Jean-Daniel Pasche, Präsident des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH), Biel
Wer «Uhren» hört, denkt an die Schweiz – wer «Schweiz» hört, denkt an Uhren. Seit beinahe vier Jahrhunderten profitiert dieses Zweigespann von den gegenseitigen Qualitäten. Deshalb erstaunt es nicht, dass «Swiss made» für die Uhrenbranche besonders wichtig ist und dass sich die Branche dezidiert für eine Stärkung des Labels im Rahmen des Projekts «Swissness» eingesetzt hat. Denn gegenüber den Kunden gilt es zu garantieren, dass die Uhren mehrheitlich in der Schweiz hergestellt werden, sowohl was den Wert als auch die Herstellungsschritte betrifft.
Uhren tragen das Label «Swiss made» in die Welt hinaus: 50 Prozent gehen nach Asien (insbesondere Hongkong, China und Japan), rund 30 Prozent nach Europa und 15 Prozent nach Amerika, vorwiegend in die USA. Beeindruckend ist das Wachstum seit der Jahrtausendwende in China. Doch das Uhrengeschäft erlebte auch immer wieder stürmische Zeiten in Form von strukturellen Krisen wie in den Siebziger- und Achtzigerjahren sowie konjunkturelle Einbrüche wie 2008 bis 2009. Nach einer erneuten Durststrecke in den Jahren 2015 bis 2016, insbesondere aufgrund des starken Frankens, konnte der Sektor in den folgenden drei Geschäftsjahren erneut gute Resultate vorweisen. Insgesamt überzeugt die Branche: In den vergangenen 50 Jahren hat sich ihr Umsatz versiebenfacht. 2019 belief sich das Exportvolumen auf 21,7 Milliarden Franken.
Derzeit leidet die Schweizer Uhrenbranche wie die gesamte Weltwirtschaft unter dem Konjunktureinbruch aufgrund der Corona-Pandemie. Die Zukunft bleibt ungewiss, wir sind jedoch überzeugt, dass die Branche auf den Wachstumspfad zurückfinden wird. Vieles spricht dafür, dass sie sich als Nummer 1 auf dem Weltmarkt behaupten wird: der Markenwert, die Qualität von Produktion und Ausbildung, aber auch die technische und ästhetische Innovationskraft sowie das Vertriebsnetz.
Exporte sind überlebenswichtig
Die Schweizer Uhren müssen sich vor allem im unteren und mittleren Preissegment gegen ausländische Konkurrenz durchsetzen. Diese kommt auch aus der EU, vor allem aber aus Asien, insbesondere China, Hongkong, Japan und Indien. Im oberen Preissegment findet der Wettbewerb, mit wenigen Ausnahmen, vorwiegend unter den Schweizer Marken selbst statt. Aus China und der EU importiert die Schweiz ebenfalls günstige Uhren und Komponenten – vor allem aber in den unteren Preisklassen.
Für eine zukunftsträchtige Entwicklung muss die Branche exportieren und neue Märkte erschliessen. Oder sie muss ihre Position ausbauen: etwa in Indien, Indonesien oder in den Mercosur-Staaten. Die Optimierung der Rahmenbedingungen in diesen Regionen insbesondere mittels Freihandelsverträgen ist unverzichtbar. Denn diese sind für die exportabhängige Uhrenbranche überlebenswichtig. Zwar gehen fast 80 Prozent der Exporte in Länder, mit denen solche Abkommen bereits bestehen (EU, China, Hongkong, Japan, Singapur, Südkorea, Mexiko usw.). Von den grossen Märkten fehlen derzeit nur die USA. Abkommen mit Märkten wie Indien, Indonesien oder Mercosur würden es der Uhrenbranche aber wesentlich erleichtern, Fuss zu fassen und längerfristig zu wachsen.
Zitiervorschlag: Pasche, Jean-Daniel (2020). Uhren – Botschafter der Schweiz. Die Volkswirtschaft, 19. Juni.