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Berufsbildung und Grundkompetenzen stärken

Die Beschäftigungschancen von niedrig qualifizierten Arbeitskräften haben sich in der Schweiz verschlechtert. Deshalb will der Bund gezielt die Grundkompetenzen von Erwachsenen sowie die nachobligatorische berufliche Ausbildung fördern.
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Wer auf der Baustelle einen Plan lesen kann, ist besser vor Arbeitslosigkeit geschützt. (Bild: Keystone)

Bildung spielt eine zentrale Rolle bei der Verhinderung von Armut. Um die Chancen auf ein unabhängiges Leben zu verbessern, ist ein gelungener Berufseinstieg für Jugendliche und junge Erwachsene eine nicht zu unterschätzende Voraussetzung. Ein langfristig gelungener Übergang in das Erwerbsleben gestaltet sich mit Berufsabschluss deutlich einfacher und eröffnet mehr berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Neben der frühen Förderung im Kindesalter gilt hier insbesondere den Übergängen von der obligatorischen Schule ins Erwerbsleben besondere Aufmerksamkeit. Bund und Kantone verfolgen gemeinsam das bildungspolitische Ziel: 95 Prozent aller 25-Jährigen sollen über einen Abschluss auf Sekundarstufe II verfügen. Zur Erreichung dieses Ziels ist insbesondere die Unterstützung von Jugendlichen, deren Bildungserfolg gefährdet ist, zentral.

In den vergangenen Jahren haben Bund und Kantone Massnahmen entwickelt, erprobt und eingeführt, welche Jugendliche in ihrer Bildungslaufbahn unterstützen. Dazu gehören das Case-Management Berufsbildung sowie Coaching- und Mentoringprogramme. Dieses Grundangebot ist heute nachhaltig verankert.

Grundkompetenzen als Fundament


Erwachsene mit fehlenden Grundkompetenzen oder ohne nachobligatorischen Abschluss haben häufiger Schwierigkeiten, sich beruflich einzugliedern. Grundkompetenzen Erwachsener sind die kompetenzmässigen Voraussetzungen, damit eine Person den Alltag erfolgreich bestreiten und an Bildung teilnehmen kann. Dazu gehören grundlegende Kenntnisse in Lesen, Schreiben, mündlicher Ausdrucksfähigkeit in einer Landessprache, Alltagsmathematik sowie Anwenderkenntnisse von Informations- und Kommunikationstechnologien. Etwa 400’000 Erwachsenen in der Schweiz fällt es schwer, einfache Rechenaufgaben zu lösen, und rund 800’000 Erwachsene können nicht richtig lesen und schreiben. Dennoch gehen fast zwei Drittel der Betroffenen einer Erwerbstätigkeit nach. Wobei sie ein höheres Risiko aufweisen, in einem prekären Beschäftigungsverhältnis zu arbeiten oder arbeitslos zu werden.

Die Beschäftigungschancen von Niedrigqualifizierten in der Schweiz haben sich in den letzten Jahren verschlechtert. Gründe dafür können einerseits die gestiegenen Anforderungen an die digitalen Kompetenzen bei Arbeitnehmern sein. Andererseits könnte auch ein Struktureffekt dafür verantwortlich sein, welcher die Auslagerung von weniger anspruchsvollen Tätigkeiten ins Ausland bewirkt. Ein zentraler Ansatzpunkt, um die Rahmenbedingungen für gering qualifizierte Erwachsene zu verbessern, ist deshalb die Unterstützung beim Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen wie etwa den ICT-Kenntnissen. Auch möglich ist die Unterstützung bei einem Berufsabschluss oder -wechsel, etwa mittels einer Validierung von Bildungsleistungen oder des Erwerbs einer beruflichen Grundbildung.

Verbundpartnerschaftliche Aufgabe


Auf Bundesebene koordiniert und steuert das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) die Berufsbildung. Das SBFI stellt die gesetzlichen Strukturen, die Koordination und die Steuerung der Berufsentwicklung in der verbundpartnerschaftlichen Aufgabenteilung der Berufsbildung sicher. Dazu arbeitet es gezielt mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM), dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und dem Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) zusammen.

Die rechtliche Grundlage für die Förderung von Grundkompetenzen von Erwachsenen legt das Weiterbildungsgesetz, welches 2017 in Kraft trat. Anhand von Leistungsvereinbarungen mit dem SBFI können die Kantone entsprechende Fördergefässe entwickeln oder ausbauen. Die Organisationen der Arbeitswelt – d. h. Sozialpartner, Berufsverbände, Betriebe und Anbieter der Berufsbildung – können ebenfalls Leistungsvereinbarungen mit dem SBFI abschliessen. Damit soll die Koordination in Netzwerken erhöht, die Qualität des gesamten Weiterbildungssystems gestärkt und die Öffentlichkeit sensibilisiert und informiert werden. Unter dem Label «Einfach besser!… am Arbeitsplatz» unterstützt der Bund seit Januar 2018 kurze Weiterbildungen zur Vermittlung von Grundkompetenzen.

Im Rahmen der Fachkräfteinitiative des Bundes sind zudem die Nachholbildung sowie die Um- und Höherqualifizierung von Arbeitnehmern ein eigenes Handlungsfeld. Hier geht es ebenfalls um den Erwerb und den Erhalt von Grundkompetenzen sowie um die Anrechnung von Bildungsleistungen an formale Bildungsabschlüsse, um die Entwicklung und Schaffung von Angeboten wie auch um die Erleichterung des Zugangs zur Berufsbildung im Allgemeinen.

Zitiervorschlag: Suter, Heike (2018). Berufsbildung und Grundkompetenzen stärken. Die Volkswirtschaft, 24. September.