Suche

Abo

Die Zeit ist reif für Impact-Investing

Immer mehr Anleger wollen mit ihren Investitionen eine positive Wirkung erzielen. Deshalb müssen bei der Auswahl, der Verwaltung und der Bewertung von Anlagen neue Wege beschritten werden.

Die Zeit ist reif für Impact-Investing

Bananenzucht im indischen Jalgaon. Die Pflanzen werden an lokale Bauern verkauft. (Bild: Dominic Chavez / IFC)

Dass Anlagen soziale und ökologische Auswirkungen haben, war Investorinnen und Investoren schon immer bekannt. Dieser «Fussabdruck» wurde jedoch bis vor Kurzem eher als Nebeneffekt statt als Ziel einer Anlage betrachtet. Bereits seit Längerem verbannen sensibilisierte Anleger bestimmte Anlagen – etwa Firmen aus den «unethischen» Branchen Tabak, Alkohol und Glücksspiel – aus ihren Portfolios. In jüngster Zeit sind zunehmend Umweltaspekte in den Vordergrund gerückt.

Inzwischen begnügen sich viele Investoren allerdings nicht mehr damit, bestimmte Unternehmen zu meiden, sondern wollen sicherstellen, dass sich ihre Portfolios auch durch hohe Anforderungen an die Umwelt, die Gesellschaft und die Unternehmensführung auszeichnen (Environment, Social, Governance – ESG). Durch diesen Ansatz lassen sich die potenziellen ESG-Risiken in der Anlageperformance verringern – und gleichzeitig werden positive ökologische und gesellschaftliche Effekte geschaffen. Eine Richtlinie für Anleger sind die Prinzipien für verantwortliches Investieren der UNO. Derzeit wird rund ein Drittel der weltweiten Anlagevermögen nach diesen Grundsätzen verwaltet.

Immer mehr Anleger erwarten, dass ihre Anlageportfolios sowohl finanziell rentabel sind als auch einen positiven «Impact» erzielen. Sprich: Sie prüfen erstens, ob die Rentabilität des von ihnen als Anlageobjekt gewählten Unternehmens durch ESG-Risiken bedroht sein könnte («First Materiality»). Damit Anleger das Unternehmen in ihr Portfolio aufnehmen, müssen zudem zweitens dessen ökologische und soziale Wirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt bewusst positiv ausfallen («Second Materiality»).

Gemäss den Zahlen der Internationalen Finanz-Corporation (IFC), die zur Weltbankgruppe gehört, sind aktuell bis zu 2 Billionen Dollar in Anlagen investiert, die ausdrücklich eine positive Wirkung erzielen sollen. Die Nachfrage ist gross: «Wir schätzen das Potenzial von Impact-Investitionen auf 25 Billionen Dollar, was rund 10 Prozent des weltweiten Finanzmarktvolumens entspricht.»[1] Anlagen dieser Grössenordnung würden erheblich dazu beitragen, die UNO-Nachhaltigkeitsziele (SDG) zu erreichen. Dafür müssten in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen jährlich 2,6 Billionen Dollar an privaten Anlagegeldern investiert werden – zusätzlich zu öffentlichen Geldern.[2]

Globale Ziele


Die Diskrepanz zwischen dem grossen Interesse der Anleger und dem beschränkten Angebot zeigt, dass Impact-Investing noch in den Kinderschuhen steckt: Während Entwicklungsbanken wie die IFC mit ihren Investitionen seit mehr als 60 Jahren versuchen, eine Wirkung zu erzielen, hat das wirkungsorientiere Investieren unter Privatanlegern erst nach der Weltfinanzkrise von 2008 an Bedeutung gewonnen. Bei den Vorreitern dieses Anlageansatzes handelte es sich meist um kleinere, spezialisierte Fonds wie etwa Blue Orchard oder Responsability, die Geld aus philanthropischen Quellen (Stiftungen, Vermögensverwalter, Hilfsorganisationen usw.) in Sozialunternehmen und Mikrofinanzinstitute investierten. Sie legten den Grundstein, um Impact-Investment im grossen Stil zu betreiben – was jedoch nicht einfach war.

