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Prävention besser koordinieren

Eine bessere Absprache zwischen den Staatsebenen würde bei der Armutsbekämpfung helfen. Als Koordinator hat sich der Bund bereits empfohlen.

Prävention besser koordinieren

Armut ist vielschichtig und mehrdimensional. Man kann sie nicht einfach mit einer Massnahme oder einer finanziellen Leistung wie der Sozialhilfe eliminieren. Denn Armut hat Auswirkungen auf viele Lebensbereiche: Familie, Arbeit, Gesundheit und Bildung. Deshalb stellen die Prävention und die Bekämpfung von Armut eine Querschnittsaufgabe dar.

Aus sozialpolitischer Sicht liegt die grösste Aufgabe darin, spezifische Massnahmen für die Armutsbetroffenen zu entwickeln, um prekäre Lebenssituationen zu verhindern und ihre Armut zu bekämpfen. Dabei ist fundamental, dass der Einbezug aller gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Bereiche gelingt: Vertreter aus den verschiedenen Politikbereichen und staatlichen Ebenen, der Zivilgesellschaft und der Sozialpartner müssen effizient zusammenarbeiten, um Armut erfolgreich zu bekämpfen.

Wertvolles Grundlagenwissen


Die Kantone und Gemeinden sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Sie setzen enorme finanzielle und personelle Ressourcen ein für die Prävention und die Bekämpfung von Armut. Aber auch der Bund steht in der Pflicht. Nur schon aufgrund seiner Zuständigkeit bei den Sozialversicherungen spielt er eine tragende Rolle: Leistungskürzungen und erschwerte Zutrittsschwellen bei einzelnen Versicherungszweigen können rasch zu prekären Situationen führen und müssen oft über die Sozialhilfe oder andere Bedarfsleistungen abgefedert werden. Insofern kann das soziale Sicherungssystem unter Umständen Armut generieren, was paradox ist.

Der Bund sollte zusätzlich eine koordinative Rolle bei Themen wie Prävention und Chancengleichheit einnehmen. Durch das Nationale Programm gegen Armut hat er diesbezüglich bereits ein Zeichen gesetzt. Die Mittel sind zwar bescheiden, doch der Handlungsspielraum wurde bisher gut ausgenutzt. Leistungen oder neue Massnahmen können mit dem Programm natürlich nicht alimentiert werden. Das sieht das Programm auch nicht vor. Armutsbetroffene profitieren somit nicht direkt mittels Transferzahlungen vom Programm. Hingegen ermöglichte das Programm bisher, Fakten und fundiertes Grundlagenwissen zusammenzutragen und Hilfsmittel wie Leitlinien für die involvierten Akteure der Praxis zu erstellen. Ebenso trugen die organisierten Tagungen und Konferenzen zur Sensibilisierung bei und halfen, die Armutsbekämpfung zu koordinieren. Die Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren begrüsst deshalb die Fortsetzung des Programms, auch wenn dafür weniger finanzielle Mittel gesprochen wurden.

Man kann immer mehr tun – das stimmt. Uns werden aber auch Grenzen gesetzt vom Volk, den Parlamenten, den Gesamtregierungen. Wir sind bestrebt, den Handlungsspielraum bestmöglich auszunutzen. Dabei setzen wir bei der Ursachenbekämpfung an, indem wir etwa die familienergänzende Kinderbetreuung fördern und so die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Dies ist nachhaltiger, als bloss die Symptome zu lindern.

Zitiervorschlag: Martin Klöti (2018). Prävention besser koordinieren. Die Volkswirtschaft, 24. September.