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Swissness-Angaben auf Lebensmittelverpackungen sind manchmal intransparent. Die Verordnung sollte angepasst werden.
Sophie Michaud Gigon, Generalsekretärin, Westschweizer Konsumentenvereinigung (FRC), Lausanne

Standpunkt

Das Prinzip der Swissness ist einfach: Auf einem Lebensmittel – beispielsweise auf einer Glaceverpackung – darf nur dann das Schweizer Kreuz aufgedruckt werden, wenn es in der Schweiz hergestellt wurde und 80 Prozent der Zutaten aus dem Inland stammen. Das ist ein Fortschritt. Doch in den Verkaufsregalen sieht die Sache oft komplizierter aus. Ein Kuchen mit Waldbeeren darf das rote Logo mit dem weissen Kreuz tragen, falls es sich um Heidelbeeren handelt, selbst wenn diese importiert sind, nicht aber, wenn er importierte Brombeeren oder Johannisbeeren enthält. Alles klar?

Für Kopfzerbrechen sorgen auch die Regeln zu Rohstoffen, die in der Schweiz nicht in ausreichender Menge oder genügender Qualität hergestellt werden, um den Bedarf der Lebensmittelindustrie zu decken. So müssen die Haferflocken im Birchermüesli beispielsweise nicht aus der Schweiz stammen, da der Selbstversorgungsgrad zu gering ist. Diese Logik stellt nicht die Konsumentinnen und Konsumenten ins Zentrum, sondern die Landwirtschaft und die Industrie, und missachtet einen wesentlichen Punkt: Einem Label müssen wir als Konsument vertrauen können. Wir dürfen nicht durch Ausnahmen in die Irre geführt werden, die der Intuition widersprechen.

Lückenhafte Herkunft

Die Westschweizer Konsumentenvereinigung (FRC) beobachtet die Marke Schweiz auf den Verpackungen daher seit Längerem genau. Bei den politischen Verhandlungen zur Swissness-Gesetzgebung setzten wir uns dafür ein, dass Konsumenten anhand von transparenten Angaben bewusste Entscheidungen treffen können. Entsprechend müssen der Herkunftsort der Rohstoffe und der Herstellungsort der Lebensmittel deklariert werden. Die Gesetzgebung ist nun seit vier Jahren in Kraft – trotzdem sind wir noch nicht am Ziel: Die Herkunftsangaben sind allzu oft unvollständig.

Nebst den undurchsichtigen Ausnahmeregelungen gilt es auch die Kontrollen zu verbessern: Vorschriften sind nur glaubwürdig, wenn kontrolliert wird. Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass Statistiken zur korrekten Verwendung des Schweizer Kreuzes fehlen. Der Grund dafür liegt in den fehlenden Ressourcen der Vollzugsbehörden. Wir haben daher vorgeschlagen, dass eine Informationsplattform für Konsumenten geschaffen wird, auf der fehlende Angaben gemeldet werden können. So könnte man das Vertrauen ins System und die Glaubwürdigkeit stärken. Leider wird unser Vorschlag als nicht prioritär angesehen.

Insgesamt zeigen die letzten vier Jahre, dass der vom Bundesrat gewählte Weg in die richtige Richtung geht. Die Regierung hat erkannt, dass die Informationskluft zwischen Produzenten und Konsumenten geschlossen werden muss, und räumt ein, dass bei den Produktangaben Verbesserungen notwendig sind. Doch die Überlegungen zielen einzig auf das Portemonnaie der Kunden ab. Diese müssten stärker in die Ausgestaltung des Systems einbezogen werden. Dabei gilt es, sich den ursprünglichen Zweck der Gesetzgebung vor Augen zu führen: Die Swissness muss dazu dienen, die Konsumenten besser zu informieren.

Zitiervorschlag: Sophie Michaud Gigon (2021). Standpunkt: Die Konsumenten ins Zentrum stellen. Die Volkswirtschaft, 31. März.