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Effektive Entwicklungszusammenarbeit

Das Seco hat seine Projekte in der laufenden Botschaft über die Internationale Zusammenarbeit extern evaluieren lassen. Rund 85 Prozent der Projekte sind erfolgreich. Doch trotz hoher Relevanz sind die Resultate nicht immer dauerhaft.
Profitieren von den Projekten des Seco: Goldminenarbeiter in Peru ... (Bild: Christian Rinke)

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ist das Kompetenzzentrum des Bundes für alle Kernfragen der Wirtschaftspolitik – auch im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung. Es trägt dazu bei, dass seine Partnerländer die Chancen der Globalisierung besser nutzen können. Basierend auf seinen wirtschaftspolitischen Kernkompetenzen, fördert das Seco zuverlässige öffentliche Institutionen und Dienstleistungen. Es stärkt die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmern und Produzenten, es unterstützt die Partnerländer bei einer nachhaltigen Stadtentwicklung und dabei, sich besser gegen den Klimawandel zu schützen. Dafür arbeitet es im Süden mit acht und im Osten mit fünf Schwerpunktländern zusammen (siehe Abbildung 1). In Partnerländern weiterer Schweizer Akteure, insbesondere der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), oder im Rahmen anderer aussenwirtschaftspolitischer Massnahmen des Seco werden Komplementärmassnahmen[1] durchgeführt. So etwa in Bolivien, wo das Seco über die «Better Gold Initiative» im Kleinbergbau den verantwortungsvollen Abbau von Gold und die Anbindung an den Schweizer Markt unterstützt.

Abb. 1: Die Schwerpunktländer des Staatssekretariats für Wirtschaft


Ungleichheit und Migration


Viele Partnerländer des Seco sind mit Herausforderungen wie wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten sowie Arbeits- und Perspektivlosigkeit vor allem bei jungen Menschen konfrontiert. Ausserdem herrschen in einigen Ländern auch Wirtschafts- und Finanzkrisen. Das Seco hilft seinen Partnern im Rahmen bilateraler und multilateraler Zusammenarbeit, die Voraussetzungen für ein stabiles, nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu schaffen. Dazu gehören: volkswirtschaftliche Widerstands- und Anpassungsfähigkeit, der Zugang zu Märkten sowie ein gleichberechtigter Zugang zu Ausbildung, die sich an der Nachfrage des Arbeitsmarktes orientiert.

Das Parlament hat zudem die Internationale Zusammenarbeit der Schweiz beauftragt, ihre Aktivitäten dort, wo es im Interesse der Schweiz ist, strategisch mit der Migrationspolitik zu verknüpfen. Um diesen Auftrag umzusetzen, fördert das Seco in den Partnerländern das Unternehmertum sowie gute Arbeitsbedingungen und arbeitsrelevante Fachkompetenzen. Diese Massnahmen sollen langfristig dazu beitragen, Perspektiven vor Ort zu schaffen und die Ursachen für Migration zu mindern. Zudem erschliessen die Projekte des Seco auch neue Märkte für die Schweizer Wirtschaft auf partnerschaftlicher Basis.

Projekte konsequent evaluieren


Das Parlament hat die aktuelle Botschaft über die Internationale Zusammenarbeit 2017–2020 im Herbst 2016 verabschiedet. Gleichzeitig hat es den Bundesrat beauftragt, in der Mitte und am Ende der Laufzeit des Rahmenkredites über die Zielerreichung und die Wirksamkeit der ergriffenen Massnahmen zu berichten. Der von der Deza, dem Seco und der Abteilung für Menschliche Sicherheit (AMS) gemeinsam erarbeitete Halbzeitbericht[2] zur Botschaft 2017–2020 zeigt die bis zur Mitte der Laufzeit des Rahmenkredites erzielten Resultate und kommt zum Schluss: Das Seco ist mit der Umsetzung der Botschaftsziele sowie der Verwendung der Rahmenkredite auf Kurs und wird seine Ziele voraussichtlich erreichen. Die Autoren des Halbzeitberichts bestätigen, dass die Projekte eng begleitet und jeweils extern evaluiert werden. Ein unabhängiges Evaluationskomitee stellt dabei sicher, dass die Zielerreichung und die Wirkung unabhängig und professionell überprüft werden. Insgesamt werden 8 Prozent der Projekte intensiver überwacht, da sie besonderen Herausforderungen und höheren Risiken ausgesetzt sind. So kann das Seco Risiken einschätzen und gleichzeitig aus Fehlern lernen. In den Jahren 2016 und 2017 lag die Erfolgsquote des Seco, die sich aus verschiedenen Kriterien wie Relevanz, Effektivität, Effizienz und Dauerhaftigkeit zusammensetzt, bei 85 Prozent (siehe Abbildung 2). Zum Vergleich: International gilt eine Erfolgsquote von 65 bis 80 Prozent als gut und realistisch. Weit über dem internationalen Durchschnitt liegt die Relevanz, da das Seco besonders stark auf die Prioritäten der Partnerregierungen und die Bedürfnisse der Zielgruppen eingeht. Den tiefsten Wert erzielt die Dauerhaftigkeit, was bei anderen Gebern auch eine grosse Herausforderung ist. Die Gründe dafür sind vielfältig. Häufige Ursachen sind rasche politische und personelle Veränderungen bei Partnern oder eine zu optimistische Kontextbeurteilung.

