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Seco sieht Kosmetikkunden getäuscht

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat im vergangenen Jahr 23 Straf- und 2 Zivilklagen wegen unlauterer Geschäftspraktiken eingereicht. Eine davon betrifft das dänische Unternehmen Lux International Sales. Schweizer Kunden beanstanden, die Firma habe ohne ihr Einverständnis Waren geliefert.
Mehrere Schweizer Kunden haben gegen ihren Wunsch Kosmetikprodukte erhalten. (Bild: Keystone)

Auf der Internetsite Stylelux.ch werden Gesichtscremes, Schlankheitshosen oder Modeuhren zum Kauf angeboten. Die auf Deutsch und Französisch verfasste Site erweckt den Eindruck schweizerischer Herkunft. Ein unachtsamer Klick kann Folgen haben: Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) haben sich über 200 Personen beschwert, sie hätten Waren erhalten, ohne eine Bestellung ausgelöst zu haben. Auch würden bei der Lieferung Gebühren und Zollkosten verrechnet, die nicht erwähnt worden seien.

Hinter der Site steckt das dänische Unternehmen Lux International Sales, welches inzwischen Digital Sourcing heisst und auch auf den Social-Media-Plattformen Facebook und Instagram Werbeanzeigen schaltet. Aufgrund der Beschwerden hat das Seco im vergangenen Sommer beim Handelsgericht des Kantons Bern eine Zivilklage deponiert, um die geltenden Transparenzbestimmungen durchzusetzen. Das Verfahren ist noch hängig. Das Gericht wird zu prüfen haben, ob die vom Seco vorgeworfenen Geschäftspraktiken gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstossen.

Eine weitere Zivilklage reichte das Seco im Jahr 2017 beim Handelsgericht des Kantons Zürich ein. Diese richtet sich gegen die Geschäftspraktiken der Ticket-Wiederverkaufsplattform Viagogo. Mit seiner Zivilklage will das Seco für mehr Transparenz auf den Websites von Viagogo – unter anderem Viagogo.ch – sorgen. So muss für den Kunden beispielsweise klar sein, dass er ein Konzertticket im Wiederverkauf erwirbt. Ferner muss von Anfang an der Endpreis bzw. der tatsächlich zu bezahlende Preis der Tickets angegeben werden.

Zusätzlich zu den beiden Zivilklagen hat das Seco im vergangenen Jahr 23 Strafklagen eingereicht.[1] In 27 Fällen, die teilweise aus den Vorjahren stammen, kam es zu einem Strafbefehl, einem Urteil oder einem Entscheid.

Das Seco kann im Namen der Eidgenossenschaft Zivil- oder Strafklage gegen Personen oder Unternehmen einreichen, die unlautere Geschäftspraktiken begehen. Es kann allerdings nur tätig werden, wenn im Inland die wirtschaftlichen Interessen einer Mehrzahl von Personen oder im Ausland das Ansehen der Schweiz beeinträchtigt sind.

Vor der Einreichung einer Klage werden die betroffenen Unternehmen normalerweise in einer sogenannten Abmahnung aufgefordert, zur beanstandeten Geschäftspraktik Stellung zu beziehen. Im Jahr 2017 wurden 57 Firmen abgemahnt. In 31 Fällen ging es um Irreführung (inklusive aggressiver Verkaufsmethoden). Beispielsweise lieferte ein Unternehmen Büromaterial wie Druckertoner ohne Auftrag.

Rückgang bei Werbeanrufen


Mit Abstand am meisten Beschwerden gingen beim Seco im vergangenen Jahr wegen unerbetener Werbeanrufe ein. Knapp 16’000 der insgesamt 17’696 Beschwerden betrafen solche Telefonate (siehe Abbildung und Kasten). Die meisten Personen beanstandeten, ihr Wunsch nach einer Werbesperre (Sterneintrag) sei nicht respektiert worden.

Insgesamt beim Seco eingetroffene Beschwerden (2013–2017)




Quelle: Seco / Die Volkswirtschaft

Gegenüber dem Vorjahr gingen die Beschwerden insgesamt um rund 8000 zurück. Der Rückgang dürfte zum einen auf eine technische Massnahme der Swisscom zurückzuführen sein: Seit November 2016 bietet das Telekomunternehmen die Möglichkeit, Nummern von Werbeanrufern im Fix- und im Mobilnetz zu sperren. Zum anderen scheinen die Selbstregulierungsbemühungen der Krankenversicherungsbranche Früchte zu tragen: Seit 2016 verpflichten sich die Mitglieder der Branchenverbände Santésuisse und Curafutura, keine Kunden durch Werbeanrufe zu akquirieren.

Während die Beschwerden innerhalb der Schweiz rückläufig waren, verdoppelte sich die Zahl der Reklamationen aus dem Ausland auf 570 Beschwerden. Die Zunahme ist in erster Linie auf Beanstandungen von Nutzern der Plattform Viagogo zurückzuführen. Am meisten Beschwerden stammten aus Frankreich (211), gefolgt von Grossbritannien (67) und Australien (47).

Von sämtlichen 2017 eingereichten Beschwerden stammten 16’729 von Privatpersonen und 967 von Unternehmen.

Eine Verbesserung für die Telefonbenutzer dürfte die geplante Teilrevision des Fernmeldegesetzes bringen. So will der Bundesrat Telekomanbieter verpflichten, einen Spam-Filter bei Werbeanrufen einzurichten. Ferner soll im UWG eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für den Widerruf und die Sperrung von .ch- und .swiss-Domainnamen und von Rufnummern durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht geschaffen werden.

  1. Mehr Details sind unter Seco.admin.ch unter dem Stichwort «Unlauterer Wettbewerb» abrufbar[]

Zitiervorschlag: Philippe Barman, Stefan Sonderegger, (2018). Seco sieht Kosmetikkunden getäuscht. Die Volkswirtschaft, 24. Mai.

Beschwerden nach Sachbereichen 2017 (Total: 17’696)

  1. Werbeanrufe trotz Sterneintrag (14’348)
  2. Werbeanrufe ohne Sterneintrag (1426)
  3. Irreführung (858)
  4. Adressbuchschwindel (218)
  5. Nicht spezifiziert (217)
  6. Internetschwindeleien (130)
  7. Vorauszahlungsbetrügereien (122)
  8. Versandhandel (118)
  9. Spamming (82)
  10. Mehrwertdienste (46)
  11. Missbräuchliche Klauseln (40)
  12. Lotterien/Gewinnversprechen (39)
  13. Schneeballsysteme (20)
  14. Werbefahrten/Werbeveranstaltung (14)
  15. Aggressive Verkaufsmethoden (8)
  16. Spoofing der eigenen Nummer (4)
  17. Gesundheit (3)
  18. Konsumkredit (3)