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Vorbildliche Kleinbanken sollen belohnt werden

Die Finma will Kleinbanken, die deutlich überdurchschnittlich kapitalisiert sind und eine hohe Liquidität aufweisen, im Gegenzug von administrativen Pflichten befreien.
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Zuckerbrot statt Peitsche: Mark Branson, Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht, will sich gut kapitalisierten Kleinbanken gegenüber erkenntlich zeigen. (Bild: Keystone)

In der Schweiz gibt es zurzeit rund 300 Banken und Effektenhändler. Davon sind rund 85 Prozent Klein- und Kleinstbanken in den Aufsichtskategorien 4 und 5. Ihre Bilanzsumme beträgt höchstens 15 Milliarden Franken, und sie verwalten Vermögen von maximal 20 Milliarden Franken.[1] Die Bilanzsumme aller dieser Kleinbanken zusammen macht jedoch nur knapp 10 Prozent der gesamten Bilanzsumme aller Banken und Effektenhändler in der Schweiz aus. Wie soll die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) diese Klein- und Kleinstbanken regulieren und beaufsichtigen?

Die Finma möchte die Regulierung und die Aufsicht dieser Kleinbanken noch effizienter machen. Konkret: Die Stabilität des Finanzsystems soll erhalten bleiben bei gleichzeitig weniger administrativem Aufwand für die Kleinbanken. Im Oktober 2017 hat die Finma anlässlich eines Kleinbankensymposiums erstmals Überlegungen dazu präsentiert. Seither führte sie einen konstruktiven und intensiven Dialog mit zahlreichen Branchenvertretern. So ist im Nachgang zum Kleinbankensymposium das Expertenpanel «Kleinbanken» ins Leben gerufen worden, das mehrmals pro Jahr tagt. Dieses Panel besteht aus insgesamt zehn Entscheidungsträgern von Kleinbanken, der Schweizerischen Bankiervereinigung sowie der Finma. Im ersten Quartal 2018 sind anschliessend die Arbeiten zur konkreten Umsetzung des Kleinbankenregimes gestartet worden. Dazu hat sich eine von der Bankiervereinigung gebildete Arbeitsgruppe aus Vertretern von Banken und Effektenhändlern mehrmals mit Vertretern der Finma sowie des Eidgenössischen Finanzdepartements und der Schweizerischen Nationalbank getroffen. Im Juli 2018 hat dann der Pilotbetrieb des Kleinbankenregimes begonnen.

Eigenkapitalquote von 8 statt 3 Prozent


Ein wichtiges Ergebnis des Dialogs war die gemeinsame Erarbeitung von verbindlichen Kriterien für die Teilnahme am Pilot des Kleinbankenregimes sowie der effektiven Befreiungen und Erleichterungen. So konnte als erstes und einfach zu berechnendes Teilnahmekriterium eine ungewichtete Eigenkapitalquote – die sogenannte Leverage Ratio – von mindestens 8 Prozent festgelegt werden. Die sonst üblichen Minimalanforderungen gemäss der internationalen Basel-III-Regulierung liegen bei 3 Prozent. Mit der deutlich höheren Kapitalanforderung wird sichergestellt, dass die teilnehmenden Institute solide kapitalisiert sind und über erhebliche Kapitalpuffer verfügen.

Als zweites Kriterium müssen die Institute eine höhere Liquidität als üblich vorweisen: nämlich eine kurzfristige Liquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio) von mindestens 120 Prozent im Durchschnitt der letzten zwölf Monate. Ausserdem muss der Refinanzierungsgrad immer über 100 Prozent liegen. Drittens kann die Finma Institute von der Teilnahme am Kleinbankenregime ausschliessen, wenn besonders hohe Verhaltensrisiken – sogenannte Conduct Risks – vorliegen. Dies kann zum Beispiel dann notwendig sein, wenn ein Verfahren gegen ein Institut wegen möglicher Geldwäschereiverfehlungen läuft. Ein Ausschluss kann auch bei hohen Zinsänderungsrisiken angezeigt sein, weil solche nicht durch die Minimumkapitalvorschriften des Basler Rahmenwerks abgedeckt sind.

