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Warenhandel mit Entwicklungsländern wird einfacher

Exporteure aus Entwicklungsländern profitieren bei der Einfuhr in die Schweiz von Zollerleichterungen. Um den administrativen Ursprungsnachweis zu erleichtern, steht neu ein elektronisches System bereit. Es könnte auch bei zukünftigen Handelsabkommen hilfreich sein.
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Hersteller aus den ärmsten Ländern können zollfrei in die Schweiz exportieren. Ein afghanischer Granatapfelproduzent bei der Ernte. (Bild: Keystone)

Entwicklungsländer spielen eine zunehmend wichtigere Rolle im Welthandel. Das ist erfreulich, denn mehr internationaler Handel verspricht mehr Arbeit und Chancengleichheit für Entwicklungsländer. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) setzt sich deshalb für Massnahmen und Instrumente ein, welche möglichst viele Produzenten und KMU aus Entwicklungsländern an den positiven Aspekten der Globalisierung teilhaben lassen. Dabei geht es in erster Linie um die weitere Marktöffnung und die Internationalisierung der Wertschöpfungsketten. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und ein erleichterter Marktzugang sind dabei die Schlüssel zum Erfolg.

Erleichterungen für Exporteure


Das wachstumsfördernde Potenzial in Entwicklungsländern wird nach wie vor durch die Erhebung von Zöllen beeinträchtigt. Sie sind ein wichtiger Kostenfaktor für Exporteure aus diesen Ländern. Zollpräferenzen, welche einem Entwicklungsland Zollvergünstigungen oder gar Zollfreiheit gewähren, können einen Teil dieser Kostenlast reduzieren. Auch die Schweiz gewährt solche Zollpräferenzen. Im Rahmen des Allgemeinen Präferenzensystems (APS) erhalten Erzeugnisse aus einem Entwicklungsland bei der Einfuhr gewisse Erleichterungen. So will man den Exporterfolg von Unternehmen aus Entwicklungsländern steigern.

Die Zollpräferenzen für Entwicklungsländer gehen zurück auf einen Beschluss der UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung von 1968. Mit den Allgemeinen Präferenzensystemen haben sich verschiedene Industriestaaten damals darauf geeinigt, ein System einseitiger Zollerleichterungen für Entwicklungsländer einzuführen. Zollpräferenzen werden von den Geberländern unilateral gewährt und beruhen nicht auf vertraglichen Abmachungen mit den Entwicklungsländern. Dieses Entgegenkommen soll die Handelspolitik mit den Zielen der Entwicklungspolitik in Einklang bringen. Das Ziel ist es, Entwicklungsländern die Teilnahme am Welthandel zu erleichtern.

Sonderbestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) erlauben es den Staaten, vom üblichen Grundsatz der Meistbegünstigung abzuweichen. Demnach müssen Handelsprivilegien, welche einem Vertragspartner der WTO gewährt werden, nicht zwingend auch allen anderen Vertragspartnern zugestanden werden. Heute gewähren die EU sowie 12 weitere Staaten[1] solche einseitigen Zollpräferenzen zugunsten der Entwicklungsländer.

Zollfreier Export für ärmste Länder


Die Schweiz gewährt seit 1982 Zollpräferenzen. Ein Grossteil der Produkte, bei denen die Schweiz im Rahmen des APS keine Zölle erhebt, sind Industriegüter wie Apparate, Elektronikartikel oder Spielzeug sowie andere Erzeugnisse, die zur Herstellung weiterführender Produkte dienen können. Für Agrarprodukte und Lebensmittel werden punktuell Ausnahmen gewährt. Die wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Länder können ohne mengenmässige Beschränkung zollfrei in die Schweiz exportieren. Aktuell betrifft dies 47 Staaten. Bei der Wareneinfuhr zwingend zu beachten sind auch nicht tarifäre Handelsvorschriften wie gesundheitspolizeiliche, pflanzenschutzrechtliche sowie technische Anforderungen.

Um zu definieren, welche Staaten gemäss APS als Entwicklungsland gelten, hat die Schweiz Kriterien aufgestellt. Demnach werden nur Länder begünstigt, welche entweder auf der Liste des Entwicklungsausschusses der OECD (DAC) oder des Wirtschafts- und Sozialkomitees der UNO (Ecosoc) aufgeführt sind. Das Ecosoc definiert, welche Staaten zu den am wenigsten entwickelten Ländern zählen. In die Schweizer APS-Liste aufgenommen werden zudem auch Staaten, die sich einer internationalen Entschuldungsinitiative angeschlossen haben.

