Zollverwaltung definiert sich neu
Das Programm «DaziT» bringt administrative Entlastung. Dadurch gewinnen die Mitarbeitenden der Zollverwaltung mehr Zeit für ihre Kerntätigkeit. (Bild: EZV)
Die mit den Zollverfahren einhergehenden Regulierungskosten schlagen für die Wirtschaft jährlich mit rund 500 Millionen Franken zu Buche.[1] Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass die Unternehmen zurzeit auch bei Routinegeschäften persönlich mit der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) in Kontakt treten müssen. Dabei sind sie von Schalteröffnungszeiten abhängig und gehalten, die Landesgrenze dort zu überqueren, wo die Zollverwaltung präsent ist.
Angesichts dieser Schwierigkeiten bietet die geplante Digitalisierung der Prozesse in der Zollverwaltung eine Chance – womit die EZV zugleich einem Anliegen von Wirtschaft, Reisenden, Partnerbehörden und Politik entspricht. Die Bestrebungen laufen unter der Programmbezeichnung «DaziT»[2].
Dank automatisierter Schnittstellen soll der Geschäftsverkehr dereinst vollständig elektronisch abgewickelt werden. In Zukunft können die Kunden Zollanmeldungen via E-Portal weitgehend ortsunabhängig und selbstständig vornehmen. Zugleich können sie jederzeit auf ihre eigenen Daten zugreifen und diese auswerten. Insgesamt wird die Digitalisierung zu kürzeren Kontroll- und Wartezeiten beim Grenzübertritt führen. Die Mitarbeitenden der EZV wiederum werden von administrativen Routinearbeiten entlastet und können dort eingesetzt werden, wo es um die Durchsetzung von Recht, die Verhinderung von Missbräuchen und die Steigerung der Sicherheit der Schweiz geht.
Da sich die Zollverwaltung mit dem Digitalisierungsprogramm «DaziT» neu definiert, wird dies weitreichenden Anpassungsbedarf in den rechtlichen Grundlagen, der Ablauf- und Aufbauorganisation und im Personaleinsatz nach sich ziehen.
Gesamtheitliche Lösung gefragt
Die angestrebte Gesamttransformation bedingt eine umfassende Modernisierung der ICT-Landschaft. Denn die Systeme der EZV stossen in mehrfacher Hinsicht an ihre Grenzen. So ist die ICT-Infrastruktur über mehrere Jahrzehnte gewachsen und umfasst mittlerweile rund 80 Fachanwendungen. Viele dieser in die Jahre gekommenen Anwendungen sind sogenannte Insellösungen, die Redundanzen und Medienbrüche generieren. Homogene Technologie- und Architekturprinzipien hingegen fehlen. Diese technischen Grenzen verhindern vielfach Optimierungen zur Verbesserung der Effizienz und Weiterentwicklungen. Mit anderen Worten: Es besteht dringender Handlungsbedarf.
Eine 2015 durchgeführte Studie führte zur Erkenntnis, dass der angestrebte Effizienzgewinn sowie die geforderten Verbesserungen für die Anspruchsgruppen nur durch eine serviceorientierte Gesamterneuerung und eine Modernisierung der Systemlandschaft realisiert werden können. Die bestehenden Insellösungen müssen in eine völlig neue ICT-Architektur übergeführt werden. Entsprechend werden die Fachanwendungen auf ihre Kernaufgaben reduziert, zusammengefasst und, wo nötig, funktional erweitert.
Da sich effiziente Prozesse mit einer optimalen technischen Systemunterstützung nur durch eine ganzheitliche Vorgehensweise erreichen lassen, werden bei «DaziT» die sieben Projekte über ein gemeinsames Steuerungsdach geführt und koordiniert (siehe Kasten).
Gesamtkredit von 400 Millionen Franken beantragt
Das Programm «DaziT» ist ein Informatik-Schlüsselprojekt des Bundes und wird auf der Grundlage der Projektmanagement-Methodik Hermes geführt. Die Erkenntnisse aus den bisherigen IT-Projekten des Bundes fliessen bei der Initialisierung ein. Der Gesamtkredit (siehe Abbildung) ist in mehrere Verpflichtungskredite unterteilt und wird in vier Etappen freigegeben. Dadurch erhält der Bundesrat die Möglichkeit, laufend steuernd auf den Fortgang von «DaziT» einzuwirken. Auch die Finanzdelegation des Parlaments soll alle sechs Monate über den Fortschritt von «DaziT» informiert werden.
Geschätzte Kosten von «DaziT» (in Mio. Fr.; 2018 bis 2026)
Total: 393 Mio. Fr.
EZV / Die Volkswirtschaft
Die mit dem Programm «DaziT» beabsichtigte systematische Digitalisierung ist ein hochkomplexes Vorhaben, das mit vielen Unsicherheiten und Risiken behaftet ist. Bei einer erfolgreichen Umsetzung bringt die digitale Gesamterneuerung der EZV jedoch eine nachhaltige Verbesserung für alle betroffenen Kreise.
Offiziell startet das Programm «DaziT» im Jahr 2018 und dauert bis 2026. Doch bereits im laufenden Jahr werden wichtige Aufbau- und Grundlagenarbeiten an die Hand genommen. Nachdem der Bundesrat am 15. Februar die Botschaft zur Finanzierung von «DaziT» verabschiedet hat, liegt das Geschäft nun beim Parlament, das über die Freigabe des beantragten Sonderkredits von rund 400 Millionen Franken entscheidet. Voraussichtlich im Sommer kommt die Vorlage in den Nationalrat.
Zitiervorschlag: Emmenegger, Isabelle (2017). Zollverwaltung definiert sich neu. Die Volkswirtschaft, 27. April.
Das Programm «DaziT» besteht aus den folgenden sieben Projekten, die auf strategische Ziele ausgerichtet sind und den Anknüpfungspunkt für die finanzielle Steuerung bilden:
Das Projekt Steuerung und Transformation umfasst die gesamte Programmsteuerung und enthält das Transformationsmanagement, das u. a. den Rahmen für die Umsetzung der organisationsrelevanten Inhalte in den fachlichen Projekten definiert. ICT Grundlagen legt die technischen Grundpfeiler und damit das Fundament für die neue Anwendungslandschaft.
Portal und Kunde beinhaltet den Aufbau des E-Portals. Damit wird es Kunden möglich sein, zeit- und ortsunabhängig auf sämtliche Dienstleistungen der EZV digital, sicher und einfach zuzugreifen. Das Projekt Redesign Fracht umfasst eine einheitliche Fachanwendung zur Verzollung von Waren (Fracht) und die vollständige Digitalisierung der Prozesse für die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren. Redesign Abgaben beinhaltet die Erneuerungen und Modernisierungen in den Bereichen Strassenverkehrsabgaben und Verbrauchssteuern. Shared Services umfasst die Vereinheitlichung und Digitalisierung von verwaltungsinternen, bereichsübergreifenden Prozessen (z. B. Bewilligungsverfahren oder Ressourcenmanagement). Und schliesslich führt das Projekt Kontrolle und Befund zu einer funktionalen Verbesserung der Anwendungen zur Steuerung der Einsätze des Grenzpersonals (z. B. Einsatzleitsystem) sowie zur zentralen, gemeinsamen und einheitlichen Dokumentation der Kontrollaktivitäten und -ergebnisse.