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Wissen schafft Wohlstand

Schätzungsweise 70 Prozent des BIP-Wachstums sind auf Innovationen zurückzuführen. (Bild: Keystone)

Der Wohlstand der Schweiz ist keine Selbstverständlichkeit.[1] Will die Schweiz diesen Wohlstand für die zukünftigen Generationen erhalten, muss sie die zahlreichen kommenden Herausforderungen erfolgreich bewältigen. Dazu zählt etwa die Überalterung der Bevölkerung, die unser Gesundheits- und Rentensystem zunehmend unter Druck setzt. Wie noch nie zuvor in der Geschichte entwickeln zudem die Globalisierung und der technische Fortschritt eine Dynamik, die zu immer schnelleren Veränderungen in allen Lebensbereichen führt und immer mehr neues Wissen schafft. Doch: Von dem Wirtschaftswachstum und den Produktivitätsgewinnen, die aus diesem Wissen und der fortschreitenden Digitalisierung entstehen, wird mit grosser Wahrscheinlichkeit nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitieren. Die «Arbeit-on-Demand», die auf Onlineplattformen vermittelt wird und für das digitale Zeitalter charakteristisch ist, kann ausserdem zu unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und einer geringeren sozialen Absicherung führen.

Standortfaktor Hochschule


In diesem Kontext nimmt die Bedeutung der Hochschulen weiter zu. Hochschulen haben nicht nur die Aufgabe, junge Menschen auszubilden und sie auf die Herausforderungen im Berufsleben vorzubereiten. Als Denk- und Forschungsstätten begleiten sie die Entwicklungen der Gesellschaft und tragen wesentlich zur Innovationskraft und zum Wachstum einer Volkswirtschaft bei, zumal heute schätzungsweise 70 Prozent des BIP-Wachstums auf Innovationen zurückzuführen sind. In einer Welt, in welcher der Zugang zu gut ausgebildeten Fachkräften und zum neusten Wissen eine immer grössere Rolle spielt, stellen forschungsstarke Universitäten zudem einen wichtigen Standortfaktor dar.

Parallel dazu nimmt der internationale Wettbewerb in Forschung und Entwicklung stark zu. Viele Länder haben in den letzten Jahren enorm viel in ihr Wissenschaftssystem und ihre Hochschulen investiert – sowohl staatlich als auch privat. Die Konkurrenz stammt dabei zunehmend auch aus Asien: Kaufkraftbereinigt investiert China heute mehr in Forschung und Entwicklung als die gesamte Europäische Union und wird in wenigen Jahren voraussichtlich auch die Vereinigten Staaten überholen. Für die europäischen und nordamerikanischen Universitäten wird es daher immer schwieriger, die weltweit besten Köpfe anzuziehen und Forschung auf international höchstem Niveau zu betreiben. Ein wesentlicher Grund dafür ist das Kostenwachstum bei der Forschungsinfrastruktur, insbesondere in den Lifesciences, in der Medizin und bei Supercomputern. Den allermeisten Universitäten fällt es immer schwerer, diese Kosten zu tragen und die entsprechenden Investitionen zu finanzieren.

Aufgrund dieser Herausforderungen stellt sich auch hierzulande die grundlegende Frage, ob die heutige Aufgaben- und Kompetenzverteilung mit diesen Herausforderungen Schritt halten kann oder ob wir uns in Zukunft nicht ganz neue Modelle der Zusammenarbeit überlegen müssten. Dabei geht es in erster Linie darum, welche Aufgaben der Bund und welche Aufgaben die Kantone übernehmen müssen, um das Wohlstandsniveau in der Schweiz halten zu können. Da die Forschungsuniversitäten massgeblich zum Wachstum des Wohlstands in den wissensbasierten Ökonomien beitragen, wird zum ersten Mal in der Geschichte Wissenschaftspolitik zur Wirtschaftspolitik und umgekehrt Wirtschaftspolitik zur Wissenschaftspolitik. Daraus ergibt sich, dass die Förderung von Universitäten nicht mehr nur ein zentrales Anliegen des Bildungsbürgertums ist, sondern bestimmt, wie sich der Wohlstand in einem Land entwickelt.

  1. Dieser Beitrag gründet auf der Rede «Die moderne Forschungsuniversität und ihre Herausforderungen im frühen 21. Jahrhundert», gehalten am Dies Academicus der Universität Basel vom 24. November 2017. []

Zitiervorschlag: Andrea Schenker-Wicki (2018). Wissen schafft Wohlstand. Die Volkswirtschaft, 26. Februar.