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Mit Investitionen und Preismechanismen gegen den Klimawandel

Damit die Schweiz ihre Klimaziele erreicht, braucht es neue Finanzierungsansätze. So müssen die Entwicklungsbanken sowie private Investitionen gestärkt werden. Aus ökonomischer Sicht sind zudem CO2-Preismechanismen wichtig.
Viele Entwicklungsländer verfügen über eine hohe Sonneneinstrahlung. Arbeiter montieren Solarpanels in Ruanda. (Bild: Alamy)

Die Schweiz unterstützt Entwicklungs- und Schwellenländer beim Kampf gegen den Klimawandel. Mit der wirtschaftlichen Zusammenarbeit bezweckt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unter anderem, dass sich die lokale Bevölkerung und die Wirtschaft in den Partnerstaaten an die Folgen der Klimaerwärmung anpassen können. Damit will die Schweiz zu einem nachhaltigen und inklusiven Wirtschaftswachstum beitragen, welches allen Bevölkerungsgruppen zugutekommt und nicht zulasten zukünftiger Generationen geht.

An der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen haben die Industrieländer zugesagt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für die Bewältigung des Klimawandels in Entwicklungsländern aufzubringen. Der Bundesrat schlägt in seinem Bericht «Internationale Klimafinanzierung» vom Mai 2017 vor, dass sich die Schweiz mit 450 bis 600 Millionen pro Jahr beteiligt – basierend auf dem Schweizer Anteil von 0,3 Prozent an den Treibhausgasemissionen der Industrieländer sowie 0,9 Prozent an deren BIP. Der Bundesrat gewichtet das Verursacherprinzip also stärker als die Kaufkraft.

In den Jahren 2013 bis 2016 betrugen die öffentlichen und die vom Bund mobilisierten privaten Mittel für den globalen Klimaschutz durchschnittlich etwa 400 Millionen Dollar pro Jahr. Rund die Hälfte davon steuerte die bilaterale Zusammenarbeit des Seco und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) bei. Etwa ein Viertel machten Beiträge an multilaterale Organisationen wie die International Development Association (IDA) sowie Gelder an Regionalbankenfonds und Umweltfonds wie die Globale Umweltfazilität (GEF) und den Grünen Klimafonds GCF) aus. Ein weiteres Viertel betrifft von Entwicklungsbanken mobilisierte private Mittel.

Investitionen ankurbeln


Da die öffentlichen Entwicklungshilfemittel der Schweiz stagnieren und neue Finanzierungsquellen für den globalen Klimaschutz wie zweckgebundene Abgaben derzeit politisch wenig Chancen haben, muss nach Möglichkeiten gesucht werden, das Finanzierungsziel zu erreichen. Ein Weg führt über die Klimaaktionspläne der multilateralen Entwicklungsbanken, in deren Aufsichtsgremien die Schweiz sich für eine ambitionierte Klimapolitik starkmacht. Die Klimaaktionspläne umfassen Einschränkungen von Kohlekraft, die Förderung erneuerbarer Energien – viele Entwicklungsländer haben hervorragendes Potenzial für Wasser, Wind und Sonne – und des Energiesparens, nachhaltiges Ressourcen- und Waldmanagement, aber auch Zielvorgaben zum Klimaanteil im Portfolio jeder Entwicklungsbank. Diese Strategievorgaben beginnen nun zu greifen: 2017 bewilligten die multilateralen Banken 33 Milliarden Dollar an klimarelevanten Beiträgen – gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Anstieg von 29 Prozent.

Ebenfalls noch nicht ausgeschöpft ist das Potenzial bei den privaten Investitionen. Entwicklungsgelder müssen im Idealfall so eingesetzt werden, dass sie private Investitionen mobilisieren und Märkte schaffen – «from billions to trillions». Die Schweiz unterstützt deshalb Bemühungen, weltweit günstige Rahmenbedingungen für Klimainvestitionen zu schaffen. So gilt es, Marktverzerrungen im Energiesektor abzuschaffen. Hilfreich sind auch «Green Bonds» und ressourcen- und klimaschonende Standards in globalen Wertschöpfungsketten. Gemeinsam mit dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) und der Deza erstellt das Seco gegenwärtig ein Konzept, welches neue potenzielle Instrumente und Partnerschaften mit dem Privatsektor im Klimaschutz aufzeigen soll.

Preismechanismen stärken


Für eine nachhaltige und kosteneffiziente Reduktion von Treibhausgasen sind aus ökonomischer Sicht Preismechanismen sinnvoll. Indem man die negativen Folgen der Verwendung von fossilen Energieträgern einpreist, wird ein Anreiz geschaffen, auf emissionsarme Produktionsweisen umzusteigen. Die Palette von Preismechanismen ist breit: Die CO2-Preise können beispielsweise über Steuern, über ein Emissionshandelssystem, über Kompensationsgeschäfte oder über einen internationalen Markt gesteuert werden. Die Konzipierung und die Implementierung von Preismechanismen sind komplex – was insbesondere Entwicklungsländer vor grosse Herausforderungen stellt.

Ein internationaler CO2-Markt hilft den Staaten, ihre nationalen Emissionsreduktionsziele (Nationally Determined Contribution; oder NDC) kostengünstiger zu erreichen. Nach Berechnungen der Weltbank würden sich die Kosten mit einem internationalen CO2-Markt bis 2030 um ein Drittel und bis 2050 gar um die Hälfte reduzieren.[1]

Die Schweiz ist auf einen effizienten und gut funktionierenden internationalen CO2-Markt angewiesen, um ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen. So will der Bundesrat die CO2-Emissionen bis ins Jahr 2030 im Vergleich zum Basisjahr 1990 um die Hälfte senken – wobei 20 Prozentpunkte mit Senkungen im Ausland erzielt werden sollen.

