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Werbeanrufe: Filter der Provider zeigen Wirkung

Seit drei Jahren ist die Zahl der Beschwerden, die beim Seco wegen unlauterer Geschäftspraktiken deponiert werden, rückläufig. Die meisten Meldungen betreffen unerwünschte Werbeanrufe.
Eine verbreitete Art der Irreführung ist der «Enkeltrick»: Um an Geld zu gelangen, gibt sich der Anrufer als Verwandter aus. (Bild: iStock)

Nicht alle respektieren den Sterneintrag im Telefonbuch: Im vergangenen Jahr gingen beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) 11’369 Beschwerden wegen Werbeanrufen trotz Sterneintrags ein. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der Beschwerden damit um ein Fünftel zurück (siehe Abbildung). Gegenüber 2015, als fast 28’000 Beschwerden beim Seco eintrafen, beträgt der Rückgang fast 60 Prozent.

Ein Grund für die rückläufige Entwicklung sind technische Massnahmen der Telefonanbieter: Seit zwei Jahren bietet namentlich die Swisscom ihren Festnetz- und Mobilnetzkunden einen Callfilter an, der Anrufe von unseriösen Anbietern blockiert. Zudem gibt es Smartphone-Apps, die Werbeanrufe hinausfiltern. Und nicht zuletzt scheinen die Selbstregulierungsbemühungen der Krankenversicherer ebenfalls etwas dazu beizutragen: Seit 2016 verpflichten sich die Mitglieder der Branchenverbände Santésuisse und Curafutura, keine Kunden durch Werbeanrufe zu akquirieren.

Beschwerden wegen Werbeanrufen trotz Sterneintrags (2012 bis 2018)




Quelle: Seco / Die Volkswirtschaft

Es bleibt zu hoffen, dass der Abwärtstrend in Zukunft weitergeht: Im vergangenen März hat das Parlament beschlossen, den Werbeanrufen einen Riegel zu schieben. Gemäss der Motion der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit kann der Bundesrat die Branchenvereinbarung von Santésuisse und Curafutura für allgemeinverbindlich erklären. Er erarbeitet nun einen entsprechenden Gesetzesentwurf.

In die gleiche Richtung zielt die ebenfalls im März verabschiedete Revision des Fernmeldegesetzes: Die Telefonanbieter müssen unlautere Werbeanrufe auf Wunsch der Konsumenten blockieren. Forschungsinstitute sind davon ausgenommen. Künftig können Strafbehörden zudem Telefonnummern von Unternehmen sperren, die den Sterneintrag missachten.

Ein Ärgernis für viele Telefonkunden bleibt das sogenannte Spoofing. Davon spricht man, wenn auf dem Display der angerufenen Person eine falsche Nummer erscheint. So wird die wahre Identität des Anrufers verschleiert und gegebenenfalls eine falsche Identität vorgetäuscht.

Ticket-Wiederverkauf sorgt für Empörung


Werden auch die Beschwerden von Personen, die über keinen Sterneintrag verfügen, zu den 11’369 Beschwerden gezählt, erhält man 12’675 Meldungen wegen unerwünschter Werbeanrufe. Insgesamt gingen 2018 beim Seco 14’775 Beschwerden wegen unlauterer Geschäftspraktiken ein.[1] Die entspricht einem Rückgang um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Zahlenmässig hinter den Werbeanrufen rangierten Meldungen wegen Irreführung: Hier gelangten 1312 Meldungen ans Seco. Fast die Hälfte der Beschwerden in dieser Rubrik betrafen die Geschäftspraktiken der Ticket-Wiederverkaufsplattform Viagogo – wobei viele Meldungen aus dem Ausland stammten. Bereits im Jahr 2017 hatte das Seco eine Zivilklage gegen das Unternehmen mit Sitz in Genf initiiert, um für mehr Transparenz auf den Websites von Viagogo zu sorgen. Das Verfahren vor dem Handelsgericht Zürich ist immer noch hängig. Aus Sicht des Seco muss für den Kunden beispielsweise klar sein, dass er ein Konzertticket im Wiederverkauf erwirbt. Ferner muss von Anfang an der Endpreis beziehungsweise der tatsächlich zu bezahlende Preis der Tickets angegeben werden. Die weltweit tätige Firma bestreitet, unlauter zu handeln.

Vergleich im Kosmetikbereich


In einem weiteren Fall von mutmasslicher Irreführung konnte das Seco im vergangenen Jahr einen gerichtlichen Vergleich erzielen. Das nun abgeschlossene Zivilverfahren richtete sich gegen den dänischen Onlinehändler Lux International Sales ApS (Stylelux), der Kosmetikprodukte vertrieb. Beim Seco hatten sich zahlreiche Personen beschwert, sie hätten nach dem Besuch auf der Website Stylelux.ch Waren erhalten, ohne eine Bestellung ausgelöst zu haben. Auch würden bei der Lieferung Gebühren und Zollkosten verrechnet, die nicht erwähnt worden seien.

Das Unternehmen hat sich verpflichtet, potenzielle Nutzer nicht mehr mit der Schweizer Internetdomain (www.stylelux.ch) sowie via Facebook und Instragram über den tatsächlich zu bezahlenden Preis sowie über das Zustandekommen eines Vertrags zu täuschen. Stylelux bestreitet weiterhin die gegen sie erhobenen Vorwürfe.

Nebst Werbeanrufen und Irreführung waren Adressbuchschwindel (223), Vorauszahlbetrügereien (107) und Spamming (63) oft genannte Beschwerdegründe.

Insgesamt hat das Staatssekretariat für Wirtschaft im vergangenen Jahr 49 Unternehmen abgemahnt. Bei den zuständigen kantonalen Staatsanwaltschaften hat das Seco 18 Strafklagen eingereicht. Im Jahre 2018 ergingen 20 Strafbefehle, Entscheide sowie Urteile kantonaler Staatsanwaltschaften bzw. Gerichte aufgrund vom Seco eingeleiteter Verfahren. Ferner ist es in 7 Fällen zu Nichtanhandnahme-, Einstellungs- und Sistierungsverfügungen gekommen.

Wer von Werbeanrufen oder anderen unlauteren Geschäftspraktiken betroffen ist, kann sich über ein Formular auf der Website des Seco beschweren. Dies hat den Vorteil, dass Meldungen gebündelt zur Anzeige gebracht werden können. Dabei sind genaue Angaben wichtig. Gerade bei Werbeanrufen ist es oft schwierig, die Identität des Anrufers zu ermitteln.

  1. Zahlen finden sich unter dem Stichwort «Unlauterer Wettbewerb» auf www.seco.admin.ch.  []

Zitiervorschlag: Philippe Barman, Stefan Sonderegger, (2019). Werbeanrufe: Filter der Provider zeigen Wirkung. Die Volkswirtschaft, 16. April.