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Öffentliche Forstbetriebe: Potenzial für Effizienzsteigerungen

Die öffentlichen Forstbetriebe der Schweiz verzeichnen seit Jahren Defizite. In allen Regionen besteht jedoch ein reales Verbesserungspotenzial.
Grosser Aufwand, um einen Baum zu fällen: In vielen öffentlichen Forstbetrieben kann die Effizienz verbessert werden. (Bild: Keystone)

Seit 1991 schreiben die öffentlichen Forstbetriebe in der Schweiz insgesamt rote Zahlen bei der Holzproduktion und Nebentätigkeiten wie Dienstleitungen oder Sachgüterproduktion: Im Jahr 2014 resultierte bei der «Gesamtnutzung» ein Minus von 50 Millionen Franken. Bei der Holzproduktion beträgt das Defizit sogar 189 Millionen, wobei es grosse Unterschiede zwischen den vier untersuchten Forstzonen Jura, Mittelland, Voralpen und Alpen gibt. Überschüsse wurden einzig in den Voralpen erzielt.[1]

Angesichts dieser Zahlen drängt sich eine Analyse zur technischen Ineffizienz auf, woran die Holzproduktion zu leiden scheint. Dabei gilt es zu beachten, dass der Wald nebst der Holzproduktion weitere Funktionen wie Schutz, Erholung, Natur und Landschaft erfüllt.

Welches sind die Gründe für Ineffizienzen? Und: Mit welchen Strategien können die Forstbetriebe ihre Ergebnisse verbessern? Ein vom Schweizerischen Nationalfonds finanziertes Forschungsprojekt «Ressource Holz» (NFP 66) sucht Antworten auf diese Fragen. In einer Studie der Universität Neuenburg wurde versucht, den Grad an technischer Effizienz der öffentlichen Forstbetriebe in der Schweiz zu bestimmen und die dafür relevanten Faktoren in Erfahrung zu bringen.[2]

Zur Berechnung der technischen Effizienz der öffentlichen Forstbetriebe wurde eine sogenannte parameterfreie Methode verwendet (siehe Kasten). Betrachtet werden ein Produkt (die Holzproduktion in Kubikmetern) und die vier Faktoren Arbeit (Personal des Forstbetriebs in Stunden), Kapital (forstwirtschaftliche Fahrzeuge in Maschinenstunden), Drittleistungen (Subunternehmen, in Franken) und administrative Kosten im Zusammenhang mit der Holzproduktion (in Franken). Angesichts der Heterogenität der Betriebe hinsichtlich ihrer Grösse sind entsprechend unterschiedliche Erträge zu erwarten.

Die Daten stammen aus der Beobachtungsstichprobe «Forstwirtschaftliches Testbetriebsnetz der Schweiz», welche der Verband der Waldeigentümer, Waldschweiz, zuhanden des Bundesamtes für Statistik (BFS) zusammengetragen hat. Untersucht wurde der Zeitraum 2007 bis 2014. Für eine gute Vergleichbarkeit zwischen den Jahren und den Betrieben wurden vier ausgeglichene Panels für die vier Forstzonen gezogen: Im Jura gab es 264 Beobachtungen, im Mittelland 384, in den Voralpen 192 und in den Alpen 200.

Heterogene Ineffizienz


Eine Auswertung der untersuchten Forstzonen zeigt: Im Jahr 2007 betrug die durchschnittliche Effizienz der öffentlichen Forstbetriebe im Jura 75,2 Prozent. Ab 2010 fiel sie unter die 70-Prozent-Marke, wo sie die nächsten vier Jahre verharrte. Auch im Mittelland lag die Effizienz im Jahr 2007 zunächst noch über 70 Prozent, anschliessend lag sie ebenfalls unter diesem Niveau.

In den Voralpen belief sich die durchschnittliche Effizienz zu Beginn der Untersuchungsperiode auf 75,9 Prozent. Im Jahr 2010 sank sie kurz unter 70 Prozent, um ein Jahr später auf über 77 Prozent anzusteigen. Anschliessend sank der Wert bis auf rund 70 Prozent.

In den Alpen betrug die durchschnittliche Effizienz zu Beginn 50,0 Prozent. Nach einem Rückgang im Jahr 2009 näherte sich der Wert zwei Jahre später der 60-Prozent-Marke. In den letzten drei Jahren blieb er über 55 Prozent.

Die relativ niedrigen Effizienzwerte – insbesondere in den Alpen – weisen auf ein bedeutendes Verbesserungspotenzial hin. Der hohe Anteil der Betriebe mit sehr niedrigen Durchschnittswerten bestätigt diese Vermutung (siehe Abbildung).

Technische Effizienz nach Forstzone (Durchschnittswerte 2007–2014)




Anmerkung: Dargestellt ist der durchschnittliche Effizienzgrad pro Forstzone nach Dezilen. So weisen beispielsweise 10 Prozent der öffentlichen Forstbetriebe in den Alpen eine (tiefe) Effizienz zwischen 11 und 20 Prozent auf. Eine 100-prozentige Effizienz erreichen 23 Prozent der Betriebe dieser Gruppe.

Quelle: Mack, Zarin / Die Volkswirtschaft

Eine detailliertere Analyse, welche die technisch effizienten Betriebe («Benchmarks») mit den übrigen Betrieben vergleicht, zeigt erwartungsgemäss: Effiziente Betriebe benötigen im Durchschnitt weniger Arbeit und Maschinenstunden. Ausserdem sind ihre Verwaltungskosten niedriger. Effiziente Betriebe erhalten im Allgemeinen auch am wenigsten Subventionen. Hier reichen die Werte jedoch nicht aus, um einen Kausalzusammenhang herzustellen bzw. dessen Richtung zu bestimmen.