Schweiz unterstützt Weltbank-Initiativen


Das Seco unterstützt Entwicklungs- und Schwellenländer bereits seit Längerem beim Aufbau von CO2-Preismechanismen. Zu diesem Zweck engagiert sich die Schweiz zusammen mit weiteren Geberländern in mehreren Weltbank-Initiativen. So hat die Partnership for Market Readiness (PMR) zum Ziel, Entwicklungs- und Schwellenländer bei der anspruchsvollen Aufgabe zu unterstützen, CO2-Preismechanismen zu konzipieren und zu implementieren. Dazu stellt sie Grundlagenwissen bereit und erstellt Studien, die den Ländern als Wissensbasis für ihren eigenen Entscheidungsprozess dienen. Des Weiteren werden die Konzipierung sowie die Implementierung technischer Grundbausteine gefördert, die für das Funktionieren von CO2-Preismechanismen relevant sind. Beispiele sind Monitoring, Reporting und Verifikationssysteme, Emissionsinventare oder Emissionshandelsregister.

Zusammen mit der Schweizerischen Stiftung Klimarappen engagiert sich das Seco zudem in der Weltbank-Initiative Transformative Carbon Asset Facility (TCAF). Diese strebt die Umsetzung konkreter CO2-Emissionsminderungsmassnahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern sowie den internationalen Transfer von Bescheinigungen von Emissionsminderungen an. Bei der Erzeugung der Bescheinigungen sollen innovative Ansätze getestet werden, die die neue Realität des 2016 in Kraft getretenen Pariser Klimaabkommens reflektieren. Dabei gilt es, sowohl die Doppelzählungen von international gehandelten Bescheinigungen von Emissionsminderungen zu verhindern und deren Umweltintegrität zu sichern als auch einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Gastländer zu leisten. Gerade bei diesen technischen Fragen können die Pilotaktivitäten im Rahmen von TCAF wichtige Hinweise für die zukünftige Ausgestaltung der Marktmechanismen im Rahmen des Pariser Abkommens liefern.

Ein wichtiger Aspekt bei TCAF betrifft die konkrete Zusammenarbeit von TCAF-Experten mit potenziellen Gastländern. Dabei geht es neben der Sichtung von Klimaprojekten um die Erarbeitung eines vertieften Verständnisses der mit den nationalen Emissionsreduktionszielen einhergehenden Implikationen. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer befinden sich aktuell in einer Phase, in der die bereits eingereichten Ziele mit Massnahmenplänen unterlegt werden, die Emissionsreduktion in spezifische Sektoren vorsehen. Diese Staaten müssen sich nun überlegen, ob sie an einem internationalen Transfer von Emissionsminderungsbescheinigungen interessiert sind. Wenn ja, müssen sie sich fragen, in welchen Sektoren Projekte umgesetzt werden sollen. Des Weiteren stellt sich rasch die Preisfrage: Zu welchem Betrag sollen Bescheinigungen verkauft werden? Aus der Optik eines Entwicklungslandes mit Emissionszielen wird dabei rasch klar, dass nicht die kostengünstigsten Massnahmen für den internationalen Verkauf vorgesehen sein werden – denn diese wird das Land selber umsetzen wollen. Deshalb werden Kooperationen im Rahmen eines internationalen CO2-Marktes wohl eher in verhältnismässig teuren Sektoren – oder dort, wo ein sozialer Zusatznutzen anfällt – zum Zuge kommen.

Internationales Regelwerk ist nötig


Mit seinem Engagement bei den genannten Weltbank-Initiativen leistet das Seco nicht nur einen wichtigen Beitrag beim Aufbau von CO2-Preismechanismen in Entwicklungs- und Schwellenländern, sondern fördert auch die Entstehung eines internationalen CO2-Marktes. Dennoch bleiben die Herausforderungen auf dem Weg in Richtung internationaler Handel von Emissionsminderungsbescheinigungen gross. Am offensichtlichsten ist das beim nach wie vor fehlenden internationalen Regelwerk, über das im Rahmen der Verhandlungen zur konkreten Ausgestaltung des Pariser Abkommens noch debattiert wird. Hinzu kommen spezifische technische und konzeptionelle Herausforderungen. Dies betrifft zum Beispiel Aspekte wie die Verhinderung von Doppelzählungen, das Setzen von Baselines oder die Stärkung der Umweltintegrität. Grundsätzlich besteht im Zusammenhang mit Klimaprojekten speziell aufseiten potenzieller Gastländer noch viel Klärungsbedarf. Bevor Entwicklungs- und Schwellenländer von einem internationalen CO2-Markt profitieren können, müssen sie Klarheit darüber haben, wie sie ihre eigenen Klimaziele erreichen wollen. Dazu müssen sie beispielsweise festlegen, wie viele Bescheinigungen von Emissionsminderungen pro Periode und aus welchen Sektoren veräussert werden sollen.

  1. Weltbank (2016), State and Trends of Carbon Pricing, S. 80. []

Zitiervorschlag: Stefan Denzler, Philipp Ischer, (2018). Mit Investitionen und Preismechanismen gegen den Klimawandel. Die Volkswirtschaft, 24. Oktober.