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Renminbi-Hub Schweiz: Enttäuschte Hoffnungen?

Schweizer Unternehmen mangelt es an Vertrauen in den Renminbi. Abschreckend wirken in erster Linie die Beschränkungen des Kapitalverkehrs durch die chinesische Zentralbank.
Mitarbeitende der China Construction Bank (CCB) an einer Medienkonferenz in Zürich. (Bild: Keystone)

Der schweizerische Finanzplatz hat in den vergangenen Jahren viel Energie investiert, damit der Renminbi in der Schweiz gehandelt werden kann. Angesichts der Handelszunahme zwischen der Schweiz und China erachtete die Bankiervereinigung den Aufbau eines sogenannten Renminbi-Hubs in der Schweiz als prioritär. Damit wird ein Finanzzentrum ausserhalb Chinas bezeichnet, in dem der Renminbi grenzüberschreitend gehandelt werden kann.

Die Bemühungen um einen Renminbi-Hub waren 2014 und damit im gleichen Jahr von Erfolg gekrönt, in dem auch das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China in Kraft trat. Die Zentralbanken der beiden Länder schlossen eine Swap-Vereinbarung ab, welche die Entstehung eines liquiden Renminbi-Franken-Marktes ermöglichte. Ebenfalls 2014 nahm die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Renminbi als Reservewährung in ihr wachsendes asiatisches Fremdwährungsportfolio auf.

Als erste chinesische Bank eröffnete 2016 die China Construction Bank (CCB) eine Niederlassung in Zürich, welche seither als Clearing-Bank für Transaktionen in Renminbi in der Schweiz fungiert. Dieses Jahr folgte die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC). Schweizer Unternehmen können nun Renminbi-Konten unterhalten und grenzüberschreitende Transaktionen direkt aus der Schweiz mit den chinesischen Gegenparteien abwickeln, ohne Umwege über den Dollar oder über andere Finanzplätze wie Hongkong oder Singapur zu gehen. Damit wird sichergestellt, dass der Finanzplatz Schweiz den Anschluss unter anderem gegenüber London, Frankfurt, Paris und Luxemburg nicht verpasst.

Schrittweise Öffnung


Als Export- und Importland ist China grundsätzlich bestrebt, Zahlungen mit dem Ausland in Renminbi zu tätigen. So werden Wechselkursrisiken und die Abhängigkeit von Fremdwährungsreserven eliminiert. Im internationalen Handel ist der Renminbi aber erst seit Mitte 2009 als Zahlungsmittel zugelassen. Da die Stabilität des Finanzsystems nach innen für Peking absolute Priorität hat, erfolgt die währungspolitische Öffnung Chinas schrittweise[1]: Zunächst werden in den wichtigsten Finanzzentren der Welt Reminbi-Hubs errichtet, was dort zu Liquiditätsbeständen an Renminbi führt. Bereits bestehen rund zwei Dutzend solcher Hubs. Die Absicht der chinesischen Regierung ist klar: Der Renminbi soll sich als globale Handelswährung etablieren und mittels attraktiver Investitionsmöglichkeiten ausserhalb Chinas zu einer globalen Investitionswährung werden. Eine Internationalisierung des Renminbis ist dabei nicht nur für Chinas grenzüberschreitende Handelstätigkeit von Vorteil, sondern auch für chinesische Infrastrukturprojekte im Ausland – mit der «neuen Seidenstrasse» (Belt and Road Initiative) als bekanntestem Beispiel. Aus chinesischer Sicht ist klar: Wenn diese Projekte in Renminbi abgewickelt werden, sind die chinesischen Banken gegenüber der ausländischen Konkurrenz im Vorteil.

Langfristig soll sich der Renminbi als Weltwährung mit Reservestatus etablieren, was China von Währungs- und Zinsentscheidungen in anderen Ländern unabhängiger macht. Mit der Aufnahme des Renminbis in den Währungskorb des Internationalen Währungsfonds (IWF) und den zunehmenden Freiheiten für den Renminbi-Wechselkurs hat Peking bereits wichtige Etappenerfolge erzielt.

