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Blockchain: Welche gesetzlichen Anpassungen braucht es?

Statt eines umfassenden Spezialgesetzes für Blockchain schlägt der Bundesrat vor, das Bundesrecht punktuell anzupassen. Entsprechende Vorschläge hat er im März in die Vernehmlassung geschickt.

Blockchain: Welche gesetzlichen Anpassungen braucht es?

Expertenrunde am Crypto Valley Summit 2018 in Zug. Franklyn Richards, Litecoin, Victor Philippenko, Ammer Capital, und Maria Gomez, Crypto Valley Association, von links. (Bild: Keystone)

Im Finanzbereich hat sich in der Schweiz ein wachsendes und dynamisches Fintech- und Blockchain-Cluster entwickelt. Die möglichen Anwendungen dieser Technologien im Finanzsektor gehen dabei weit über die Kryptowährungen oder Initial Coin Offerings (ICO) hinaus, welche bislang oft im Fokus der medialen Aufmerksamkeit gestanden haben. Weitere Anwendungsmöglichkeiten bestehen beispielsweise im Zahlungsverkehr, im Wertschriftenhandel und bei der Abrechnung und Abwicklung von Wertschriftentransaktionen, in der Vermögensverwaltung oder im Versicherungsbereich. Auch im Rohstoffhandel sind Anwendungen denkbar.

Der Bundesrat will die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die Schweiz als ein führender, innovativer und nachhaltiger Standort für Fintech- und Blockchain-Unternehmen und generell für innovative Unternehmen etablieren und weiterentwickeln kann. Gleichzeitig legt er hohen Wert darauf, die Integrität und die Reputation des Finanz- und Wirtschaftsstandorts Schweiz weiterhin zu gewährleisten.[1]

Erste Schritte im Finanzmarktbereich sind gemacht: Im Sommer 2017 senkte der Bundesrat die Hürden für den Markteintritt von Fintech-Unternehmen. So schuf er einen bewilligungsfreien Innovationsraum (eine sogenannte Sandbox) und dehnte unter anderem mit Blick auf Fintech-orientierte Geschäftsmodelle die Frist für Abwicklungskonten auf 60 Tage aus. Mit diesen Massnahmen werden bestimmte, innovative Geschäftsmodelle von der Bankenregulierung ausgenommen und so Markteintrittshürden gesenkt. Ein Jahr später verabschiedete das Parlament eine auf Fintech zugeschnittene Bewilligungskategorie im Bankenrecht. Diese Massnahme ist im Januar 2019 in Kraft getreten. Auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hat überprüft, ob die Regeln und die Prozesse in ihrem Zuständigkeitsbereich technologieneutral und ohne digitale Hürden anwendbar sind. Wo möglich, hat sie Verbesserungen gemacht. Beispielsweise bei der Video- und Online-Identifizierung).

Kein eigenes Gesetz zu Blockchain


Im Januar 2018 rief das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) eine Arbeitsgruppe ins Leben. Diese hat die rechtlichen Rahmenbedingungen für finanzsektorspezifische Anwendungen evaluiert, die auf sogenannten Distributed-Ledger-Technologien (DLT) wie Blockchain basieren. Um den Handlungsbedarf zu identifizieren, kontaktierte die Arbeitsgruppe gezielt Vertreter der Branche und führte auch eine informelle Konsultation durch. Basierend auf den Erkenntnissen der Arbeitsgruppe, verabschiedete der Bundesrat im Dezember 2018 einen umfassenden Bericht zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der DLT-Technologie im Finanzsektor.

Gemäss dem Bericht drängen sich keine grundlegenden Anpassungen des Schweizer Rechtsrahmens auf. Angesichts des prinzipienbasierten und flexiblen bestehenden Rahmens scheint kein eigentliches Blockchain-Gesetz notwendig. Gleichzeitig sieht der Bundesrat punktuellen Anpassungsbedarf. Im Auftrag des Bundesrates erarbeitete das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) in enger Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) deshalb Vorschläge, die darauf abzielen, das Bundesrecht an die oben beschriebenen technologischen Entwicklungen punktuell anzupassen. Die Vernehmlassung dazu begann im März 2019.

Die Vorschläge wollen die Rechtssicherheit erhöhen, die Hürden für DLT-basierte Anwendungen beseitigen und neue Risiken begrenzen. Konkret schlägt der Bundesrat vor, im Obligationenrecht die Möglichkeit einer elektronischen Registrierung von Rechten zu schaffen, welche die Funktionen von Wertpapieren gewährleisten kann. Damit soll die Rechtssicherheit bei der Übertragung von DLT-basierten Vermögenswerten erhöht werden.

Weiter soll im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs die Aussonderung kryptobasierter Vermögenswerte im Fall eines Konkurses ausdrücklich geregelt werden. Diese Massnahme dient ebenfalls der Erhöhung der Rechtssicherheit. Im Finanzmarktinfrastrukturrecht wiederum soll eine neue Bewilligungskategorie für sogenannte DLT-Handelssysteme geschaffen werden. Diese sollen regulierten Finanzmarktakteuren und auch Privatkunden Dienstleistungen in den Bereichen Handel, Abrechnung, Abwicklung und Verwahrung mit DLT-basierten Effekten anbieten können. Schliesslich soll es künftig möglich sein, auch für den Betrieb eines organisierten Handelssystems eine Bewilligung als Wertpapierhaus zu erhalten. Dies erfordert eine Anpassung des künftigen Finanzinstitutsgesetzes.

Im Bereich der Geldwäschereibekämpfung sieht der Bundesrat – wie im Dezember 2018 dargelegt – einen Bedarf für Präzisierungen der geltenden Praxis. Diese Anpassungen auf Verordnungsstufe sind jedoch nicht Teil der im März lancierten Vernehmlassungsvorlage, sondern sollen bei der im Rahmen der angelaufenen Revision des Geldwäschereigesetzes vorgesehenen Anpassung der Geldwäschereiverordnung integriert werden.

Die Vernehmlassung dauert bis Ende Juni 2019. Nach deren Auswertung soll in einem nächsten Schritt zügig eine Botschaft zuhanden des Parlaments erarbeitet werden.

  1. Siehe Beitrag von Bundespräsident Ueli Maurer in dieser Ausgabe. []

Zitiervorschlag: Michael Manz (2019). Blockchain: Welche gesetzlichen Anpassungen braucht es. Die Volkswirtschaft, 23. April.