Die UNO-Agenda 2030 und das 2015 unterzeichnete Pariser Klimaschutzabkommen setzen darauf, privates Kapital für die Entwicklungsfinanzierung zu mobilisieren, um die Ziele zu erreichen («Financing for Development»).[3] Daraufhin wuchs das Interesse grosser institutioneller Anleger wie Versicherungen, Pensionskassen, Staatsfonds und Stiftungen, mit ihren Investitionen eine positive Wirkung zu erzielen und gleichzeitig ihrer treuhänderischen Pflicht zur Erwirtschaftung marktkonformer Renditen nachzukommen.

Das seit der Finanzkrise von 2008 vorherrschende extreme Tiefzinsumfeld verringerte zudem die Renditeerwartungen im Markt erheblich. In der Folge zogen institutionelle Anleger auch riskantere Investitionen in Schwellenländern sowie in benachteiligten Regionen und Gemeinden ihrer Heimatländer in Erwägung – Regionen, in denen sich leichter positive Wirkungen erzielen lassen.

Um der steigenden Nachfrage internationaler Investoren nach rentablen Impact-Anlagen gerecht zu werden, haben grosse Vermögensverwalter wie Blackrock, Partners Group und UBS eigene Impact-Fonds-Abteilungen aufgebaut. Ausserdem wandelten viele kleinere Akteure ihre konventionellen Fonds in nachhaltige oder wirkungsorientierte Fonds um. Diese Entwicklung beschleunigt zwar das Wachstum des Sektors, erhöht aber auch die Gefahr von unbeständigen Herangehensweisen und dem sogenannten Impact-Washing, bei dem die Behauptungen der Fondsanbieter durch kein robustes Wirkungsmanagementsystem validiert werden. Derzeit wird lediglich ein Viertel der in Impact-Anlagen investierten 2 Billionen Dollar über ein solides Wirkungsmanagementsystem verwaltet.[4]

Standards definieren


Um im Impact-Investing für die nötige Kohärenz und Disziplin zu sorgen, hat sich eine Gruppe von Entwicklungsfinanzierungsinstituten, Vermögensverwaltern und Fondsanbietern auf Prinzipien (Operating Principles for Impact Management) verständigt, die Marktstandards für die Portfolioverwaltung darstellen. Im April 2021 hatten bereits über 125 Institutionen die Prinzipien unterzeichnet. Unter diesen Institutionen, die Impact-Investitionen im Wert von 360 Milliarden Dollar verwalten, finden sich auch Unternehmen und Fonds mit Sitz in der Schweiz – unter anderem die Vermögensverwalter UBS, Credit Suisse und die Zurich-Versicherung, die Impact-Fonds-Anbieter Alphamundi und Symbiotics sowie öffentliche Institutionen wie der Swiss Investment Fund for Emerging Markets (Sifem). Mit Unterstützung des Bundes haben sich Schweizer Finanzinstitute zu Netzwerken wie Swiss Sustainable Finance und dem Green-Fintech-Netzwerk zusammengeschlossen – was die Bedeutung der Schweiz als wichtiges Zentrum für nachhaltige Finanzen stärkt.[5]

Die Prinzipien schaffen Transparenz und Glaubwürdigkeit, da sie die Unterzeichnenden verpflichten, regelmässig zu prüfen, ob ihre Verwaltungssysteme mit den Prinzipien im Einklang stehen. Die Ergebnisse müssen jährlich in einem Bericht veröffentlicht werden. Bisher sind über 80 solcher Prüfberichte publiziert worden. Für Anleger kann diese Praxis einen wichtigen Anreiz darstellen, ihre Gelder einem Vermögensverwalter anzuvertrauen, der die Prinzipien umsetzt und damit garantiert, dass die Gelder mit einem konkreten Wirkungsziel verwaltet werden.

Indikatoren entwickeln


Neben konsistenter Portfolioverwaltung erwarten Investoren auch, dass die erzielte Wirkung messbar und zwischen Anlageverwaltern vergleichbar ist. Deswegen arbeitet eine Gruppe von Vermögensverwaltern derzeit an gemeinsamen Kern-Indikatoren. Die ersten wurden Ende März veröffentlicht.[6] Sie decken die Schlüsselthemen Gleichberechtigung, Klima und Schaffen von Arbeitsplätzen ab. Dieser Fortschritt wirkt sich auch auf Diskussionen zum künftigen Reporting sozialer und ökologischer Wirkungseffekte aus, die im Rahmen von Initiativen des Weltwirtschaftsforums (WEF), des International Business Council sowie der International Financial Reporting Standards Foundation (IFRS-Stiftung) geführt werden.

