Telefonfilter schützt vor unerbetenen Werbeanrufen
Callcenter auf den Philippinen. (Bild: Alamy)
Seit Januar 2021 werden auch Personen vor unerbetenen Werbeanrufen geschützt, die nicht im Telefonbuch aufgeführt sind. Grund dafür ist eine im Rahmen der Revision des Fernmelderechts vorgenommene Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Neu sind beispielsweise alle Handybesitzer, die ihre Nummer nicht im Telefonbuch eintragen haben, geschützt. Vorher waren nur diejenigen Telefonbesitzer vom UWG erfasst, die über einen Sterneintrag im Telefonbuch verfügten. Allerdings: Wer im Telefonbuch ohne Stern eingetragen ist, muss – auch mit der Gesetzesrevision – unerbetene Werbeanrufe in Kauf nehmen.
Die Anpassungen des Fernmelderechts bringen für die Kundschaft eine weitere Verbesserung: Seit Juli 2021 müssen die Telekomfirmen in der Schweiz einen Anruffilter für Handy und Festnetz anbieten, der unerwünschte Werbeanrufe automatisch blockiert. Einzelne Anbieter hatten diesen Service bereits vor der Gesetzesrevision freiwillig zur Verfügung gestellt.
Die Ausweitung des rechtlichen Schutzes auf Personen, die nicht im Telefonbuch eingetragen sind, führte beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) zu einem Anstieg der Beschwerden – zumindest drängt sich ein solcher Zusammenhang auf. Gegenüber 2020 nahm die Zahl der Meldungen zu unerwünschten Werbeanrufen um über ein Viertel zu (siehe Abbildung). Allerdings sind die Zahlen der beiden Jahre nicht ganz vergleichbar, da seit 2021 die Meldungen von Personen, die im Telefonbuch ohne Stern aufgeführt sind, neu nicht mehr erfasst werden.
Anzahl Beschwerden zu Werbeanrufen beim Seco (2017 bis 2021)
Anmerkung: In den Jahren 2017 bis 2020 hat das Seco sämtliche Beanstandungen zu unerbetenen Werbeanrufen erfasst. Seit 2021 werden nur noch Meldungen zu lauterkeitswidrigen Werbeanrufen entgegengenommen. Diese setzen sich aus den Werbeanrufen trotz Sterneintrags und den Werbeanrufen auf Rufnummern, die nicht im Telefonbuch eingetragen sind, zusammen. Quelle: Seco / Die Volkswirtschaft
In der Praxis ist die Strafverfolgung meist schwierig, insbesondere, wenn Werbeanrufe aus Callcentern ausserhalb der EU getätigt werden. Häufig betrifft dies die Akquise von neuen Kunden im Krankenkassenbereich. So versuchen einige ausländische Anrufer – im Auftrag von Zwischenhändlern – die Kunden dazu zu bringen, einen Termin bei einer Schweizer Krankenkasse zu vereinbaren.
Viele Callcenter wenden zudem vermehrt einen unerlaubten technischen Kniff an, der als Spoofing bekannt ist: Auf dem Telefondisplay der Angerufenen erscheint eine falsche Nummer. Dies verunmöglicht es den Strafbehörden, die Täterschaft zu identifizieren.
Geoblocking verboten
Eine weitere Teilrevision des UWG betrifft das Onlineshopping. In den vergangenen Jahren hatte das sogenannte Geoblocking für Ärger bei der Kundschaft gesorgt: Klickte eine Käuferin aus der Schweiz beispielsweise auf eine ausländische Website mit der Endung .de oder .fr, wurde sie automatisch auf eine Site mit der Endung .ch umgeleitet – mit meist deutlich höheren Preisen.
Seit Anfang 2022 ist diese automatische Umleitung verboten: Die Schweizer Kundschaft muss neu die Möglichkeit haben, ihren Einkauf – ohne Preiserhöhung – auch auf ausländischen Websites zu tätigen. Doch die Sache hat einen Haken: Ausländische Anbieter sind nicht verpflichtet, die Ware in die Schweiz zu liefern. In der Realität bieten viele ausländische Onlineshops keine Paketzustellung in die Schweiz an. Stattdessen verweisen sie – weiterhin – auf eine Site mit der Endung .ch, wo die Preise vielfach höher sind.
Von der neuen Regelung profitiert also nur, wer über eine Lieferadresse im Ausland verfügt. Einen Ausweg bieten spezialisierte Lieferdienste, die gegen eine Entschädigung die Verzollung übernehmen und die Ware an die Kundschaft in der Schweiz weiterschicken.
Somit gilt: Auch mit der UWG-Revision kann rechtlich nicht gegen höhere Preise einer Schweizer Website vorgegangen werden. Nur wer automatisch auf eine Schweizer Domain mit höheren Preisen weitergeleitet wird, ist zu einer Zivilklage berechtigt. Allerdings gibt es diesbezüglich noch keine Rechtsprechung. Eine Verpflichtung für Anbieter, in ein anderes Land zu liefern, besteht im Übrigen auch nicht zwischen EU-Staaten.
Irreführende Mieterwebsite abgeschaltet
Einen Erfolg konnte das Seco im Zusammenhang mit der irreführenden Website Mieterschutz-verband.ch erzielen. Nach einem rechtskräftigen Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom Oktober 2021 musste die Website abgeschaltet werden. Das Seco hatte bereits 2017 Strafantrag gegen den Inhaber der Website eingereicht.
Anlass waren Beschwerden aus der Bevölkerung sowie eine Sammelbeschwerde des Mieterinnen- und Mieterverbandes Deutschschweiz. Demnach führte der irreführende Internetauftritt des im Mietrecht tätigen Unternehmens zu Verwechslungen mit dem Mieterinnen- und Mieterverband. Ohne es zu wissen, lösten viele Mietende somit eine Mitgliedschaft beim «falschen» Anbieter.
Über 15’000 Beschwerden
Insgesamt gingen beim Seco im vergangenen Jahr über 15’000 Beschwerden wegen unlauterer Geschäftspraktiken ein.[1] Den Löwenanteil der Fälle betrafen mit über 13’000 Beschwerden die erwähnten Werbeanrufe. Rund 1000 Meldungen wurden im Zusammenhang mit «Irreführung» gemacht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein gekauftes Produkt systematisch nicht geliefert wird oder wenn Produktinformationen auf einer Website nicht den Tatsachen entsprechen. Weitere Beschwerden betrafen den Adressbuchschwindel, Internetschwindeleien sowie missbräuchliche Geschäftsbedingungen.
Im Jahr 2021 mahnte das Seco 16 Unternehmen ab. Bei den zuständigen kantonalen Staatsanwaltschaften reichte das Seco 11 Strafklagen ein. Die vom Seco eingeleiteten Straf- und Zivilverfahren führten insgesamt zu 23 Strafbefehlen und Urteilen kantonaler Staatsanwaltschaften beziehungsweise Gerichte.
Wer von Werbeanrufen, Adressbuchschwindel, Irreführungen oder anderen unlauteren Geschäftspraktiken betroffen ist, kann sich auf der Website des Seco beschweren. Dies hat den Vorteil, dass Meldungen gebündelt zur Anzeige gebracht werden können. Dabei sind genaue Angaben wichtig. Gerade bei Werbeanrufen ist es oft schwierig, die Identität des Anrufers zu ermitteln.
- Detaillierte Zahlen auf der Seco-Website unter Unlauterer Wettbewerb. []
Zitiervorschlag: Barman, Philippe; Sonderegger, Stefan (2022). Telefonfilter schützt vor unerbetenen Werbeanrufen. Die Volkswirtschaft, 16. Mai.