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Hürden für eine ressourceneffiziente Wirtschaft abbauen

Verhindern bestehende Normen und Gesetze eine Kreislaufwirtschaft in den Unternehmen? Eine Analyse zeigt: Oft ist nicht eine einzelne Vorschrift, sondern das Zusammenspiel zwischen rechtlichen, ökonomischen und soziokulturellen Faktoren entscheidend.
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Überflüssige Regulierung? Eine europäische Norm beschränkt zurzeit den zulässigen Anteil Recyclingmaterial im Asphalt. (Bild: Keystone)

Stellen Sie sich vor: Sie sind bei einem Unternehmen tätig und versuchen neue Lösungen zu realisieren, um die natürlichen Ressourcen zu schonen. Ein Beispiel ist die Vermeidung von Food-Waste: Vielleicht sind Sie in einer Leitungsfunktion im Detailhandel und möchten einwandfreie Lebensmittel, die wegen des Haltbarkeitsdatums nicht mehr verkauft werden dürfen, an gemeinnützige Organisationen abgeben. Oder Sie leiten ein Strassenbauprojekt und möchten Asphalt mit höherem Recyclinganteil als bisher üblich verwenden. Ihr Vorhaben erhält aber einen Dämpfer: Ihre Vorgesetzte lehnt Ihr Ansinnen mit der Begründung ab, es widerspreche geltenden Vorschriften oder Normen. Und Sie fragen sich: Müsste man, statt Gesetze zu verschärfen, nicht zuerst solche Hürden abbauen?

Genau das verlangte der Ständerat mit dem Postulat Noser[1]. Er beauftragte damit den Bundesrat, «systematisch aufzuzeigen, wo relevante Potenziale für höhere Energie- und Ressourceneffizienz sowie Kreislaufwirtschaftsansätze nicht ausgeschöpft werden und welches die Hauptgründe hierfür sind. Der Bericht soll dabei insbesondere auch jene Fälle identifizieren, wo bestehende Gesetze, Verordnungen und Reglemente die Nutzung dieser Potenziale behindern oder entsprechende Anpassungen eine Verbesserung bringen können.»

Wohnen und Bauen besonders relevant

Der Auftrag des Postulats ist sehr breit formuliert. Um sich nicht in anschaulichen, aber wenig relevanten Einzelbeispielen zu verzetteln, liess das Bundesamt für Umwelt (Bafu) in einem ersten Schritt die Konsum- und Wirtschaftsbereiche mit den grössten Potenzialen für Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft ermitteln.

Besonders vielversprechend erschien nach ersten Untersuchungen der Bereich Wohnen und Bauen. Dieser ist, neben Ernährung und Mobilität, einer der drei grössten ökologischen Hotspots. Deshalb legte das Bafu einen Fokus auf das Thema Baumaterialien. Dieses wurde in Workshops mit Fachpersonen aus Forschung und Praxis analysiert.

Zusammenspiel verschiedener Faktoren

Aus der systematischen und breiten Analyse[2] gingen nur wenige regulatorische Hürden hervor, welche für sich allein der Ressourcenschonung und der Kreislaufwirtschaft im Weg stehen. Wichtiger ist das Zusammenspiel unterschiedlicher Rahmenbedingungen – dazu zählen verschiedene Vorschriften, aber auch soziokulturelle, technisch-organisatorische und ökonomische Faktoren. Dies können eingespielte Praktiken, falsche Kostenanreize aufgrund fehlender Internalisierung externer Kosten sowie Kenntnislücken sein. So erklärten Workshop-Teilnehmende etwa, bei Architekturschaffenden und Planenden bestehe Weiterbildungsbedarf bezüglich nachhaltiger Baumaterialien (z. B. Holz).

