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Trusts als Chance für den Finanzplatz Schweiz

Bei der Vermögensverwaltung spielen Trusts eine immer wichtigere Rolle. Führt die Schweiz dieses Instrument ein, stärkt sie den Finanzplatz.
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Trusts bieten wohlhabenden Familien die Möglichkeit, die Erbschaft zu regeln. (Bild: Shutterstock)

Der Finanzplatz Schweiz steht unter Druck und muss im internationalen Umfeld beweisen, dass er mehr zu bieten hat als Diskretion. Der Terrainverlust im internationalen Finanzgeschäft als Folge der Preisgabe des Bankengeheimnisses kann im Heimmarkt nicht kompensiert werden. Im Gegensatz zur Schweiz setzen sämtliche konkurrierenden Finanzplätze auch auf Vehikel zur Vermögensstrukturierung. Eine immer wichtigere Rolle spielen dabei Trusts.

Ein Trust ist ein Rechtsverhältnis, bei dem ein Treugeber (Settlor) Eigentum an Vermögenswerten an einen Treunehmer (Trustee) überträgt. Damit verbunden ist die Verpflichtung, die Vermögenswerte zugunsten von bestimmten Begünstigten zu verwalten und zu verwenden. Anders als die Stiftung hat der Trust keine eigene Rechtspersönlichkeit. Die Vermögenswerte bilden ein getrenntes Sondervermögen und sind nicht Bestandteil des Vermögens des Treunehmers.

Trusts werden häufig in der Nachlassplanung eingesetzt und als Instrument, um Vermögen abzusondern und zu schützen (siehe Kasten). Sie sind vor allem in den angelsächsisch geprägten Ländern wie Grossbritannien, USA, Neuseeland oder Südafrika verbreitet, die das «Common Law» anwenden. Es haben aber auch Staaten mit einer römisch-germanischen Rechtstradition wie Japan, Mexiko, Malta, Liechtenstein oder Ungarn Trusts in ihr Rechtssystem eingeführt.

Seit der Ratifizierung des Haager Trust-Übereinkommens im Jahr 2007 ist die Rechtsform des Trusts auch in der Schweiz anerkannt. Ein eigenes Trustrecht kennt die Schweiz allerdings nicht.

Der verschärfte Standortwettbewerb bei der Vermögensverwaltung war ausschlaggebend für zwei aktuelle politische Vorstösse, welche sich mit der Aufnahme des Rechtsinstituts des Trusts in die schweizerische Gesetzgebung befassen. Im März 2019 hat das Parlament den Bundesrat verbindlich beauftragt, die rechtlichen Grundlagen für einen Schweizer Trust zu schaffen.[1] Im Vorfeld hat der Nationalrat dem Bundesrat einen Bericht in Auftrag gegeben, die Vor- und Nachteile einer möglichen Einführung des Rechtsinstituts des Trusts in das schweizerische Privatrecht darzustellen. Der Bundesrat wartet nun den Bericht der Expertengruppe ab, bevor er über das weitere Vorgehen entscheiden wird.

Nebst der Einführung des Rechtsinstituts des Trusts in das schweizerische Privatrecht wird der Expertenbericht weitere Ideen zur Umsetzung von inländischen Vermögensstrukturierungen beleuchten, so etwa die Kodifizierung des Treuhandvertrages zugunsten Dritter wie auch die Revision des Schweizer Stiftungsrechts.

Familienstiftung ist keine Alternative


Mit der Einführung des Automatischen Informationsaustauschs (AIA) haben die Wahrung der Privatsphäre, die Sicherung von Vermögen über Generationen hinweg und der Schutz vor potenziellen Gefahren eine neue Bedeutung erlangt. Entsprechend ist die Vermögensstrukturierung in internationalen Nachfolgeplanungen mittels Familienstiftungen und Trusts nicht mehr aus der wirtschaftlichen Realität der Schweiz wegzudenken. So wird ein substanzieller Anteil der bei Schweizer Banken deponierten Vermögenswerte bereits durch Vermögensstrukturen gehalten.

Der Gesetzgeber und die Gerichte haben sich denn auch in den letzten Jahren ausgiebig mit (ausländischen) Trusts befasst, und es existiert eine ergiebige schweizerische Rechtslehre dazu. Derzeit ist das einzige im Schweizer Recht existierende Instrument zur Vermögens- und Nachfolgeplanung die Familienstiftung. Diese Struktur dient allerdings nur für begrenzte und vom Gesetz detailliert aufgelistete Zwecke. So kann eine Familienstiftung in der Schweiz nicht als Unterhaltsstiftung errichtet werden, um Familienangehörigen über Generationen hinweg Starthilfe zu geben oder diese anderweitig zu unterstützen. Zudem ist der Kreis der potenziell Begünstigten stark eingeschränkt, was nicht mehr den Gegebenheiten der heutigen Gesellschaft entspricht.

