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Influencer-Marketing – ein wachsender Markt

Die sozialen Medien prägen unseren Alltag. Entsprechend verschieben sich auch die Werbegelder in den Influencer-Markt. Auch in der Schweiz.
Die Zürcher Influencerin Florina Berg ist diesen Sommer für eine Kampagne von Lausanne Tourismus ins Lavaux gereist. (Bild: Florina Berg)

Influencer, Markenbotschafter, Creators, Ambassadoren – verschiedene Bezeichnungen, dasselbe Konzept. Und dies nicht erst seit es Social Media gibt: In den Achtzigerjahren engagierte Pepsi Cola den Popstar Tina Turner für Werbeplakate – eine frühe Form des heutigen Influencer-Marketings. Im Vergleich zu damals hat heute dank den sozialen Medien jede Person die Chance, sich selbstständig eine Reichweite aufzubauen und ihre Interessen (und die dazu passenden Unternehmen) mit ihren Followern zu teilen.

Die Art und Weise, wie derzeit Influencer-Marketing funktioniert, hat sich entsprechend stark gewandelt. Es geht nicht mehr darum, nur gesehen zu werden, sondern vielmehr darum, eine persönliche Geschichte zu erzählen. Damals hat die «plakative» Werbung mit Tina Turner funktioniert – heute würden die meisten wahrscheinlich den Kopf schütteln, da zu oberflächlich. Im Jahr 2020 möchten wir Authentizität sehen, persönliche Geschichten hören und dazu passende Weiterempfehlungen bekommen. Beim Influencer-Marketing geht es darum, den «perfect match» zwischen Influencern und Unternehmen zu finden, die sich für dieselben Themen interessieren, dieselbe Botschaft vertreten und diese nach aussen tragen möchten.

Geschichten erzählen


Genau hier setzen wir als Influencer-Agentur an. Für die Schweiz, Deutschland und Österreich verfügen wir über eine Datenbank mit 6000 Influencern, auf die wir für die Kampagnen zurückgreifen können. Um einem Unternehmen die passende Person vermitteln zu können, interessieren uns nicht nur technische Daten wie Klicks und Follower, sondern wir erfragen auch Interessen wie Lieblingsautomarke, Ernährung, Krankenkasse und Haustiere, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Bei Interesse kann sich ein Influencer auf eine Kampagne bewerben – wodurch bereits einige Ideen für die spätere Kampagne und das persönliche Storytelling entstehen.

Im Falle unserer Kampagne mit Lausanne Tourismus diesen Sommer ging es beispielsweise darum, mehr Deutschschweizer auf die #bestsmallcity der Welt aufmerksam zu machen (siehe Kasten). Dafür erarbeiteten wir eine kreative Konzeptidee für die Beiträge, fanden die Perfect-Influencer-Matches, organisierten und kommunizierten mit 22 Influencern aus der Deutschschweiz, sodass an drei verschiedenen Wochenenden Instagram-Stories entstanden.

Als Agentur führen wir die Unternehmen und die beteiligten Influencer gemeinsam durch den Kampagnenprozess. Dabei analysieren wir laufend die Zahlen zum «Engagement» und zur Reichweite der Posts. Jede Kampagne schliessen wir mit einem Debriefing ab.

Corona: Digitalisierungsschub


Schon vor Covid-19 ist der Influencer-Markt stark gewachsen. Derzeit liegt das Marktvolumen in Deutschland, Österreich und der Schweiz schätzungsweise bei insgesamt 1 Milliarde Franken.[1] Auf die Schweiz entfallen etwa 150 Millionen Franken. Für die nächsten fünf Jahre rechnen Experten mit einer jährlichen Wachstumsrate von rund 30 Prozent. Im Jahr 2027 liegt das Marktvolumen für die drei Länder bei knapp 5 Milliarden Franken. Das sind natürlich nur Annahmen. Was wir aber merken, ist der Wandel, den die Firmen durchmachen. Setzte vor zwei Jahren nur jede zehnte Firma auf Influencer-Marketing, ist es inzwischen jede zweite.

Die Corona-Pandemie geht nicht spurlos an unserer Agentur vorbei: Marketingbudgets sind so ziemlich das Erste, was eine Firma streicht. Was sich während des Lockdowns jedoch ebenfalls abzeichnete, ja gar nicht anders ging, war die verstärkte Nutzung von Internet und Social Media: Wie sonst sollte man einkaufen, News lesen oder sich mit seinen Freunden austauschen?

Zum Beispiel über Tiktok. Auf der derzeit am stärksten wachsenden Social-Media-Plattform wird musiziert, getanzt, es werden Streiche – sogenannte Pranks – gespielt, und es wird auf unterhaltende Art informiert. Mittlerweile verzeichnet die Social-Media-Plattform aus China weltweit 3 Milliarden Downloads. Und dies nicht nur von Jugendlichen, sondern auch von Erwachsenen bis ins Alter von 50 Jahren. In Deutschland haben sich gar TV-Sender dazu entschieden, ihre Nachrichten auf Tiktok – sprachlich angepasst – zu verlesen, damit sie ein grösseres Zielpublikum mit ihren News erreichen. Vor einem Jahr schien dies noch undenkbar.

Diese Verschiebung spielt deshalb eine Rolle, da Werbegelder bekanntlich dorthin fliessen, wo sich die Leute aufhalten. Diese verstärkte Aufmerksamkeit kann nun von Unternehmen positiv für langfristig «hängen bleibende» Botschaften eingesetzt werden.

Deutschland geht voran


In Berlin sind wir mit einer Tochtergesellschaft präsent. Dabei sehen wir: Der deutsche Markt ist dem schweizerischen etwa zwei Jahre voraus. Vorbei sind die Zeiten von einem Produkt in einem Bild, plakativ. Gefragt ist ein hoher Grad an Kreativität, Inspiration, Natürlichkeit, Erlebtem und Identifikation. Dorthin geht die Reise – auch in der Schweiz.

Klar ist: Auch nach der Corona-Pandemie wird Influencer-Marketing für Unternehmen aus allen Sektoren immer wichtiger werden. Die anfänglich als Hype bezeichnete Entwicklung hat sich über die letzten Jahre als fester Bestandteil und als Ergänzung des Marketing-Mix bewiesen. Die Frage ist heute nicht mehr, ob Influencer-Marketing ein Hype ist, sondern wer noch schnell genug reagiert, um auf den Zug aufzuspringen.

  1. Goldmedia (2018): Influencer Marketing DACH Region 2017–2020; Absolute Markets Insights (2019): Switzerland Germany and Austria specific Influencer Marketing Market Research Report 2019 to 2026. []

Zitiervorschlag: Henrik Kammermann, Pascale Widmer, (2020). Influencer-Marketing – ein wachsender Markt. Die Volkswirtschaft, 21. Oktober.