Auch im Bereich Ernährung ist es oftmals wichtiger, wie regulatorische und nicht regulatorische Hürden zusammenspielen. So ist die kostenfreie Abgabe von geniessbaren Lebensmitteln bei Ladenschluss an gemeinnützige Organisationen oder Einzelpersonen auf Verlangen bereits heute möglich – ein regulatorisches Hindernis existiert also nicht. Für die Akteure aus dem Detailhandel bestand aber Klärungsbedarf bezüglich der genauen Regeln, sodass manche vor diesem Aufwand zurückschreckten und die Lebensmittel weiter im Kehricht entsorgten.

Möglichkeiten nutzen

Oft besteht die Herausforderung deshalb darin, neue Abläufe zu etablieren und Unsicherheiten bezüglich neuer Lösungen auszuräumen. Eine klare Kommunikation kann Unsicherheiten beseitigen, was rechtlich gilt oder als gute Praxis etabliert ist. Deshalb hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) mit einem Informationsschreiben an die Lebensmittelbranche Klarheit geschaffen – weitere Erleichterungen auf Gesetzesstufe werden geprüft.

Wichtig ist auch, dass man Firmen für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisiert. Im Baubereich wird das Bafu deshalb mit der Branche zusammen abklären, welcher Bedarf zur Stärkung der Aus- und Weiterbildung sowie an Information und Beratung bei Nachhaltigkeitsthemen besteht.

Auch wenn soziokulturelle und weitere Faktoren wichtig sind: Für den Staat bleibt es eine Daueraufgabe, bestehende Regulierungen regelmässig zu evaluieren im Hinblick darauf, ob sie noch den heutigen Bedürfnissen entsprechen. Wo nötig, gilt es Regulierungen auch so anzupassen, dass sie unternehmerische Bestrebungen in Richtung Kreislaufwirtschaft stärken. Einzelne solche Hürden werden derzeit angegangen.

So etwa beim Strassenbau. Dort stellt sich die Frage, ob die in der Normierung von Asphalt[3] festgelegten maximalen Anteile an Recyclingmaterial nicht erhöht werden könnten. Da es sich hierbei um eine harmonisierte europäische Produktnorm handelt, soll auf europäischer Ebene mit Schweizer Beteiligung über eine mögliche Erhöhung der zulässigen Anteile diskutiert werden.

Auch bei öffentlichen Beschaffungen will der Bund mit gutem Beispiel vorangehen. Die bereits beschlossenen Änderungen im Vergaberecht namentlich bezüglich Nachhaltigkeit, Qualität und Innovation will er künftig in der Ausschreibungspraxis umsetzen. Und um möglichen Hürden in Form von technischen Handelshemmnissen vorzubeugen, begleitet und gestaltet das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) die Entwicklung der europäischen Bauproduktgesetzgebung aktiv mit.

  1. Postulat Noser (18.3509): «Die Hürden gegen Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft abbauen». Für Postulatsbericht siehe Bundesrat (2022). []
  2. Spörri et al. (2021). []
  3. Asphalt-Norm SN EN 13108 (VSS). []

Literaturverzeichnis

Bibliographie

Zitiervorschlag: Hauser, Andreas; Gurtner, Rolf (2022). Hürden für eine ressourceneffiziente Wirtschaft abbauen. Die Volkswirtschaft, 12. April.

Parlamentarische Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken»
Thematisch mit dem Postulat Noser verwandt ist die parlamentarische Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken». Eingereicht hat sie die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats. Die Vorlage ist eine Anpassung des Umweltschutzgesetzes (USG). Die Vernehmlassungsvorlage sieht vor, die Abfallhierarchie zu stärken, um so die Stoffkreisläufe zu schliessen. Zudem enthält sie neue Möglichkeiten zur Förderung von Information, Beratung sowie Aus- und Weiterbildung. Ebenso soll es möglich werden, Anforderungen bezüglich der Kreislauffähigkeit und der Ressourcenschonung an Verpackungen, Produkte und Bauwerke zu stellen. Dabei werden die Emissionen entlang des ganzen Produktlebenszyklus einbezogen, von der Herstellung eines Produkts über den Transport, die Lagerung, den Verkauf und die Nutzung bis zur Entsorgung.