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Ein einfacher Zugang zum europäischen Markt ist für die Schweizer Medizintechnikindustrie zentral. Nationale Regelungszusätze braucht es nicht.
Peter Studer, Leiter Regulatory Affairs, Branchenverband Swiss Medtech, Bern

Standpunkt

Seit 1996 hat die Schweiz eine nationale Medizinprodukteregulierung. Bei ihrer Ausarbeitung hat man von Anfang an darauf geachtet, dass sie mit dem EU-Recht übereinstimmt. 2002 konnten dank den Bilateralen I mit der EU technische Handelshemmnisse abgebaut und der gegenseitige Marktzugang vereinfacht werden. Patienten in der Schweiz haben seither einen einfachen und raschen Zugang zu hochwertigen Medizinprodukten aus ganz Europa. Darüber hinaus hat das Volumen des Exports in die EU-Märkte deutlich zugenommen. Heute ist die Medizintechnikindustrie ein Leitsektor der Schweizer Volkswirtschaft. 2017 wurden Medizinprodukte im Wert von 11,3 Milliarden Franken exportiert. Das entspricht einem Ausfuhrvolumen von über 5 Prozent der Schweizer Gesamtexporte. Europa ist dabei der wichtigste Exportmarkt für die Schweizer Medizintechnikindustrie.

Marktzugang erhalten


Diese zentrale Errungenschaft des erleichterten Marktzugangs sollte unbedingt erhalten bleiben – sowohl aus Sicht der Patienten als auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive. Eine Voraussetzung dafür ist, dass das Schweizer Medizinprodukterecht an die neuen EU-Regelungen für Medizinprodukte angepasst wird. Für die hiesige Branche sind im Zusammenhang mit dieser Rechtsanpassung zwei Punkte besonders wettbewerbsentscheidend. Erstens der Zeitpunkt der Inkraftsetzung: Industrievertreter der Schweiz müssen die Gewissheit haben, sich zeitgleich mit dem restlichen Europa auf aktualisierte Rechtsvorschriften abstützen zu können. Für klassische und aktive implantierbare Medizinprodukte müsste das revidierte nationale Recht demnach bis spätestens im Mai 2020 in Kraft sein. Und zweitens die Gleichwertigkeit von Schweizer Recht und EU-Recht: Auf einen sogenannten Swiss Finish mit nationalen Regelungszusätzen sollte komplett verzichtet werden. Die am 30. November 2018 vom Bundesrat zur Beratung ans Parlament überwiesene Botschaft zur Änderung der betroffenen Gesetze scheint – im Unterschied zum Vorentwurf für die Vernehmlassung – dem Anspruch an Gleichwertigkeit auch beim Schweizer Heilmittelgesetz zu entsprechen.

Eine vollständige Äquivalenz zu den neuen EU-Regulierungen wird erst mittels Anpassung der nationalen Verordnungen zu erreichen sein. Auch auf Stufe Verordnung sind die zwei erwähnten Kriterien zu berücksichtigen. Insbesondere sollte beachtet werden, dass nationale Freiräume, welche durch die neuen EU-Rechtstexte explizit vorgesehen sind, nicht für Sonderlösungen umgenutzt werden. Einzelstaatliche Regelungen können beispielsweise bei betriebsintern hergestellten Medizinprodukten, bei Ausnahmebewilligungen und bei der Wiederaufbereitung von Einmalprodukten eingeführt werden. Die Medizintechnikbranche würde es auch hier begrüssen, wenn sich diese Revisionen auf Anpassungen beschränken würden, die für die Sicherstellung des heutigen Abkommens zwischen der EU und der Schweiz nötig sind. Mehr braucht es nicht.

Zitiervorschlag: Peter Studer (2018). Standpunkt: Auf Swiss Finish verzichten!. Die Volkswirtschaft, 20. Dezember.