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Anteil der Jugendlichen in der Schweiz sinkt

Die Altersstruktur der Bevölkerung verändert sich bis 2050 grundlegend. Für die Finanzen des Bundes und der AHV ist diese Umwälzung eine grosse Herausforderung.
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Bis 2050 steigt der Anteil der Pensionierten an der Erwerbsbevölkerung stetig an. (Bild: Keystone)

In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Altersstruktur der Schweiz stark verändert. 1970 glich sie einer Pyramide, 2020 sah sie eher aus wie eine Tanne (siehe Abbildung 1). Hauptursache für den sich wandelnden Altersaufbau der Bevölkerung ist die stark rückläufige Geburtenhäufigkeit nach dem Ende des «Babybooms» der Nachkriegszeit. Seit den Siebzigerjahren verharrt die Geburtenquote auf einem relativ tiefen Niveau.

Die seit mehreren Jahrzehnten geringere Anzahl Neugeborener hat dazu geführt, dass die Alterspyramide im Jahr 2020 an der Basis schmaler geworden ist. Ihre Ausbuchtung zwischen 20 und 45 Jahren wiederum ist die Folge der vielen eingewanderten jungen Erwachsenen seit der Jahrtausendwende. Die deutlich breitere Spitze wiederum resultiert aus der höheren Anzahl älterer Menschen infolge der steigenden Lebenserwartung.

Während die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz zwischen 1970 und 2020 um 40 Prozent gewachsen ist, stieg die Zahl der Personen ab 65 Jahren im gleichen Zeitraum um 129 Prozent, das heisst um mehr als das Doppelte. Demgegenüber ist die Zahl der 0- bis 19-Jährigen um 10 Prozent gesunken. Dennoch lebten 2020 in der Schweiz noch immer mehr Kinder und Jugendliche als Personen im Rentenalter.

Knapp 20 Prozent der Gesamtbevölkerung der Schweiz (1,7 Millionen) waren 2020 jünger als 20 Jahre und 19 Prozent (1,6 Millionen) über 65 Jahre[1] alt. Die restlichen 61 Prozent (5,3 Millionen) waren somit zwischen 20- und 64-jährig. Während die Zahl der Personen im Erwerbsalter seit 1970 um 48 Prozent gestiegen ist, hat sich jene der über 80-Jährigen in diesem Zeitraum von 110’000 auf nahezu 460’000 Personen vervierfacht.

Abb. 1: Altersstruktur der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz

1970

Quelle: BFS – VZ, Statpop / Die Volkswirtschaft

2020

Quelle: BFS – VZ, Statpop / Die Volkswirtschaft

 

Demografische Alterung ist nicht aufzuhalten

Das Referenzszenario[2] des Bundesamtes für Statistik (BFS) geht davon aus, dass sich die Altersstruktur in den nächsten Jahrzehnten nochmals deutlich verändert und zunehmend einer Urne gleicht (siehe Abbildung 2). Da die Babyboom-Generation allmählich das Rentenalter erreicht, nimmt die Anzahl älterer Menschen rasant zu, wohingegen sich der Anteil der jüngeren Generationen und vor allem der Erwachsenen im Erwerbsalter fortlaufend verringert.

Gemäss dem Referenzszenario stabilisiert sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen durch die etwas höhere Geburtenziffer und die zahlreichen Einwanderungen. Im Jahr 2050 werden in der Schweiz 2 Millionen Personen zwischen 0 und 19 Jahren leben, 2070 sind es 2,1 Millionen. Gegenüber 2020 entspricht dies einem Anstieg von 16 respektive 24 Prozent.

Die Zahl der 20- bis 64-Jährigen erhöht sich in den nächsten Jahrzehnten trotz einer konstanten Einwanderung von Personen im Erwerbsalter kaum. Mit dem Erreichen des Rentenalters wechseln die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge von der Gruppe der 20- bis 64-Jährigen in jene der über 65-Jährigen. Als Folge davon wächst die Zahl der 20- bis 64-Jährigen weniger stark, als aufgrund der Migrationsströme vom Referenzszenario anzunehmen wäre.