Abb. 2: Erfolgsquote der Seco-Projekte in den Partnerländern der Internationalen Zusammenarbeit (2012–2017)




Relevanz: In welchem Ausmass entspricht eine Hilfsaktivität den Prioritäten und Politiken von Zielgruppen, Empfängern und Gebern?

Effektivität: In welchem Ausmass erreicht eine Hilfsaktivität ihre Ziele?

Effizienz: Qualitative und quantitative Ergebnisse im Verhältnis zu den Investitionen.

Dauerhaftigkeit: Wahrscheinlichkeit, mit der die Ergebnisse einer Hilfsaktivität nach Projektende weiter bestehen.

Quelle: Seco / Die Volkswirtschaft

Perspektiven durch Beschäftigung


Menschen mit Aussicht auf einen würdigen, gut bezahlten Arbeitsplatz in ihrem Heimatland sind nicht gezwungen, zu emigrieren. Eine unabhängige Evaluation[3] attestierte 2017 dem Seco und der Deza, in ihren Partnerländern einen wichtigen Beitrag zu solchen menschenwürdigen Arbeitsplätzen zu leisten. In diesem Wirkungsbericht[4] analysierte ein Expertenteam über 70 Projekte von Deza und Seco. Es kommt zum Schluss, dass Berufsbildungsprogramme, Projekte zum Aufbau von Wertschöpfungsketten in der Landwirtschaft und Projekte zur Verbesserung der Arbeitsbe­dingungen die beste Wirkung erzielten. Das Evaluationsteam bewertet 85 Prozent der evaluierten Projekte zwischen «sehr gut» (Höchstnote 6) und «zufriedenstellend» (Note 4). Die Durchschnittsnote liegt bei 4,5. Laut Bericht förderten die Projekte zudem die Produktivität der Unternehmen und die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz.

Gleichzeitig kommt das Evaluationsteam zum Schluss, dass insbesondere Mikrofinanzprojekte und Projekte, die KMU unterstützen, mehr Mittel brauchten, damit den betroffenen Arbeitnehmenden der Schritt aus der Armut gelingt. Ausserdem zeigte sich, dass Projekte in Asien und Lateinamerika bessere Wirksamkeitswerte erzielten als jene in Afrika und dem Nahen Osten. Das liegt daran, dass die Projekte in Afrika und im Nahen Osten häufig mit grösseren Herausforderungen auf den regionalen Arbeitsmärkten konfrontiert sind: beispielsweise mit einer mangelhaften Berufsbildung oder einem schwachen institutionellen Kontext. Der bedeutende Anteil informeller Unternehmen in diesen Regionen ist eine zusätzliche Herausforderung für Beschäftigungsprojekte der Internationalen Zusammenarbeit der Schweiz.

Finanzierung breiter abstützen


Entwicklungsländer verfügen zunehmend über alternative Ressourcen für ihre Entwicklung: beispielsweise ausländische Direktinvestitionen oder Erträge aus dem internationalen Handel. Um solche Finanzierungsmöglichkeiten zu erschliessen (siehe Kasten 1), unterstützt das Seco seine Partnerländer zunehmend mit Know-how. Der Halbzeitbericht zeigt, dass dies dem Seco bisher gut gelungen ist. 2017 hat diese Unterstützung des Seco in Indonesien einen Kredit der Weltbank an die indonesische Regierung von 200 Millionen Dollar ausgelöst.