Aufgrund ihrer beschränkten Flexibilität ist die Familienstiftung keine geeignete Option für die Vermögensstrukturierung. Deshalb weichen Schweizer Finanzdienstleister zwangsläufig auf Instrumente aus dem Ausland aus. Beispielsweise ist die Liechtensteiner Familienstiftung bedeutend flexibler als die Schweizer Variante. In einem Urteil aus dem Jahr 2009 hat das Bundesgericht festgehalten, dass in der Schweiz wohnhafte Personen die Familienstiftung des Fürstentums für diejenigen Zwecke verwenden dürfen, die das Schweizer Stiftungsrecht nicht zulässt. Dies kann sich in Rechtsverfahren aufgrund der unterschiedlichen Gerichtsstände jedoch nachteilig auswirken.

Transparenz als Vorteil


Der Finanzplatz Schweiz ist wiederholt unvorteilhaft mit Leaks und Skandalen um ausländische Vermögensstrukturen in Verbindung gebracht worden. Um dem entgegenzuwirken, gilt: Die beste Missbrauchsprävention ist die Kontrolle und Beaufsichtigung von involvierten Finanzdienstleistern, die nur dann erfolgreich gelingen kann, wenn Vermögensstrukturen aus der Schweiz heraus angeboten werden. Dazu braucht es klare inländische Rechtsnormen.

Mit dem Automatischen Informationsaustausch und der Einführung des Finanzinstitutsgesetzes (Finig), welches ab 2020 gelten wird, sind Transparenz und Kontrollen in der Finanzbranche erhöht worden. Indem für Trustees inzwischen dieselben Sorgfaltspflichten wie für Vermögensverwalter gelten, wird sichergestellt, dass Trusts nicht für unerwünschte Zwecke missbraucht werden. Dies stärkt die Reputation des Finanzplatzes.

Konkurrierende Finanzplätze agieren heute erfolgreich auf dem internationalen Parkett der umfassenden Vermögensdienstleistungen, die eigene Vermögensstrukturen mit einschliessen. Die Schweizer Vermögensverwalter punkten bei ihren Kunden mit politischer und wirtschaftlicher Stabilität. Kombiniert mit Fachwissen und Dienstleistungsqualität, sind dies ideale Voraussetzungen für einen starken Unternehmensstandort und Finanzplatz. Mit der Verankerung eines Instruments für die Strukturierung von Vermögen könnte eine Lücke im Rechtssystem und im Angebot der Finanzdienstleister geschlossen und zugleich für mehr Kohärenz gesorgt werden. So müsste nicht mehr ausschliesslich mit Instrumenten ausländischen Rechts gearbeitet, sondern es könnte eine Schweizer Lösung angeboten und damit ein Wettbewerbsnachteil in der Wertschöpfungskette behoben werden.

Vorteilhaft wäre eine Schweizer Lösung auch unter dem Gesichtspunkt, dass Vermögenswerte zunehmend an dem Ort gehalten werden, an welchem die Vermögensstrukturen aufgesetzt sind. Damit könnten zusätzliche Potenziale für die Schweizer Vermögensverwaltung geschaffen werden.

Finanzplatz profitiert


Sofern modern und zeitgemäss ausgestaltet, stärkt die Einführung des Trusts in die Rechtsordnung den hiesigen Unternehmensstandort und insbesondere den Finanzplatz Schweiz. Dasselbe gilt für die Revision des Stiftungsrechts beziehungsweise die Kodifizierung des Treuhandvertrages zugunsten Dritter.

Finanzplätze, die Dienstleistungen im Bereich Vermögensstrukturierung heute erfolgreich anbieten, fürchten deshalb den Eintritt der Schweiz in die Welt der Vermögensstrukturierung und den damit einhergehenden Verlust eigener Wertschöpfung. Sollte es der Schweiz darüber hinaus gelingen, das Trustrecht in die gesetzliche Regelung des Schiedsgerichtsverfahrens einzubinden, wären wir allen Konkurrenten sogar einen wichtigen Schritt voraus und würden so zum idealen Standort für die rechtlich verlässliche Vermögensstrukturierung.

  1. Motion RK-SR, Einführung des Trusts in die schweizerische Rechtsordnung (18.3383). []

Zitiervorschlag: Willimann Vyskocil, Nicole (2019). Trusts als Chance für den Finanzplatz Schweiz. Die Volkswirtschaft, 24. Juni.

Trust-Varianten

Es gibt verschiedene Ausgestaltungen von Trusts. Der Treugeber (Settlor) kann den Trust beispielsweise unwiderruflich (irrevocable) oder widerruflich (revocable) begründen. Bei einem widerruflichen Trust bleibt dem Settlor weiterhin der Zugriff auf das Trustvermögen erhalten. Ein weiteres Beispiel ist der
Discretionary Trust; da werden die Begünstigten nur abstrakt in der Trusturkunde bezeichnet, und der Treunehmer (Trustee) hat ein grosses Ermessen, wer aus dem definierten Kreis an Begünstigten wann wie viel aus dem Trustvermögen erhält. Anders verhält es sich wiederum beim Fixed Interest Trust, wo die Begünstigten wie auch die Beträge genau in der Trusturkunde definiert sind und der Trustee kein Ermessen hat. Durch diese Vielfalt an Trusts hat der Settlor bei der Errichtung grosse Gestaltungsmöglichkeiten und kann so den Trust angepasst an seine Bedürfnisse aufsetzen.