Chinas Dilemma


Als Export- und Importland hat die chinesische Zentralbank den Kurs des Renminbis gegenüber dem Dollar aber nie ganz dem Markt überlassen. Entsprechend bewegt sich der Wechselkurs stets innerhalb einer gewissen Bandbreite. Dies hat zwei Gründe: Erstens sind die chinesischen Unternehmen aufgrund des grossen Volumens von Exporten in die USA stark im Dollar exponiert. So werden 80 Prozent der Fremdwährungsverpflichtungen der chinesischen Unternehmen in Dollar oder in Hongkong-Dollar, dessen Kurs lose an den Dollarkurs gekoppelt ist, abgewickelt. Zweitens soll der stabile Wechselkurs dazu beitragen, das Vertrauen der Weltwirtschaft zu gewinnen, und so den Weg des Renminbis zur Weltwährung unterstützen.

Trotz dieser Vorkehrungen haben Zollerhöhungen der USA auf chinesische Ausfuhren sowie Schuldenprobleme innerhalb des Landes dem Aussenwert des Renminbis zuletzt stark zugesetzt. Aktuell bewegt er sich nahe bei der langjährig festgestellten Obergrenze von 7 Renminbi zu 1 Dollar. Dies bedeutet, dass weitere Interventionen der Zentralbank möglicherweise mit einem hohen Preis verbunden sind.

Zudem ist für das Vertrauen der Wirtschaftsakteure in eine Währung nicht nur ein stabiler Wechselkurs zentral, sondern auch ein freier internationaler Kapitalverkehr und autonome geldpolitische Entscheide, die sich vorab an der Inflation, an der Beschäftigung und am Wirtschaftswachstum orientieren. In der Praxis besteht jedoch ein Zielkonflikt, da nur zwei dieser drei währungspolitischen Idealzustände erreicht werden können. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem «Trilemma des Wechselkursregimes».

Derzeit sind für Chinas Zentralbank das Wechselkursverhältnis zum Dollar und die autonome Geldpolitik mit tiefen Zinsen und einer grosszügig bemessenen Geldmenge für die Unterstützung der schwächelnden Binnenwirtschaft prioritär. Folglich muss die Notenbank das Ziel des freien internationalen Kapitalverkehrs aufgeben – was sich derzeit in den massiv ausgebauten Beschränkungen und Kontrollen beim internationalen Kapitalverkehr zeigt. So kann eine Schweizer Firma die Gewinne einer Tochtergesellschaft in China nur begrenzt zur Muttergesellschaft in die Schweiz zurückführen. Diese Beschränkungen im freien Kapitalverkehr sind für das Vertrauen in den Renminbi als internationale Währung und für den Erfolg des Renminbi-Hubs hinderlich.

Schweizer Firmen zurückhaltend


Eine Umfrage der ZHAW School of Management and Law bestätigt, dass es Schweizer Unternehmen an Vertrauen in den Renminbi fehlt. In Zusammenarbeit mit der Swiss-Chinese Chamber of Commerce haben wir im Mai 2018 insgesamt 35 in China tätige Unternehmen befragt. Die Firmen stammen aus den Branchen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, Textil, Handel, Chemie und Pharma sowie ICT.

Von den befragten Unternehmen exportieren 24 direkt nach China. Lediglich 5, darunter 3 grosse Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Franken und mit mehrjähriger Erfahrung im China-Geschäft, fakturieren in Renminbi. Insgesamt werden 13 Prozent des gesamten in der Studie erfassten Volumens von Exporten nach China in Renminbi fakturiert, während der Dollar als die am häufigsten verwendete Währung einen Anteil von 29 Prozent aufweist (siehe Abbildung 1). Der Dollar ist auch klar die dominierende Währung beim grenzüberschreitenden Import aus China in die Schweiz. Hingegen wird der Renminbi nur von 8 der 30 Firmen, die aus China importieren, benutzt.