Ein weiteres Beispiel ist Südafrika: Dort steigt in den Städten derzeit die Nachfrage nach Unterkünften und Jobs. Daher hilft das Seco den dortigen Stadtregierungen, Investitionen besser und langfristiger zu planen. Die Unterstützung von acht Städten zeigt bereits erste positive Resultate. So konnten in der Stadt Durban für ein Stadtentwicklungsprojekt bis im Jahr 2017 934 Millionen Dollar an Investitionen durch den Privatsektor mobilisiert werden.

Know-how zur Selbsthilfe aufbauen


In den Partnerländern des Seco fehlt es sowohl in öffentlichen Institutionen als auch im Privatsektor oft am spezifischen Fachwissen, um die eigene Entwicklung erfolgreich in die Hand zu nehmen. Das Seco fördert daher zunehmend Ausbildungsmöglichkeiten, sowohl für den öffentlichen als auch den privaten Sektor. In Peru unterstützt das Seco beispielsweise das lokale öffentliche Finanzmanagement beim Planen, Budgetieren und Ausschreiben von Aufträgen. Es hat 2016 und 2017 Ausbildungen für über 3000 Personen durchgeführt. Weitere vom Seco finanzierte Ausbildungsprogramme sind «Score» und «Better Work» (siehe Kasten 2). Sie richten sich an Unternehmer, Manager, Supervisoren und Mitarbeitende von Betrieben und schulen diese in der Umsetzung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Bisher wurden über 2000 Personen ausgebildet.

In der Ukraine fördert das Seco mit Bildungsprogrammen indirekt den Markt für biologische Landwirtschaft. Es ermöglicht die Ausbildung von Mitarbeitenden in den Wertschöpfungsketten für Milchprodukte, die Ausbildung von Bauern, die Biolandbau betreiben, oder von Produzenten lokaler Spezialitäten. 2016 führte dies im Markt für Bioprodukte zu Mehreinnahmen von insgesamt 55 Millionen Euro.

In Nordafrika setzen sich Seco und Deza, die Abteilung für Menschliche Sicherheit (AMS) und das Staatssekretariat für Migration (SEM) für Demokratie, Wohlstand und Stabilität ein. Die vier Schweizer Bundesstellen sind dort in gemeinsamen Vertretungen präsent. Ihre Aktivitäten verstärken sich gegenseitig: Die AMS führt zum Beispiel einen Menschenrechtsdialog mit der Regierung, die Deza bildet die Behörden in guter Regierungsführung aus, und das Seco stärkt die Organisations- und Handlungskompetenz von Finanzinstitutionen. Eine zunehmende Gefahr für die Stabilität Nordafrikas sind der Mangel an Arbeitsplätzen und die geringen Einkommen. Deza und Seco werden sich daher in Zukunft noch stärker auf Projekte konzentrieren, die attraktive Stellen und Perspektiven für junge Menschen schaffen.

Um globale Herausforderungen wie Klimawandel und Migration anzugehen, setzt das Seco weiterhin auf die multilaterale Zusammenarbeit (siehe Kasten 3).

Pläne für die zweite Halbzeit


In der zweiten Hälfte des Botschaftsmandats – von 2019 bis Ende 2020 – wird das Seco seine Bemühungen verstärken, um die Botschaftsziele zu erreichen. So wird es sich noch intensiver in den Bereichen Management von Staatsschulden, internationale Besteuerung und illegale Geldflüsse engagieren. Strategische Partnerschaften mit internationalen Finanzinstitutio­nen im Bereich Infrastruktur sollen vertieft und das Netzwerk von Partnern in den Bereichen Wasserkraft und Mobilität erweitert werden. Im Weiteren sollen Projekte zur Ausbildung von Arbeitskräften, nachhaltige Wertschöpfungsketten und Tourismus ausgebaut und eine umwelt- und sozialverträgliche Stadtentwicklung vorangetrieben werden.

