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Frühkindliche Förderung zahlt sich aus

Frühkindliche Förderung zahlt sich aus

Die frühe Förderung von Kindern in einkommensschwachen Haushalten erhöht den Schulerfolg. (Bild: Alamy)

In der Wohlfahrtsökonomie stehen Kinder zunehmend im Fokus. Dabei geht es nicht darum, wie man Eltern und Grosseltern die neuesten Kleider und Spielsachen durch gezieltes Marketing schmackhaft machen kann, sondern vielmehr darum, dass die frühe Kindheit immer mehr als entscheidender Faktor für das langfristige Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen wahrgenommen wird. In diesem Gebiet forschen wir verstärkt am Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut (Swiss TPH) und an der Universität Basel.

Für lange Zeit lag der Schwerpunkt der Arbeitsmarkt- und Wohlfahrtsökonomie stark im Bereich schulischer Bildung. Auch wenn einzelne Schätzungen ein wenig voneinander abweichen, zeigen die Resultate nahezu aller Studien: Jedes zusätzliche Schuljahr ist mit 5 bis 10 Prozent höheren Gehältern im Arbeitsmarkt assoziiert. Dass sich die Schule langfristig lohnt, ist natürlich positiv. Warum tun sich manche Kinder aber so viel leichter mit der Schule als andere? Eine wachsende Zahl an Studien macht die Ursachen fehlender Schulleistungen im frühkindlichen Alter aus. Vereinfacht gesagt, haben Kinder, die von Anfang an viele Möglichkeiten zum Lernen und zur Selbstentfaltung haben, in der Schule weniger Mühe als Kinder, die bis zum Eintritt in den Kindergarten noch nie ein Buch in der Hand hatten und sich vielleicht auch mit der Unterrichtssprache schwertun.

Schulerfolg messbar


Eine fehlende Vorbereitung führt oft dazu, dass das erste Schuljahr wiederholt werden muss. Solche Schüler sind schnell frustriert, und trotz massiver Anstrengungen des Lehrpersonals bleibt der Lernerfolg aus. Wie aktuelle Studien zeigen, erhöht die frühe Förderung von Kindern in einkommensschwachen Haushalten nicht nur den Schulerfolg; sie kann langfristig auch zu niedrigeren Jugendkriminalitätsraten führen – wodurch öffentliche Mittel und Steuergelder eingespart werden können.

Die grosse Frage lautet nun natürlich: Was ist politisch im frühkindlichen Bereich zu machen? Bei Kindern im Vorschulalter setzen die Kantone  – abgesehen von der klinischen und der kinderärztlichen Betreuung – vor allem auf Betreuung durch Kitas und Kindergarten. Zwei Jahre Kindergarten sind in 17 Kantonen obligatorisch, in 8 Kantonen gilt ein Jahr Kindergartenpflicht. Da diese Programme Kinder besser auf die Schule vorbereiten und vor allem auch dafür sorgen, dass die Unterschiede zwischen Kindern aus reicheren und ärmeren Einkommensschichten bei Schulantritt nicht allzu gross sind, sind sie sowohl aus ökonomischer als auch aus sozialer Perspektive zu begrüssen. Inwieweit es schon ausreicht, Kinder aus bildungsärmeren Schichten erst mit vier oder fünf statt schon mit zwei oder drei Jahren durch das öffentliche Bildungssystem zu unterstützen, bleibt eine offene Frage, die in den nächsten Jahren durch gezielte Forschung hoffentlich zumindest teilweise beantwortet werden kann.

Zitiervorschlag: Günther Fink (2019). Frühkindliche Förderung zahlt sich aus. Die Volkswirtschaft, 25. März.