Im Jahr 2050 werden 5,8 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter sein (+8%), und 2070 sind es knapp 6 Millionen (+13%). Die Zahl der 65-Jährigen und Älteren nimmt im selben Zeitraum aber noch viel stärker zu. Zum einen, weil die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer das Rentenalter erreichen – zum anderen aufgrund der höheren Lebenserwartung. So wird die Schweiz 2050 2,7 Millionen Menschen im Rentenalter zählen – das sind 63 Prozent mehr als 2020. Im Jahr 2070 sind bereits 3 Millionen Personen über 65-jährig (+83%).

Auch innerhalb der Altersgruppe der über 65-Jährigen gibt es demografische Verschiebungen. So nimmt der Anteil der über 80-Jährigen innerhalb dieser Gruppe gegenüber 2020 um 14 Prozentpunkte auf 42 Prozent zu, im Jahr 2070 beträgt der Anteil der über 80-Jährigen 43 Prozent.

Gleichzeitig wächst der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung: Während sich im Jahr 2020 noch weniger als jede fünfte Person (19%) im Rentenalter befand, ist es 2050 bereits mehr als jede vierte (26%). Im Jahr 2070 beträgt der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung sogar 27 Prozent.

Bis 2050 sinkt der Anteil der 0- bis 19-Jährigen um 1 Prozentpunkt auf 19 Prozent, wo er bis 2070 verharrt. Der Anteil der 20- bis 64-Jährigen wiederum sinkt bis 2050 um 6 Prozentpunkte auf 55 Prozent respektive auf 54 Prozent im Jahr 2070.

Abb. 2 Altersstruktur der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz (2070; Referenzszenario)

Quellen: BFS – Bevölkerungsszenarien

 

Druck auf Erwerbspersonen steigt

Die tannenförmige Altersstruktur der heutigen Bevölkerung bestimmt auch das künftige Kräfteverhältnis der verschiedenen Altersgruppen: Als Folge der bevorstehenden Pensionierungswelle der Babyboomer steigt die Zahl der Rentnerinnen und Rentner pro Erwerbsperson stark an.

Der Altersquotient, der misst, wie viele 65-Jährige und Ältere auf 100 Personen zwischen 20 und 64 Jahren kommen, lag 1970 bei 20 und im Jahr 2020 bei 31. Bis 2050 wächst er auf 46 und bis 2070 auf 50. Auch der Jugendquotient, das heisst die Zahl der 0- bis 19-Jährigen pro 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren, steigt: 2020 betrug er 33. Bis 2050 wächst der Jugendquotient auf 35 respektive auf 36 im Jahr 2070. In Anbetracht dieser Entwicklung lässt der Druck, der aufgrund des zahlenmässigen Verhältnisses zu den Nichterwerbspersonen auf den Erwerbspersonen lastet, nicht nach.

Die Erneuerung der Erwerbsbevölkerung ist in den nächsten Jahrzehnten weitgehend der Zuwanderung zu verdanken, denn die jungen Erwerbspersonen können die hohe Anzahl altersbedingter Abgänge nicht kompensieren. Gemäss Referenzszenario gerät das Verhältnis zwischen frisch Pensionierten und jungen Erwerbspersonen in den kommenden Jahren immer stärker aus dem Gleichgewicht und entwickelt sich zulasten der Jungen. Der Quotient zwischen den 65- bis 69-Jährigen und den 20- bis 24-Jährigen steigt von 91 im Jahr 2020 auf 119 im Jahr 2031. Bis 2043 sinkt er wieder auf 101, um sich bis 2057 auf 114 zu erhöhen und dann 2070 erneut auf 105 zu fallen.

AHV-Finanzierung gefährdet

In 50 Jahren werden die heute 15- bis 19-Jährigen frisch pensioniert sein. Während des grössten Teils ihres Erwerbslebens wird sich der Altersquotient rasant erhöhen, sodass die Zahl der Erwerbspersonen pro Person im Rentenalter stark zurückgeht.

Aktuell entfallen rund drei Personen im Erwerbsalter auf eine Person im Rentenalter. 2070 wird die Rente einer 65-jährigen oder älteren Person nur noch von zwei 20- bis 64-Jährigen finanziert. Diese Veränderungen stellen Bund und AHV vor grosse finanzielle Herausforderungen.

  1. Inklusive 65-Jährige. Gilt auch für ähnliche Formulierung im ganzen Beitrag. []
  2. A-00-2020. []

Zitiervorschlag: Kohli, Raymond (2022). Anteil der Jugendlichen in der Schweiz sinkt. Die Volkswirtschaft, 29. März.