Dusan Vujovic, früherer Mitarbeiter im Schweizer Exekutivbüro bei der Weltbank und seit 2014 serbischer Finanzminister
Im Jahr 2001 trat Serbien wieder[1] der Weltbank bei und wurde herzlich eingeladen, Teil der Schweizer Stimmrechtsgruppe zu werden, der jüngsten Gruppe der Bretton-Woods-Institutionen. Auf Einladung des damaligen Premierministers Zoran Djindjic und des Vizepremiers Miroljub Labus hatte ich die grosse Ehre, Serbien von 2001 bis 2003 als Chefberater zu vertreten.
Serbien international vernetzen
Während jener Zeit beabsichtigte ich zunächst, Serbien wieder zu einem wirkungsvollen Mitglied der Weltbank zu machen. Dazu gehörten die Umwandlung der Schulden in ein Konsolidierungsdarlehen und die Ausarbeitung eines Entwurfs für eine Übergangs- und Standard-Rahmenpartnerschaft mit der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) und der Internationalen Finanz-Corporation (IFC). Parallel dazu arbeitete ich hart daran, durch Verhandlungen mit dem Pariser Club und dem Londoner Club Serbiens Beziehungen mit der internationalen Finanzwelt zu reparieren. Während dieser Herausforderung verliess ich mich voll auf die Unterstützung der damaligen Schweizer Exekutivdirektoren Matthias Meyer und Pietro Veglio.
Bald wurde ich volles Mitglied des Washingtoner Teams in der Schweizer Stimmrechtsgruppe. Gemeinsam waren wir verantwortlich für das riesige Portfolio von IBRD und Internationaler Entwicklungsorganisation (IDA). Zudem formulierten wir auch Stellungnahmen der Stimmrechtsgruppe zu neuen und oft komplexen Initiativen wie dem damals noch jungen Kampf gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Ich beteiligte mich auch gerne daran, den Schweizer Vorsitz im Exekutivrat zu vertreten und mündliche Stellungnahmen abzugeben.
Kompetentes Engagement
In jenen Jahren konnte Serbien seine Beziehungen mit der Weltbank festigen, ein ausgewogenes Programm erstellen und einige interessante Projekte erarbeiten, welche die dringenden Bedürfnisse beim späten Start in die Übergangsphase zur Marktwirtschaft deckten. Serbien vertiefte auch seine Beziehung zu anderen internationalen Finanzinstituten und Ländern, die im Übergang zu einer Marktwirtschaft mit gleichen oder ähnlichen Herausforderungen konfrontiert waren. Der tägliche Austausch mit den kompetenten und engagierten Berufsleuten im Washingtoner Büro sowie Anregungen von Institutionen in der Schweiz – beispielsweise des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) oder des Wirtschafts- oder Finanzdepartements – trugen zum Erfolg dieser Arbeit bei. Die direkte, kollegiale und professionelle Zusammenarbeit mit dem ganzen Schweizer Team habe ich immer geschätzt. Sie zeigte, dass dank eines stetigen und gut geplanten Arbeitseinsatzes und ohne unproduktive Hektik hohe Qualität und gute zwischenmenschliche Beziehungen geschaffen und Spannungen minimiert werden können.
Durch unglückliche Umstände wurde mein Einsatz beim Schweizer Vorsitz leider abgekürzt. Nach der Ermordung von Premierminister Zoran Djindjic im Jahr 2003 und dem darauf folgenden Regierungswechsel veränderte sich der Aufgabenbereich der Stelle. Im Juni 2003 entschloss ich mich, zum operativen Teil der Weltbank zurückzukehren.
Die Zusammenarbeit mit den Schweizer Kollegen war eine wertvolle berufliche und persönliche Erfahrung. In der Schweizer Stimmrechtsgruppe, wo ich Serbien heute als Finanzminister vertreten darf, pflegen wir noch immer gute Beziehungen. Die Arbeit in der Schweizer Stimmrechtsgruppe ähnelt sehr dem Schweizer Nationalgericht Fondue, bei dem verschiedene Käsesorten zusammen verschmelzen. In der Stimmrechtsgruppe sind es die traditionellen französischen, deutschen und italienischen Grundzutaten, die mit anderen Kulturen, etwa der serbischen, angereichert werden – aus meiner Sicht das beste Rezept.
- Wegen der Balkan-Kriege und nicht bedienter Schulden ist die ehemalige sozialistische Republik Jugoslawien 1993 ausgeschlossen worden. []
Zitiervorschlag: Vujovic, Dusan (2017). Schweizerisch-serbische Freundschaft in der Stimmrechtsgruppe. Die Volkswirtschaft, 25. Juli.