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Die Versicherungen haben ein Interesse daran, den Klimawandel zu bremsen. Sie helfen mit, den CO2-Ausstoss zu senken, und verstärken den Schutz vor Naturgefahren.
Gunthard Niederbäumer, Dr. sc. nat. ETH, Leiter Bereich Schaden- und Rückversicherung beim Schweizerischen Versicherungsverband (SVV), Zürich

Standpunkt

Eine weitreichende Klimapolitik ist unumgänglich: Der Klimawandel und seine Folgen bedrohen die Gesellschaft und die globale Wirtschaft. Nicht zuletzt auch aus geschäftlichen Überlegungen haben die Versicherungen ein grosses Interesse daran, die potenziellen Umweltschäden gering zu halten.

Einen wesentlichen Beitrag zu einer klimafreundlichen Wirtschaft können die Versicherungen über ihre Anlagepolitik leisten – sowohl im In- als auch im Ausland. Wissenschaftliche Arbeiten zeigen, dass die Renditen von nachhaltigen und klimafreundlichen Anlagen vergleichbar oder sogar besser sind als diejenigen von traditionellen Anlageportefeuilles. Viele Versicherungsunternehmen haben mittlerweile damit begonnen, ihre Portefeuilles klimaverträglicher zu gestalten. Darüber hinaus tragen die Versicherungen als Immobilienbesitzer zur CO2-Reduktion bei, indem sie die Gebäude energetisch sanieren.

Beim Zeichnen von Risiken müssen sich die Versicherungen jedoch vermehrt die Frage stellen, welche Risiken sie versichern wollen. Der Ausstieg aus Industrierisiken, die das Klima stark schädigen, darf kein Tabu mehr sein. So versichern einzelne Versicherungen schon heute keine Unternehmen mehr, die über die Hälfte ihres Umsatzes mit Kohle erwirtschaften.

Heftige Niederschläge nehmen zu

Auch wenn es gelingt, den CO2-Ausstoss markant zu reduzieren, sind die Auswirkungen der Klimaveränderung nicht mehr zu vermeiden. Da künftig beispielsweise vermehrt mit Extremereignissen wie Starkniederschlägen zu rechnen ist, müssen wir uns mit der Anpassung an den Klimawandel auseinandersetzen.

Die Versicherer übernehmen im Bereich Naturgefahrenprävention eine wichtige Funktion. Die Präventionsprojekte, die die Versicherer selber durchführen oder unterstützen, haben zum Ziel, Schäden zu mindern und die Bevölkerung für das Thema Naturgefahren zu sensibilisieren. Dazu arbeiten die Versicherungen erfolgreich mit den zuständigen Fachstellen des Bundes und der Kantone zusammen. Aktuelles Beispiel ist die «Gefährdungskarte Oberflächenabfluss», die vor Kurzem veröffentlicht und der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist. So gibt es Hochwasser nicht nur, weil Bäche, Flüsse oder Seen über die Ufer treten – vielmehr kann auch starker Regen, der nicht im Boden versickern kann und über das offene Gelände abfliesst, zu Überschwemmungen führen. Die landesweite Karte zeigt, welche Gebiete gefährdet sind und wie tief sie unter Wasser stehen können. Sie dient Architekten, Bauherren, Behörden oder Interventionskräften bei der Planung von Schutzmassnahmen und steht nun allen interessierten Kreisen unter Schutz-vor-naturgefahren.ch frei zur Verfügung.

Die Versicherungen nehmen die Gefahren, die durch den Klimawandel hervorgerufen werden, ernst – und sie haben damit begonnen, ihre Geschäftspolitik anzupassen. Ein schnelles Vorgehen der gesamten Branche ist wichtig, damit die notwendige Wirkung erzielt wird.

Zitiervorschlag: Gunthard Niederbäumer (2018). Standpunkt: Klimawandel: Versicherer handeln. Die Volkswirtschaft, 24. Oktober.