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Datenaustausch: Erfolgreiche Premiere im Kanton Freiburg

Im vergangenen Jahr hat der Kanton Freiburg erstmals ausländische Finanzkontendaten erhalten. Dabei kam es zu einem willkommenen Nebeneffekt: Die Zahl der straflosen Selbstanzeigen stieg im Vorfeld sprunghaft an.
Im Kanton Freiburg wurden vergangenes Jahr rund 900 straflose Selbstanzeigen eingereicht – so viele wie nie in jüngster Zeit. Stadt Freiburg. (Bild: Keystone)

Im Dezember des vergangenen Jahres wurden den kantonalen Steuerverwaltungen erstmals Finanzkontendaten zugänglich gemacht. Es handelte sich um die Daten der EU-Staaten sowie weiterer neun Staaten und Territorien, mit welchen die Schweiz den Automatischen Informati­onsaustausch (AIA) per 1. Januar 2017 vereinbart hat.[1] Für die Steuerverwaltung des Kantons Freiburg stand von Anfang an fest, dass wir diese Informationen auch tatsächlich nutzen wollen. Vergangenes Jahr trafen bei uns 26’463 Daten zu Finanzkonten ein.

Die erste Datenlieferung erfolgte in Form eines USB-Sticks, weil die Online-Plattform der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) noch nicht operationell genutzt werden konnte. Dabei standen noch nicht alle Funktionalitäten der Datenabfrage zur Verfügung. Bereits mit diesem einfachen USB-Tool konnten wir jedoch wertvolle erste Erfahrungen machen, aufgrund derer wir die interne Strategie bezüglich der Verwendung der Daten angepasst und verfeinert haben.

Seit März 2019 ist die Online-Plattform der ESTV verfügbar, welche umfassende Abfragen ermöglicht. So können wir nun beispielsweise sämtliche gemeldeten Finanzkontendaten zu einer steuerpflichtigen Person mit einer gezielten Suche identifizieren. Ausgetauscht werden Identifizierungs-, Konto- und Finanzinformationen von Unternehmen und Privatpersonen, darunter der Name, die Anschrift, der Ansässigkeitsstaat und die Steueridentifikationsnummer, Angaben zum meldenden Finanzinstitut sowie der Kontosaldo und alle Arten von Kapitaleinkünften und Erlösen.

Nutzen steigt…


Der Austausch der Finanzkontendaten führt im täglichen Veranlagungsprozess unmittelbar dazu, dass wir überprüfen können, ob die von anderen Staaten gemeldeten Konten, Depots und Versicherungsdaten von den Steuerpflichtigen tatsächlich deklariert respektive bei Unternehmen verbucht wurden. Zudem können die Daten weiterhelfen, falls der Vorjahresvergleich der Vermögensentwicklung von Steuerpflichtigen Fragen aufwirft.

Unsere Überprüfungen erstrecken sich sowohl auf die Kontensalden (für die Vermögenssteuer) wie auch auf allfällig nicht deklarierte Kapitaleinkünfte (für die Einkommenssteuer); bei Letzteren gestaltet sich die Prüfung aufwendiger, weil die Natur der Einkünfte (Zinsen, Dividenden, Kapitalgewinne, Lizenzerträge etc.) nicht direkt aus der Meldung ersichtlich ist.

Für die anhand des AIA aufgedeckten Fälle wird von uns ein Nach- und Strafsteuerverfahren eröffnet. Die Aufrechnung entdeckter Konten in einem laufenden Veranlagungsverfahren wird die Ausnahme bleiben, weil die Lieferung der Finanzinformationen jeweils erst im Herbst er­folgt – zu einem Zeitpunkt also, in welchem bereits viele Veranlagungen abgeschlossen sind.