Um die Ziele der Agenda 2030 zu erreichen, braucht es zudem zusätzliche Investitionen in Entwicklung: Damit diese Mittel generiert und die globalen Herausforderungen bewältigt werden können, wird das Seco bestehende Partnerschaften stärken und neue Partnerschaften eingehen, insbesondere mit dem Privatsektor. Dafür sollen auch weitere innovative Produkte eingesetzt werden, z. B. Finanzdienstleistungen zum Aufbau eines mobilen Zahlungssystems, Finanzierungsmechanismen wie grüne Anleihen und Kreditlinien oder ressourcenschonende Produktionsmethoden.

  1. Komplementärmassnahmen sind bilaterale Interventionen, die in Nicht-Schwerpunktländern des Seco zum Einsatz kommen. Sie ermöglichen es dem Leistungsbereich Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des Seco, auf Nachfrage Aktivitäten punktuell auch zugunsten von Partnern anderer Seco-Bereiche oder in der Bundesverwaltung (insbesondere der Deza) einzusetzen. []
  2. Der Halbzeitbericht zur Botschaft 2017–2020 ist online auf Admin.ch erhältlich. []
  3. Der Halbzeitbericht basiert auf Daten aus unabhängigen Evaluationen sowie auf Daten aus dem Projektmonitoring. []
  4. Der vollständige «Wirkungsbericht Beschäftigung» ist online auf Seco-cooperation.admin.ch verfügbar. []

Zitiervorschlag: Milena Mihajlovic, Julien Robert, (2019). Effektive Entwicklungszusammenarbeit. Die Volkswirtschaft, 25. Februar.

Kasten 1: Private Investitionen für Infrastruktur

Das Seco unterstützt die Geberorganisation Private Infrastructure Development Group (PIDG). Diese mobilisiert seit 2002 Investitionen des Privatsektors für Infrastrukturen in Entwicklungsländern. PIDG stellt dazu Kapital für Projekte, Kreditgarantien und Darlehen zur Verfügung. Die Idee dahinter: Eine bessere Infrastruktur stützt die Wirtschaft, indem die Industrie z. B. zuverlässig mit Strom versorgt oder der Transport von Produkten erleichtert wird. Dies erzeugt indirekt Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Direkte Arbeitsplätze entstehen in der Bauphase, im Betrieb und im Unterhalt der neuen Infrastrukturen. Es gibt aber auch sekundäre Auswirkungen auf die Beschäftigung, etwa wenn eine neue Strasse einen besseren Zugang zu Ortschaften und Märkten schafft. Von 2002 bis 2015 hat PIDG über 12’000 kurzfristige und über 189’000 langfristige Arbeitsplätze geschaffen.

Kasten 2: Bessere Arbeitsbedingungen in der Textilbranche

Das globale Projekt «Better Work» verbessert die Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Arbeitsrechten in der Bekleidungsindustrie. Es fördert auch die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit von Firmen. Bis 2016 wurden die Arbeitsbedingungen von etwa 3 Millionen Angestellten in Asien, dem Nahen Osten und in Zentralamerika verbessert. Missbräuche wie sexuelle Belästigung wurden reduziert, die Löhne stiegen, und die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen ging zurück. Die Arbeitsverträge wurden besser, und die Arbeitsbelastung wurde vermindert. Gleichzeitig stiegen Produktivität und Rentabilität der Firmen um mehr als 20 Prozent.

Kasten 3: Zusammenarbeit mit multilateralen Entwicklungsbanken

Dank seinen Partnerschaften mit den multilateralen Entwicklungsbanken erzielt das Staatssekretariat für Wirtschaft eine grössere Reichweite und Skalierung seiner Aktivitäten. Die Schweiz ist in allen Leitungsgremien der Entwicklungsbanken vertreten und kann so die strategische und operationelle Entwicklung der Banken beeinflussen. 2017 feierte die Schweiz gleich drei Jubiläen: Vor 25 Jahren trat sie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) sowie der Weltbank-Gruppe bei; vor 50 Jahren wurde sie Mitglied der Asiatischen Entwicklungsbank. Am 23. August 2017 fand in Bern eine Konferenz mit Weltbank-Präsident Jim Yong Kim und Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann statt. Weltbank-Präsident Kim würdigte das partnerschaftliche Verhältnis sowie die konstruktive Rolle der Schweiz als langjährige und wichtige Partnerin der Weltbank-Gruppe.