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Grossunternehmen werden bei Forschung und Entwicklung immer bedeutender

Die Zahl der mittleren und kleinen Unternehmen, die in der Forschung und Entwicklung aktiv sind, geht weiter zurück. Bei Grossunternehmen bleibt dieser Anteil stabil, und gemessen am Umsatz werden Forschungsausgaben für sie wieder wichtiger.
Wollen den Anschluss nicht verpassen: Viele Grossunternehmen forschen weiterhin an neuen Produkten. (Bild: Keystone)

Für Schweizer Unternehmen scheint es schwieriger und kostspieliger geworden zu sein, in die Entwicklung von neuen, innovativen Produkten zu investieren. Viele Unternehmen konzentrieren sich deshalb stärker auf schrittweise Verbesserungen bereits bestehender Produkte. Dies zeigt die 11. Erhebung[1] über die Innovationsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft für die Jahre 2014 bis 2016, welche die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung und Forschung (SBFI) untersuchte (siehe Kasten). Damit macht die Studie deutlich, dass sich die international beobachtbaren Innovationsmuster teilweise auch in der Schweiz widerspiegeln. So etwa in einem weiteren Rückgang des Anteils von Unternehmen mit Ausgaben in Forschung- und Entwicklung (F&E) (siehe Abbildung 1) und im Rückgang des Anteils innovativer Unternehmen. Im selben Zeitraum angestiegen ist hingegen der Umsatzanteil, welcher über die Entwicklung von Produktverbesserungen generiert wurde.

Abb. 1: Anteil der Unternehmen mit Ausgaben für Forschung (1997–2016)




Anmerkung: Die Grafik zeigt den Anteil aller Unternehmen in der Schweiz, die gemäss eigenen Aussagen in Forschung und Entwicklung investieren, nach Unternehmensgrösse.

Quelle: KOF / Die Volkswirtschaft

Grosse Unternehmen mit 250 oder mehr Beschäftigten entziehen sich jedoch diesem allgemeinen Trend. Hier blieb der Anteil F&E-aktiver Unternehmen über die Zeit praktisch konstant, während der Anteil innovativer Unternehmen zwischen 2014 und 2016 sogar wieder gestiegen ist. Der Anteil der F&E-Ausgaben am Umsatz erhöhte sich im Zeitablauf (siehe Abbildung 2Abb. 2:  Ausgaben für Forschung und Entwicklung als Anteil am Umsatz (1998–2016)




Quelle: KOF / Die Volkswirtschaft

Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit weniger als 250 Mitarbeitenden verstärken vor allem ihre Anstrengungen, Produktionsprozesse zu optimieren. Wie die aktuellsten Zahlen zeigen, hat sich nicht nur der Anteil der Unternehmen mit Prozessinnovationen, sondern auch die erreichten Produktionskosteneinsparungen leicht erhöht.

In der Schweizer Innovationslandschaft fokussieren der Studie zufolge also vor allem KMU stärker auf Produktverbesserungen und Prozessinnovationen. Kurzfristig hat das vermutlich positive Effekte auf die Produktivität dieser Unternehmen, längerfristig steigt damit jedoch das Risiko, dass die Wissensbasis innerhalb der Betriebe erodiert. Solche Unternehmen laufen Gefahr, technologisch auf der Strecke zu bleiben, wodurch die Schweiz in diesem Unternehmenssegment an Wettbewerbsfähigkeit verlieren könnte.

Kleinunternehmen beklagen fehlende Mittel


Ein Blick auf die Innovationshemmnisse zeigt, dass hohe Kosten, eine lange Amortisationsdauer, fehlende Eigenmittel, hohes Marktrisiko und leichte Kopierbarkeit auch in der jüngsten Untersuchungsperiode die bedeutendsten Hemmnisse für Innovationsaktivitäten sind. Das gilt unabhängig vom Sektor (Industrie, Bau und Dienstleistungen) und auch losgelöst davon, ob eine Unternehmung innovativ ist oder nicht. Fehlende Eigenmittel und ungenügender Zugang zu Fremdkapital, um Innovationen zu finanzieren, sind vor allem für kleine Unternehmen eine bedeutende Hürde. Sie könnten der Wirtschaftspolitik als wichtiger Anhaltspunkt dienen. Allerdings haben die Innovationshemmnisse über die Zeit kaum an Bedeutung gewonnen. Das hängt jedoch eher damit zusammen, dass der Anteil an Innovatoren zurückgegangen ist, denn Innovationshemmnisse gewinnen oftmals erst mit der Durchführung von Innovationsaktivitäten an Bedeutung.

Um den Zugang zu wichtigem Know-how trotz hohen Entwicklungskosten zu gewährleisten, müssen die Innovationsprozesse offener gestaltet werden. Konkret bedeutet dies, dass man beispielsweise das Wissen von Kunden, Lieferanten oder Universitäten stärker in die Innovationsprozesse einfliessen lässt, anstatt es nur unternehmensintern aufzubauen. F&E-Kooperationen sind daher ein wesentlicher Indikator für innovationsstrategische Entscheidungen. Bei den F&E-aktiven Unternehmen hat sich der Anteil kooperierender Unternehmen von ca. 20 Prozent im Jahr 2002 auf jüngst knapp 35 Prozent deutlich erhöht. Die stärkste Zunahme gab es bei den F&E-Kooperationen mit ausländischen Partnern: Dieser Anteil hat sich seit 2002 verdoppelt. Dass die erfolgreiche Partnersuche häufiger ins Ausland führt, kann darauf zurückgeführt werden, dass Schweizer Unternehmen einen hohen Bedarf an Know-how haben. Möglicherweise ist es auch eine Antwort auf die hohen inländischen Innovationskosten oder dadurch motiviert, dass Kooperationen mit ausländischen Partnern eine grössere Forschungsnähe zu wichtigen Absatzmärkten bringen.