Abb. 1: Von Schweizer Firmen beim Handel mit China eingesetzte Währung (2018)




Anmerkung: Unternehmensbefragung (N=35); Quelle: ZHAW (2018) / Die Volkswirtschaft.


Rund die Hälfte der befragten Unternehmen beschafft sich den Renminbi bei etablierten Banken in Hongkong und Singapur. Knapp 40 Prozent prüfen die Angebote des Renminbi-Hubs Zürich; 17 Prozent der Befragten bevorzugen andere Optionen wie beispielsweise eine Tochtergesellschaft in China.

Insgesamt plant nur ein Fünftel der Unternehmen, den Renminbi in Zukunft vermehrt in ihrer Geschäftstätigkeit einzusetzen. Die chinesische Landeswährung wird auch kaum verwendet, um Liquiditätsreserven der Firmen zu managen: Nur 17 Prozent der Unternehmen möchten den Renminbi in Zukunft dazu einsetzen. Die Zurückhaltung ist umso bemerkenswerter, als seit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens im Juli 2014 die Schweizer Exporte nach China um rund ein Drittel zugenommen haben.

Bei der Auswertung zu den limitierenden Faktoren für eine weitere Internationalisierung des Renminbis bestätigt sich die Bedeutung des erwähnten Trilemmas. Dabei sind die Kapitalverkehrskontrollen für 80 Prozent der Unternehmen das grösste Hindernis (siehe Abbildung 2). Je rund die Hälfte der Befragten bezeichnet auch den «eher unterentwickelten Finanzmarkt in China» sowie die eingeschränkten Handelsmöglichkeiten für den Renminbi in der Schweiz als Hürden.

Abb. 2: Limitierende Faktoren auf dem Weg zur Internationalisierung des Renminbis aus Sicht von Schweizer Unternehmen




Anmerkung: Mehrfachnennungen möglich; Quelle: ZHAW (2018) / Die Volkswirtschaft.


Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Renminbi tut sich schwer damit, zu einer Weltwährung aufzusteigen. Zwar fördert Chinas Nationalbank gezielt ein internationales Netzwerk von Renminbi-Hubs ausserhalb Chinas. Die internationale Akzeptanz des Renminbis als Zahlungs- und Reservemittel benötigt aber mehr Zeit und ist fragiler als gedacht. Wie die Firmenbefragung verdeutlicht, ist die Vertrauensbildung die grösste Herausforderung für den Betrieb eines erfolgreichen Renminbi-Hubs. Dieses Vertrauen muss in erster Linie durch die chinesische Regierung gefördert werden und ist eine langfristige Angelegenheit. Eine weitere Marktöffnung mit freiem Kapitalverkehr und mit einem flexiblen Wechselkursregime scheint dabei zentral.

  1. Rudolf und Tester (2016). []

Literaturverzeichnis

  • Casarini, Nicola (2015). Is Europe to Benefit from China’s Belt and Road Initiative? IAI.
  • Rudolf, Joachim und Tester, Elisabeth (2016). China – Der nächste Horizont. Ein Kompass für Anleger und Unternehmer, NZZ Libro.
  • ZHAW School of Management and Law und Swiss-Chinese Chamber of Commerce (2018). Renminbi-Studie, Juni.

Bibliographie

  • Casarini, Nicola (2015). Is Europe to Benefit from China’s Belt and Road Initiative? IAI.
  • Rudolf, Joachim und Tester, Elisabeth (2016). China – Der nächste Horizont. Ein Kompass für Anleger und Unternehmer, NZZ Libro.
  • ZHAW School of Management and Law und Swiss-Chinese Chamber of Commerce (2018). Renminbi-Studie, Juni.

Zitiervorschlag: Markus Braun, Esther Kaiser-Kessler, Beat Affolter, (2018). Renminbi-Hub Schweiz: Enttäuschte Hoffnungen. Die Volkswirtschaft, 20. Dezember.