Junge Menschen wollen sich ausserhalb traditioneller Parteistrukturen engagieren. Und: Die Schweizer Aussenpolitik verdient Ideen, die über die Neutralität hinausgehen. Diese beiden Überlegungen standen im Vordergrund, als wir Foraus (Forum Aussenpolitik) im Jahr 2009 gründeten. Dabei machten wir aus der Not eine Tugend: Statt teure Experten anzustellen, setzten wir auf den Milizgedanken und die Weisheit der Crowd.
Inzwischen erarbeiten über 1000 Foraus-Mitglieder in vielen ehrenamtlichen Stunden gemeinsam innovative Lösungsansätze für die globalen Herausforderungen unserer Zeit. Unsere Grassroots-Organisation bringt die jungen Köpfe nicht nur interdisziplinär zusammen, sondern ermöglicht ihnen Kontakte zu Experten aus Akademie, Privatwirtschaft, Diplomatie und Verwaltung. Die daraus entstehenden Ideen prüfen wir auf die inhaltliche Qualität und platzieren sie anschliessend in politische Prozesse sowie in den Medien. Ein prominentes Beispiel ist der «Konkordanzartikel», welcher von Parlamentariern aller Parteien, ausser der SVP, als Gegenvorschlag zur Rasa-Initiative lanciert wurde.
Weniger medienwirksam packt unsere Crowd auch technische Themen, wie beispielsweise die Kompatibilität des neuen Finanzdienstleistungsgesetzes mit dem EU-Recht, an und bringt solche in die Kommissionsarbeit ein. Politik braucht aber auch mutige Ideen für die Zukunft: Entsprechend haben wir jüngst das Buch «Neuland» mit einer partizipativ erarbeiteten Vision für das Migrationsland Schweiz publiziert. Eine breit abgestützte Finanzierung durch Stiftungen, Mandate der öffentlichen Hand, Spenden und Mitgliederbeiträge sichert dabei die Unabhängigkeit unseres nicht gewinnorientierten Vereins.
Grenzen überschreiten
In der Schweiz sowie international machen knappe demokratische Entscheide wie die Masseneinwanderungsinitiative, der Brexit, die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten oder die Verfassungsreform in der Türkei die Welt unberechenbarer. Diese demokratischen Zufallsentscheide zeigen: Demokratien brauchen in einer globalisierten und schwer überschaubaren Welt Partizipationsprozesse, die über ein simples Ja-Nein-Schema hinausgehen. Denn: Ein nachhaltiges Regieren ist gegen die Hälfte der Wählerschaft langfristig schlicht nicht möglich. Hinzu kommt, dass globale Herausforderungen wie der Klimawandel, Terrorismus, aber auch die Gestaltung des Welthandels immer mehr Kooperationen über Landesgrenzen hinaus erfordern. Hier wollen wir uns mit dem Modell des offenen Thinktanks einbringen und mit mehr Bottom-up-Partizipation nachhaltigere Entscheide ermöglichen und dem plumpen Populismus kreative Lösungsvorschläge entgegensetzen.
Wir bauen deshalb ein globales Thinktank-Netzwerk auf. Unser vor zwei Jahren in Berlin lanciertes Spin-off Polis180 zählt inzwischen zu den Top 10 der neuen Thinktanks weltweit[1] – was beweist, dass Crowdsourcing auch in einem grossen Land funktioniert. In Paris gründeten wir kürzlich die Schwesterorganisation Argo. Noch in diesem Jahr sollen Thinktanks in den USA, in London und in Wien entstehen, welche alle unabhängig und lokal geführt sind. Mittelfristig haben wir auch West- und Ostafrika im Auge.
Unsere Vision ist es, neben den schon vorhandenen Tools und dem Crowdsourcing-Modell von Foraus die Möglichkeiten neuer Technologien zu nutzen und ähnlich wie bei der Dating-App Tinder ein globales Matchmaking aufzubauen, das international Hunderttausende junge Menschen zusammenbringt. So bauen wir am ersten digitalen Thinktank der Welt, der globale Herausforderungen mit der Weisheit der Crowd zu lösen versucht.
- Polis180, Medienmitteilung vom 1. Februar 2017, Berlin. []