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Die tripartite Struktur der Internationalen Arbeitsorganisation trägt weltweit zu Dialog und menschenwürdigen Arbeitsplätzen bei.
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Marco Taddei, Leiter Internationale Arbeitgeberpolitik und Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV), Zürich

Die 1919 aus dem Ideal der sozialen Gerechtigkeit heraus entstandene Internationale Arbeitsorganisation (ILO) feiert dieses Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Bei den Schweizer Arbeitgebern geniesst die Organisation Unterstützung: Als einzige tripartite Sonderorganisation der UNO vereint sie Regierungen, Arbeitgeber sowie Arbeitnehmende. Dieser tripartite Dialog hilft, Lösungen für Probleme der Arbeitswelt zu finden. Damit trägt die ILO zur Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze und zur Einhaltung der Menschenrechte in den Unternehmen bei.

Ihre Aufgabe besteht darin, internationale Arbeitsstandards zu entwickeln und deren Anwendung zu überprüfen. Bisher hat die Schweiz 60 ILO-Übereinkommen ratifiziert, darunter die acht sogenannten Kernarbeitsnormen. Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) unterstützt die Praxis des Bundesrates, internationale Normen nur dann zu ratifizieren, wenn sie mit dem Schweizer Recht im Einklang stehen. Indem der SAV jedes Jahr als Teil der Arbeitgeberdelegation an der Internationalen Arbeitskonferenz in Genf dabei ist, leistet er einen Beitrag zu den Arbeiten der ILO.

Aber wirkt die zu Zeiten des Versailler Vertrags gegründete ILO angesichts von Globalisierung und Digitalisierung nicht etwas überholt? Nein, im Gegenteil: Die ILO geht mit der Zeit und begleitet die tiefgreifenden Veränderungen in der Arbeitswelt. So wurden in den letzten Jahren mehrere aktuelle Themen, die die Arbeitgeber stark beschäftigen, auf die Tagesordnung der ILO gesetzt. Im Jahr 2015 etwa verabschiedete die ILO eine Resolution, um mehr Arbeitsplätze in KMU zu schaffen. Zwei Hauptmassnahmen stehen dabei im Mittelpunkt: die Vereinfachung der Regulierungen und ein besserer Zugang zu Finanzierungen für KMU.

Ein weiteres Beispiel ist die 2016 verabschiedete Resolution zur Förderung von menschenwürdiger Arbeit in den globalen Lieferketten. Dies ist gerade für eine kleine, offene Volkswirtschaft wie die Schweiz von besonderem Interesse. Die ILO-Delegierten haben in diesem Fall den Vorschlag der Arbeitgeber übernommen und Empfehlungen verabschiedet, die sich auf die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte stützen.

Und ganz aktuell: Im Hinblick auf ihr 100-jähriges Bestehen hat die ILO eine Initiative zur Zukunft der Arbeit lanciert, in deren Rahmen an der Internationalen Arbeitskonferenz im Juni 2019 eine Erklärung über die Zukunft der Arbeit verabschiedet wird. Neue Arbeitsformen, Sozialdialog, soziale Sicherheit und Weiterbildung stehen dabei im Zentrum der Diskussionen.

Die ILO als Garantin für die Einhaltung der Kernarbeitsnormen verdankt ihre Langlebigkeit ihrer tripartiten Struktur. Denn in einer Zeit des zunehmenden Individualismus und des wieder erstarkenden Nationalismus macht diese besondere Struktur aus der ILO ein einzigartiges internationales Forum für den Gedankenaustausch und den Dialog. Dadurch trägt sie weltweit zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und somit auch zu einer besseren Performance der Unternehmen bei.

Zitiervorschlag: Taddei, Marco (2019). 100 Jahre im Zeichen des tripartiten Dialogs. Die Volkswirtschaft, 25. März.