Jean-Daniel Pasche, Präsident des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH), Biel
Wer an die Schweiz denkt, denkt an Uhren – und umgekehrt. Das von der Uhrenindustrie eingesetzte Label Swiss made geniesst ein hohes Ansehen und unterstreicht die Anerkennung, die dem Land und seinen Uhrmachern entgegengebracht wird. Das Label spielt beim Marketing eine entscheidende Rolle. Und es wird – wie andere Erfolgsmarken auch – weltweit kopiert.
Angesichts eines zunehmenden Missbrauchs schlug der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) bereits Mitte der Nullerjahre strenge Kriterien vor, um das Label Swiss made besser zu schützen. Es galt die Glaubwürdigkeit und den Wert der Marke Schweiz langfristig sicherzustellen und das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten weltweit zu erhalten. Da das Label damals auch auf Uhren angebracht war, bei denen weniger als die Hälfte der Wertschöpfung im Inland anfiel, verlor die Marke Schweiz nach und nach leicht an Strahlkraft.
Wie sollte man als Konsumentin noch Vertrauen in das Label haben können, wenn der ausländische Wertschöpfungsanteil einer Uhr deutlich höher war als der schweizerische?
Guter Kompromiss
Im Spannungsfeld zwischen den Freihandelsregeln, den vorhersehbaren Reaktionen seitens der Europäischen Union, der kontinentaleuropäischen Zulieferer sowie der internen Opposition im schweizerischen Uhrensektor war der Handlungsspielraum klein. Schliesslich brachte unser Verband eine Gesetzesvorlage ein, die für mechanische Uhren einen Schweizer Mindestanteil von 80 Prozent und für alle anderen Modelle einen Mindestanteil von 60 Prozent an den Produktionskosten vorsah. Zudem sollte die technische Entwicklung im Inland erfolgen.
Die 80-Prozent-Vorgabe musste aufgegeben werden, da die Bundesbehörden diese als protektionistische Massnahme betrachteten, die gegen die Übereinkommen der Welthandelsorganisation verstosse. Die übrigen Kriterien traten 2017 in Kraft.
Mittlerweile hat die überwiegende Mehrheit der Uhrenhersteller die neuen Regeln umgesetzt. Allerdings gibt es auch einige wenige, die ganz oder teilweise auf das Swiss-made-Label verzichten. Dass das aktuelle Gesetz teils umstritten ist, hat aber andere Gründe: Einige Akteure betrachten die Vorgaben des neuen Labels als zu lasch, andere als zu streng. Aus unserer Sicht stellt die gewählte Lösung einen guten Kompromiss dar, für den der verfügbare Handlungsspielraum optimal ausgeschöpft wurde. Ein Label, das eine ganze Branche und alle Preissegmente abdecken soll, kann nicht alle zufriedenstellen – weshalb man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen musste.
Entscheidend ist, dass der Swissness-Mindestanteil über 50 Prozent liegt. So können die Uhrenhersteller den Konsumenten garantieren, dass der grösste Teil der Wertschöpfung in der Schweiz erfolgt. Ausserdem lässt sich das Label auch im Ausland leichter schützen, weil es glaubwürdig und einfach verständlich ist.
Zitiervorschlag: Pasche, Jean-Daniel (2021). Ein glaubwürdiges «Swiss made». Die Volkswirtschaft, 31. März.