Institute sparen dank administrativen Erleichterungen


Der im Juli 2018 gestartete Pilotbetrieb für das Kleinbankenregime erfreut sich grossen Interesses: 68 Institute der Aufsichtskategorien 4 und 5 nehmen daran teil. Die Rückmeldungen zum Pilotbetrieb und zu den geplanten Erleichterungen fallen weitgehend positiv aus. Die Pilotinstitute profitieren bereits von verschiedenen administrativen Befreiungen und Erleichterungen. Dazu gehört, dass die Finma die aufsichtsrechtlichen Basisprüfungen für die Jahre 2018 und 2019 vereinfacht hat. Die aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaften, die diese Prüfungen bei den Instituten ausführen, müssen namentlich keine Prüfungen bei den Eigenmittelanforderungen durchführen. Weiter müssen die Institute der Schweizerischen Nationalbank kein vierteljährliches Reporting zur sogenannten Finanzierungsquote (Net Stable Funding Ratio) mehr einreichen. Ausserdem waren die Pilotteilnehmer für das Jahr 2018 mit Ausnahme weniger Schlüsselkennzahlen von weiteren Offenlegungsvorschriften befreit. Alle diese Erleichterungen sollen auch im definitiven Kleinbankenregime bestehen bleiben.

Zusätzlich ist geplant, dass die Institute auch von quantitativen Erleichterungen profitieren können: So sollen sie keine risikogewichteten Aktiven mehr berechnen, die Regulierung zur Finanzierungsquote nicht anwenden und nur eine vereinfachte Leverage Ratio einhalten und ausweisen müssen. Ohne Berechnung der risikogewichteten Aktiven müssen künftig auch keine Regulierungsanpassungen in diesem Bereich mehr umgesetzt werden. So sparen die Institute längerfristig Kosten – beispielsweise für Software und Systeme – und steigern ihre interne Effizienz.

Weitere qualitative Erleichterungen sind vorgesehen. So hat die Finma im Dialog mit den Branchenvertretern auch Vorschläge erarbeitet, wie sie die Anwendung der Regeln zum Outsourcing, zu den operationellen Risiken und zur Corporate Governance erleichtern möchte. Denn die Arbeitsgruppe schätzt, dass sich gerade in diesem Bereich mittels differenzierter Anforderungen nochmals Aufwand reduzieren lässt. Zudem sollen in den Risikoverteilungsvorschriften einfachere Berechnungsmethoden erlaubt sein und die von der Finma vorgegebenen aufsichtsrechtlichen Prüfpunkte auf mögliche Vereinfachungen hin analysiert und revidiert werden.

Definitives Kleinbankenregime per 2020


Damit das Kleinbankenregime dauerhaft regulatorisch verankert ist, muss die Eigenmittelverordnung des Bundesrates angepasst werden. Die Federführung für die entsprechenden Regulierungsarbeiten liegt beim Eidgenössischen Finanzdepartement, das zu dieser Revision eine Vernehmlassung bis zum 12. Juli 2019 durchführt. Auch die Finma muss für die erwähnten qualitativen Erleichterungen einige ihrer Rundschreiben anpassen. Mit ihren Rundschreiben führt die Finma aus, wie sie die Finanzmarktgesetzgebung in der Aufsichtspraxis anwendet. Dazu läuft ebenfalls eine öffentliche Anhörung der Interessierten. Die revidierte Eigenmittelverordnung und die angepassten Finma-Rundschreiben sollen am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Der Pilotbetrieb wird bis Ende 2019 weitergeführt, um einen nahtlosen Übergang zum permanenten Kleinbankenregime zu ermöglichen.

Parallel zum Aufbau des Kleinbankenregimes überarbeitete die Finma das aufsichtsrechtliche Prüfwesen. Ziel ist, diese Prüfung noch stärker auf wesentliche Aspekte zu fokussieren: So ermöglicht es die Finma neuerdings, dass die Prüfungen weniger flächendeckend, dafür risikoorientierter durchgeführt werden und sich stärker auf die Ergebnisse der internen Revision abstützen können. Dies sollte zu einer höheren Aussagekraft der Prüfungen und gleichzeitig zu tieferen Kosten im grundsätzlich bewährten Schweizer System des aufsichtsrechtlichen Prüfwesens führen.

  1. Die privilegierten Einlagen betragen maximal 0,5 Milliarden und die Mindesteigenmittel maximal 0,25 Milliarden Franken. []

Zitiervorschlag: Bösiger, Martin (2019). Vorbildliche Kleinbanken sollen belohnt werden. Die Volkswirtschaft, 16. Mai.