…Aufwand auch


Der AIA stellt uns aber auch vor Herausforderungen. Elementar sind die Anforderungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) an die Vertraulichkeit und Sicherheit der Daten. Aufgrund des Steuergeheimnisses geniessen diese Anforderungen in einer Steuerverwaltung sowieso höchste Priorität. Die OECD überprüft nun regelmässig, ob wir diese Vorgaben einhalten, und allfällige Unregelmässigkeiten müssten der OECD gemeldet werden. Die Abfrage und die Verwendung der Daten müssen deshalb intern klar geregelt und limitiert werden; trotzdem sollten die Daten effizient genutzt werden können.

Weiter gilt es, mit einer geeigneten Strategie sicherzustellen, dass die Datenmasse bewältigt werden kann. Die Finanzinformationen müssen mit einem vertretbaren Mass an Auf­wand im Veranlagungsprozess überprüft werden können. Erschwert wird dieses Bemühen durch die nicht immer gleich gute Qualität der Informationen. Wir stellen fest, dass nicht alle Daten stets ohne weitere Abklärungen überprüft werden können: Vertiefte Rückfragen und aufwendige Prüfungen sind die Folge. Von den zukünftigen Informationsaustauschen erhoffen wir uns deshalb verbesserte Daten, um den Arbeitsaufwand reduzieren zu können.

Schliesslich werden wir der OECD (via ESTV) statistische Informationen über die Umsetzung des AIA liefern müssen, wie beispielsweise Angaben zur Anzahl nicht deklarierter Finanzkonten im Ausland, zur Zahl der straflosen Selbstanzeigen sowie zu den eröffneten Strafverfahren aufgrund des AIA. Dies bedingt Anpassungen im Informatikbereich.

Mehr Selbstanzeigen


Es ist offensichtlich, dass der AIA zu einem gewichtigen Nebeneffekt geführt hat, der Zunahme von straflosen Selbstanzeigen. Die Ankündigung der Einführung des AIA hat zu deutlich mehr straflosen Selbstanzeigen geführt, als wir dies in der Vergangenheit kannten. So wurden im Kanton Freiburg im Jahr 2018 rund 900 straflose Selbstanzeigen eingereicht, was im Vergleich zu den Vorjahren fast einer Verdreifachung entspricht.

Auch heute werden noch straflose Selbstanzeigen eingereicht. Die Ankündigung und die Einfüh­rung des AIA hatten und haben somit offensichtlich eine «läuternde» Wirkung auf die Steuerpflichtigen. Im Vorfeld des AIA gingen wir davon aus, dass die nicht deklarierten Finanzkonten im Wesentlichen mit straflosen Selbstanzeigen «legalisiert» würden. Dies hat sich zu einem grossen Teil auch bestätigt. Trotzdem haben wir seit Einführung des AIA weitere Fälle nicht deklarierter Finanzkonten aufgedeckt; und zu unserem Erstaunen handelt es sich nicht nur um Bagatellfälle, sondern durchaus auch um Konten mit erheblichen Beträgen in Millionenbereichen.

Die ersten Erfahrungen lassen den Schluss zu, dass der AIA auf verschiedene Arten Hilfestellung zu einer korrekteren Besteuerung leistet. Ein wichtiger Nebeneffekt ist die Zunahme der straflosen Selbstanzeigen. Wie erwähnt, erhoffen wir uns für die Zukunft eine verbesserte Datenqualität, um den Aufwand zu minimieren. Dies gilt umso mehr, als in Zukunft noch mehr Länder am AIA teilnehmen werden. Im laufenden Jahr wird der Austausch der Daten mit rund 80 Staaten erfolgen.

  1. EU: Einschliesslich Gibraltar, ohne Rumänien und Zypern. Übrige: Australien, Guernsey, Insel Man, Island, Japan, Jersey, Kanada, Norwegen und Südkorea. []

Zitiervorschlag: Christoph Perler (2019). Datenaustausch: Erfolgreiche Premiere im Kanton Freiburg. Die Volkswirtschaft, 24. Juni.