Investitionen in Cybersicherheit nehmen zu


Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) – sowohl Hard- wie auch Software – sind in grossen Unternehmen wichtiger geworden. Diese investieren relativ zu den Bruttoanlageinvestitionen mehr in IKT als KMU. Allerdings geben kleinere Unternehmen relativ betrachtet mehr aus für Cybersicherheit und IKT-Weiterbildungen.

Die Bereitschaft, in unternehmensinterne IKT zu investieren, hängt oft damit zusammen, ob eine adäquate Sicherheit für die Daten und Prozesse gewährleistet werden kann. Es überrascht daher kaum, dass Sicherheitstechnologien bei grossen Unternehmen stärker verbreitet sind als bei KMU. Vor allem sichere Server, Datenverschlüsselungstechnologien und Angriffserkennungssysteme sind in Unternehmen mit 250 oder mehr Beschäftigten deutlich stärker verbreitet. Auch verfügen diese häufig über eine explizite Sicherheitsstrategie und können öfter einen Cyber-Security-Verantwortlichen vorweisen. Dennoch sind die grossen Unternehmen häufiger mit Sicherheitsproblemen konfrontiert als KMU. Während rund 67 Prozent der grossen Unternehmen Probleme meldeten, betrug der Anteil bei den mittelgrossen Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten 50 Prozent und bei den kleinen Unternehmen 35 Prozent (siehe Abbildung 3).

Die Schäden an der digitalen Infrastruktur verursachen Kosten in vielerlei Hinsicht. So kann es etwa zu Erwerbsausfällen kommen, weil Aufträge nicht fristgerecht erledigt werden können, weil wichtige Daten nicht wiederbeschafft werden können oder weil Unternehmen Kunden verlieren. Bei 4,1 Prozent aller Schweizer Unternehmen verursachten Sicherheitsprobleme einen mittleren oder hohen Erwerbsausfall. Dabei haben kleine Unternehmen häufiger mit Erwerbsausfällen zu kämpfen als mittlere oder grosse Unternehmen (siehe Abbildung 3).

Abb. 3: Anteil der Unternehmen mit Sicherheitsproblemen sowie mittelgrossen bis hohen Erwerbsausfällen und Schadensbehebungen




Anmerkung: Die Grafik zeigt den Anteil im Verhältnis zu allen Unternehmen mit mehr als 5 Beschäftigten in der Schweiz.

Quelle:  KOF / Die Volkswirtschaft

Zusätzlich zu den Erwerbsausfällen entstanden auch Kosten für die Behebung der entstandenen Schäden. Bei 6,1 Prozent aller Schweizer Unternehmen war der Aufwand dafür mittel bis hoch, wobei grosse Unternehmen (13,4%) sehr viel häufiger tief in die Tasche greifen mussten als kleine und mittlere Unternehmen (5,7% bzw. 6,4%).

Insgesamt überraschen diese Zahlen, zumal offensichtlich wird, dass Sicherheitsprobleme nicht nur vereinzelt vorkommen, sondern ein relativ weitverbreitetes Phänomen sind. Darüber hinaus können die dadurch entstandenen Kosten als erheblich betrachtet werden und betreffen insbesondere die volkswirtschaftlich wichtigen grossen Unternehmen.

Welche Herausforderungen sich aus den neuesten Befunden für die Politik ergeben und wie ihnen begegnet werden soll, kann aus den deskriptiven Ergebnisse kaum abgeleitet werden. Dazu braucht es vertieftere Analysen der Zusammenhänge, beispielsweise zum Rückgang der F&E-Quote, zur zunehmenden Orientierung auf Produktverbesserungen und Prozessinnovationen, zur Digitalisierung von Unternehmensprozessen und zu den langfristig zu erwartenden Effekten auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz.

  1. Spescha A.; Wörter, M. (2018). Innovation und Digitalisierung: Wie entwickelt sich die Schweiz? Ergebnisse der Innovationsumfrage 2017. Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, Bern. []

Zitiervorschlag: Andrin Spescha, Martin Wörter, (2018). Grossunternehmen werden bei Forschung und Entwicklung immer bedeutender. Die Volkswirtschaft, 22. November.

Zur Studie

Die KOF-Innovationsumfrage beruht auf einer repräsentativen Stichprobe der Schweizer Unternehmenslandschaft. Es handelt sich dabei um eine nach 34 Branchen und 3 branchenspezifischen Grössenklassen geschichtete Zufallsstichprobe. Die Stichprobe enthält nur Unternehmen mit mehr als fünf Beschäftigten. Von den grossen Unternehmen werden alle zur Teilnahme an der Umfrage eingeladen. Bei der Erhebung der Innovationsumfrage im Jahr 2017 umfasste die Stichprobe 5605 Unternehmen. Die Antwortquote der Unternehmen liegt jeweils bei rund 30 Prozent.