In den nächsten Jahren werden sich damit voraussichtlich Reporting-Indikatoren für Unternehmen etablieren, dank derer Firmen dereinst konsistent Bericht erstatten können. Auch für die Anbieter von Impact-Investments sind das gute Neuigkeiten: Sie können Produkte anbieten, deren Wirkung sich zuverlässig messen lässt.

Derzeit finden Impact-Investitionen hauptsächlich auf privaten Märkten für nicht börsenkotierte Aktien und Anleihen statt. Demgegenüber ist die Kapitalbeschaffung für solche Investitionen an den öffentlichen Märkten, die ein viel grösseres Finanzierungspotenzial aufweisen, weniger verbreitet. Ein Erfolgsbeispiel sind die relativ neuen grünen und sozialen Anleihen im Fixed-Income-Bereich, deren Jahresvolumen innerhalb kurzer Zeit auf 1 Billion Dollar gewachsen ist.[7] Sie werfen ähnliche Erträge wie klassische Staats- und Unternehmensanleihen ab, erlauben aber gleichzeitig, die Verwendung der Anlageerlöse und deren Wirkung transparent zu verfolgen.

Allerdings stösst dieser Ansatz an Grenzen. So könnte beispielsweise eine Öl- und Gasfirma eine grüne Anleihe ausgeben, die zum Ziel hat, die Energieeffizienz der Bürogebäude zu verbessern. Das Problem: An den klimaschädlichen Emissionen ihrer Geschäftstätigkeit ändert die Anleihe nichts. Angesichts dieser Problematik steigt das Interesse an wirksameren nachhaltigen Anleihen, die an Ziele zur Verbesserung des ökologischen und sozialen Fussabdrucks des gesamten Unternehmens geknüpft sind («sustainability bonds»). Finanzielle Anreize sollen die Emittenten dazu bewegen, ihre Ziele zu erreichen.

Eine weitere Herausforderung sind Wertpapiere. Hier können einzelne Aktionäre aufgrund ihrer Grösse meist kaum Einfluss auf die ökologischen und sozialen Effekte von Unternehmen nehmen. Dies gilt jedoch nicht für grosse Vermögensverwalter. Wenn diese also ihr Engagement erhöhen, ist zu erwarten, dass die Zahl der Impact-Investment-Fonds zunimmt.

Anlagegelegenheiten gesucht


Obwohl die Nachfrage nach Impact-Investitionen steigt, bleiben Investitionsmöglichkeiten für ebendiese knapp. Entwicklungsbanken wie der IFC kommt hier eine wichtige Rolle zu. Durch unser breites Netz an lokalen Niederlassungen und ein erweitertes Spezialistenteam, das sich auf die Entwicklung von neuen Projekten konzentriert, können wir Investoren den Eintritt in schwer zugängliche Grenzmärkte erleichtern. So lassen sich wirkungsorientierte Anlagemöglich­keiten schaffen, bei denen es sich auch um Kofinanzierung handeln kann.

Die IFC finanziert in der Regel weniger als 20 Prozent eines Projekts: Pro investierten Dollar steuern andere Investoren mehr als einen weiteren Dollar bei. Die IFC hat auch Plattformen entwickelt, die es institutionellen Investoren ermöglichen, in ein Projektportfolio mit einem Transaktionsvolumen von 1 Milliarde Dollar oder mehr zu investieren: Während die Vermögensverwaltungsgesellschaft IFC Asset Management Company die Kofinanzierung von Eigenkapital mittels Aktien erlaubt, erschliesst die Plattform MCPP langfristiges Fremdkapital von institutionellen Anlegern.

Durch diese Entwicklungen haben nun Investoren jeglicher Grösse Zugang zu Anlageinstrumenten, die einen glaubwürdigen Ansatz verfolgen und messbare Wirkungen erzielen. Die Zeit ist reif für Impact-Anlagen.

  1. IFC (2019). []
  2. Unctad (2014). []
  3. UNO (2015). []
  4. IFC (2019). []
  5. Weitere Informationen über die nachhaltige Finanzwirtschaft in der Schweiz unter Finance.swiss[]
  6. Hipso (2021): Towards Common Standards for Impact Measurement and Reporting[]
  7. Siehe insbesondere Ifc.org/greenbonds und Ifc.org/socialbonds[]

Literaturverzeichnis

Bibliographie

Zitiervorschlag: Neil Gregory (2021). Die Zeit ist reif für Impact-Investing. Die Volkswirtschaft, 29. April.