. Umgekehrt verringerte eine fiskalische Belastung von Maschinen die Investitionsneigung von Unternehmen. Weniger Roboter bedeuteten deshalb nicht automatisch mehr Arbeit, sondern letztlich weniger Produktivität, weniger Wohlstand und im schlimmsten Fall weniger Arbeit. Und schliesslich unterliegt der Vorschlag der ewigen Illusion der Inzidenz: Würde eine solche neue Steuer eingeführt, belastete diese die Kapitaleigner – sie lastete sicherlich nicht auf den Schultern von Robotern.
Perücken und Bärte besteuern
Die menschliche Innovationskraft ist auch beim Aushecken neuer Steuerformen beeindruckend. Schon früher wurde nach Alternativen zur Besteuerung der menschlichen Arbeit gesucht. Bei den originellsten Fiskalarten wie Fenster-, Perücken- und Bartsteuern stand grundsätzlich die Belastung von Luxus – stellvertretend für übermässigen, sprich «unverdienten» Wohlstand – im Vordergrund. Sie gehören Gott sei Dank der Vergangenheit an. Hingegen hat die Hundesteuer als Luxussteuer überlebt – ursprünglich selbstverständlich mit Ausnahmebestimmungen für Jäger und Hirten. Klar ist: Der Wunsch, möglichst alles zu besteuern ausser den Menschen, wird weiter geträumt.