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Pandemie löst Innovationsschub aus

Pandemie löst Innovationsschub aus

Besonders innovativ in den vergangenen Jahren war die Pharmabranche. (Bild: Alamy)

Die Weltorganisation für geistiges Eigentum (Wipo) will Innovation für eine nachhaltige Zukunft ermöglichen. Dazu betreut die Sonderorganisation der Vereinten Nationen unter anderem die internationalen Übereinkommen zum Schutz von Patenten, Marken, gewerblichen Mustern sowie anderen Rechten des geistigen Eigentums.

Als Chefökonom der Wipo hatte ich im März 2020 eine gefüllte Mailbox mit Anfragen zu den wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie auf die Immatrialgüterrechte: Forschungsorganisationen und nationale Patentämter wollten beispielsweise wissen, wie sich die Krise auf die Nachfrage nach Patenten und Marken auswirkt oder wie die Pandemie die globale Innovationslandschaft verändert.

Instinktiv griff ich bei meinen Antworten auf die Erfahrungen früherer Wirtschaftskrisen zurück – insbesondere auf das Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende und die Finanzkrise ab 2008. Diese Erfahrungen und eine Weltwirtschaft, die im Frühjahr 2020 von einer Klippe stürzte, führten bei mir zu einer recht pessimistischen Einschätzung der nahen Zukunft.

Im Nachhinein lässt sich sagen: Die Innovationswirtschaft hat die Covid-Krise viel besser gemeistert, als ich vorausgesagt hatte. In gewisser Weise hat die Pandemie der Innovationstätigkeit sogar eine neue Dynamik verliehen: Die internationalen Markenanmeldungen, welche mit der Einführung neuer Waren und Dienstleistungen einhergehen, sind im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr um rund 15 Prozent gestiegen.

Die Innovationswirtschaft hat die Covid-Krise viel besser gemeistert als frühere Weltwirtschaftskrisen

Natürlich gab es – vor allem zu Beginn der Krise – auch negative Auswirkungen. Die Zahl an neuen internationalen Markenanmeldungen ging im Jahr 2020 zurück und verzeichnete damit den ersten Rückgang seit 2009. Und in Branchen wie der Automobil-, der Reise-, der Freizeit- und der Gebrauchsgüterindustrie waren die Investitionen in Forschung und Entwicklung im Jahr 2020 ebenfalls rückläufig.

Andere Branchen verstärkten hingegen ihre Innovationsaktivitäten – allen voran die Pharma-, die Biotechnologie- und die Medizintechnikindustrie, deren Innovationen bei der Bekämpfung der Krise im Gesundheitswesen eine zentrale Rolle spielten. Aber auch andere Sektoren wie Hersteller von Fitnessgeräten und Küchenutensilien oder IT-Dienstleister profitierten von den pandemiebedingten Konsumverschiebungen und fragten geistige Eigentumsrechte nach.

Zum unter dem Strich günstigen Innovationsklima beigetragen hat auch die Geld- und Steuerpolitik, die dafür sorgte, dass die Innovationsfinanzierung im Gegensatz zu früheren Krisen weniger beeinträchtigt war. Abgesehen von einem kurzen Einbruch im Frühjahr 2020 waren so immer ausreichend Finanzmittel vorhanden. Die Zahl der Risikokapitalfinanzierungen nahm in den Jahren 2020 und 2021 weltweit sogar weiter stark zu.

Natürlich ist die Bilanz noch vorläufig. Viele der durch die Pandemie verursachten Umbrüche werden dauerhafte Auswirkungen haben: Man denke an die Karrieren einzelner Forschender, die wissenschaftliche Zusammenarbeit und die Ausrichtung innovativer Projekte. Wir Ökonomen werden uns sicherlich noch jahrelang mit diesem Thema beschäftigen.

Zitiervorschlag: Carsten Fink (2022). Pandemie löst Innovationsschub aus. Die Volkswirtschaft, 02. Mai.