Insgesamt profitieren heute über 130 Länder von den Zollvergünstigungen der Schweiz im Rahmen des APS.[2] 2016 wurden mit diesem Instrument insgesamt Waren in der Höhe von 1,75 Milliarden Franken in die Schweiz eingeführt. Dies entspricht 5,7 Prozent des Gesamtvolumens von Waren, die 2016 aus Entwicklungsländern importiert wurden.

Neue Ursprungsnachweise


Damit Erzeugnisse aus einem Entwicklungsland bei der Einfuhr in die Schweiz von Zollermässigungen profitieren können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Entscheidend ist dabei der Nachweis, dass die Importware ihren Ursprung auch tatsächlich in diesem Entwicklungsland hat.[3] Dazu muss ein Erzeugnis im Entwicklungsland entweder vollständig gewonnen werden – wie etwa vor Ort geerntetes Obst oder Gemüse – oder ausreichend verarbeitet werden, wie etwa beim Zusammennähen von textilen Zuschnitten zu einem Kleidungsstück. Die Herkunft der Ware belegt ein sogenanntes Ursprungszeugnis, das von den verantwortlichen Behörden im Ausfuhrland ausgestellt wird. Sind alle Angaben korrekt, und sind die in der Ursprungsregelnverordnung aufgeführten Bedingungen erfüllt, gewährt der Schweizer Zoll die entsprechende Zollermässigung.

Seit dem 1. Januar 2017 müssen Exporteure im Warenverkehr zwischen der Schweiz und einem Entwicklungsland neue Ursprungsnachweise erbringen. Dazu müssen sie sich einmalig auf der eigens dafür kreierten Datenbank registrieren. Dieses elektronische System für registrierte Ausführer (Registered Exporter System, REX) ist im Rahmen des APS der Europäischen Union (EU) eingeführt worden. Auch die Schweiz und Norwegen beteiligen sich daran. Mit REX müssen Exporteure weniger Formalitäten erledigen und sind von den Behörden unabhängiger. Denn neu können registrierte Exporteure den Ursprung ihrer Ware selbst auf einem Handelspapier, zum Beispiel auf einer Rechnung, deklarieren. Das bisherige Ausstellen des Standard-Ursprungszeugnisses – des sogenannten Form A – durch die Behörden im Ausfuhrland entfällt somit. Das spart wertvolle Zeit. Darüber hinaus leistet die Einführung von REX einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Zollprozesse – einem zentralen Thema in der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit. Für die Umstellung auf die neuen Ursprungsnachweise ist eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2020 vorgesehen. Die verantwortlichen Behörden in den Entwicklungsländern werden von der Schweiz bei dieser Umstellung unterstützt.

Mit der Einführung von REX wurden auch die Beförderungsbedingungen im APS angepasst: Musste eine Sendung früher direkt von einem Entwicklungsland in die Schweiz transportiert werden, kann sie heute an einem internationalen Handelsknoten – unter Zollkontrolle – aufgeteilt und gestückelt in die Schweiz transportiert werden. Damit entspricht das APS den heutigen Anforderungen international integrierter Wertschöpfungsketten, die ein schnelles und unkompliziertes Versenden von Waren erfordern.

Die Anwendung von REX im Rahmen des Allgemeinen Präferenzensystems ist nicht auf Entwicklungsländer beschränkt. Eine Ausdehnung dieses Systems ist auch auf Freihandelsabkommen denkbar. Die EU hat beispielsweise die Selbstdeklarationspflicht für registrierte Ausführer als integralen Bestandteil im Freihandelsabkommen mit Kanada verankert. Dieses Abkommen wird seit dem 21. September 2017 vorläufig angewendet. Die EU plant, REX auch bei weiteren Freihandelsabkommen einzuführen. Für die Schweiz steht die Umstellung auf die neuen Ursprungsnachweise im Rahmen des Allgemeinen Präferenzensystems mit seinen über 130 begünstigten Ländern zurzeit noch im Vordergrund. Doch auch sie prüft die Möglichkeit einer erweiterten Anwendung.

  1. Australien, Weissrussland, Island, Japan, Kanada, Kasachstan, Neuseeland, Norwegen, Russland, die Schweiz, die Türkei und die USA. []
  2. Verordnung über die Präferenz-Zollansätze zugunsten der Entwicklungsländer (SR 632.911). []
  3. Die entsprechenden Bestimmungen dazu sind in der Verordnung über die Ursprungsregeln für Zollpräferenzen zugunsten der Entwicklungsländer (SR 946.39) geregelt. []

Zitiervorschlag: Jenny, Raphael (2017). Warenhandel mit Entwicklungsländern wird einfacher. Die Volkswirtschaft, 21. Dezember.