Ineffiziente Betriebe, auf der anderen Seite, kaufen mehr Drittleistungen von Subunternehmen. Zudem sind ihre Investitionskosten hoch. Dies mag überraschen, ist aber damit zu erklären, dass nicht alle Investitionen der technischen Effizienz dienen und sich die Wirkung über den analysierten Zeitraum hinaus erstrecken kann. Effiziente Betriebe haben schliesslich relativ kleine Produktionsflächen in Schutzwäldern, dafür sind die Produktionsflächen in Natur- und Landschaftswäldern (ausser in den Voralpen) grösser.

Schliesslich wurde der Zusammenhang zwischen der technischen Effizienz der Betriebe und ihrem Diversifikationsgrad untersucht. Letzterer wird durch den Anteil der Holzproduktion am Gesamtumsatz definiert (siehe Tabelle). Hier zeigt sich: Ein Betrieb ist im Allgemeinen umso weniger effizient, je diversifizierter er ist. Dies spricht für eine stärkere Spezialisierung auf die Holzproduktion.

In den Zonen Mittelland und Voralpen sind wenig oder schwach diversifizierte Betriebe im Durchschnitt weniger defizitär als stark diversifizierte Betriebe. Im Gegenteil: Sie erwirtschaften in der Holzproduktion oder auch als Gesamtbetrieb sogar Überschüsse. In den Zonen Jura und Alpen ist die Situation hingegen weniger eindeutig.

Diversifikationsgrad, technische Effizienz und Rentabilität der Betriebe in vier Forstzonen




















Anteil der Holzproduktion am Gesamtumsatz Anteil der Holzproduktion am Total der Betriebe (in %) Durchschnittliche Effizienz (in %) Ergebnis pro produktive Hektare (in Fr.) Ergebnis pro Kubikmeter (in Fr.)
Jura ≥80% 23,1 82,5 –82,4 –13,0
≥50% bis <80% 57,6 64,6 –48,3 –7,5
≥30% bis <50% 18,2 69,8 –158,3 –24,4
<30% 1,1 69,8 –58,8 –7,9
Mittelland ≥80% 9,1 87,9 138,8 10,7
≥50% bis <80% 51,0 64,0 –32,9 –3,6
≥30% bis <50% 31,3 60,9 –136,6 –15,6
<30% 8,6 57,2 –261,8 –42,6
Voralpen ≥80% 10,9 88,8 40,4 4,7
≥50% bis <80% 55,7 71,4 37,6 6,6
≥30% bis <50% 16,7 64,3 –64,7 –11,7
<30% 16,7 64,1 –106,3 –28,0
Alpen ≥80% 18,5 70,5 –16,7 –6,2
≥50% bis <80% 44,0 51,2 –58,8 –19,4
≥30% bis <50% 32,5 48,9 –13,8 –4,5
<30% 5,0 63,2 –27,3 –12,5


 Quelle: Mack, Zarin / Die Volkswirtschaft

Wo besteht Potenzial?


Zusammenfassend zeigt diese Analyse, dass es möglich ist, die relative Effizienz der Forstbetriebe zu steigern – namentlich durch Einsparungen bei den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital sowie den Verwaltungskosten. Allerdings ist die beobachtete Ineffizienz nicht unbedingt die Folge einer ungünstigen Geschäftsführung, sondern hängt auch von nicht kontrollierbaren externen Bedingungen wie Topografie oder Klima ab.

Nichtsdestotrotz besteht ein reales Verbesserungspotenzial. Denkbar wäre eine Reform des Subventionierungssystems, um Bemühungen nach mehr Effizienz zu fördern. So könnten die Betriebe insbesondere motiviert werden, sich stärker auf die Holzproduktion zu spezialisieren.

  1. Bundesamt für Umwelt (2015), Jahrbuch Wald und Holz 2015, Bern. []
  2. Zarin-Nejadan M. und Baranzini A. (2016), Understanding the Wood Market: Between Provisioning and Multi-Functionality, rapport final, Universität Neuenburg und HEG-Genève. Siehe auch Mack A. (2015), Une analyse non paramétrique de l’efficience technique des exploitations forestières suisses, Zeitschrift für Forstwesen, 166(2): 97–103. []

Zitiervorschlag: Milad Zarin-Nejadan, Alexander Mack, (2017). Öffentliche Forstbetriebe: Potenzial für Effizienzsteigerungen. Die Volkswirtschaft, 25. September.

Data-Envelopment-Analysis-Methode

Die Data Envelopment Analysis (DEA) ist eine parameterfreie Methode zur Messung der technischen Effizienz von Produktionseinheiten (hier Forstbetriebe), wenn mehrere Produkte («Outputs») und Faktoren («Inputs») vorhanden sind. Die Analyse beruht auf einem mathematischen Optimierungsprogramm und weist gegenüber parametrischen Methoden den Vorteil auf, dass weniger robuste Hypothesen erforderlich sind. Die DEA identifiziert Produktionseinheiten an der «Produktionsgrenze», welche als «Benchmarks» für die Effizienz dienen, d. h. als Vergleichspunkte für alle Einheiten (bei gleichbleibenden Produkten oder Faktoren). Der verwendete Ansatz der «Inputorientierung» misst die Ineffizienz eines Forstbetriebs, indem der relative Unterschied zwischen der effektiven Produktion und dem Produktionsniveau bestimmt wird, welches der Betrieb mit denselben Faktoren hätte erreichen können, wenn er auf der Grenze läge.