Ein wichtiges KI-Forschungsfeld: Selbstfahrende Autos. (Bild: Alamy)
Rund 50 Kilometer nördlich von der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart entsteht derzeit einer der grössten europäischen Innovationsparks zur künstlichen Intelligenz (KI). Mit dem «Innovationspark KI» in Heilbronn will das deutsche Bundesland das Qualitätssiegel «KI – made in Baden-Württemberg» weiter stärken. Denn in der Europäischen Union besteht bei KI Aufholbedarf: Eine Studie der europäischen Investitionsbank geht von einer jährlichen Investitionslücke gegenüber China und den USA von 4 bis 8 Milliarden Euro aus.[1]
Der neue Innovationspark soll die Kommerzialisierung der Schlüsseltechnologie KI weiter voranbringen und den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg nachhaltig stärken. Das Bundesland kann dabei auf eine herausragende Forschungslandschaft als Ausgangsbasis zurückgreifen, wie beispielsweise die KI-Landkarte der Plattform «Lernende Systeme» der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften Acatech zeigt.
Die Idee für einen Innovationspark zu KI wurde im August 2018 im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg geboren. Eine vom Immobiliendienstleister CBRE durchgeführte Machbarkeitsstudie ergab anschliessend, dass in verschiedenen Regionen des Bundeslandes grosses Interesse an einem solchen Innovationspark besteht.
Impuls für Wirtschaft
Eine Onlineumfrage mit mehr als 1000 Teilnehmenden aus insbesondere Wirtschaft und Forschung sah die Nutzervorteile vornehmlich beim Ökosystem innerhalb des Parks und sich daraus ergebenden Kooperationen, beim Zugang zu KI-Talenten, bei der Nutzung von Reallaboren und Testfeldern, beim Zugang zu moderner IT- und Kommunikationsinfrastruktur wie Hochleistungsrechenkapazitäten und 5G sowie beim Zugang zu Datenpools und Risikokapital. Die Studie prognostizierte zudem, dass von einem Innovationspark umfassende positive wirtschaftliche Auswirkungen, insbesondere positive Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte, erwartet werden können.[2]
In einem offenen Wettbewerbsverfahren wurde das Konzept ausgewählt, welches wirtschaftlich, finanziell und ökologisch tragfähig und am geeignetsten für eine zügige Realisierung erschien. Das Bundesland Baden-Württemberg stellt als Anschubfinanzierung für Errichtungsinvestitionen und den Aufbau eines Geschäftsmodells mindestens 47,5 Millionen Euro bereit. Die Kofinanzierung der Förderung wird ausschliesslich durch private Mittel geleistet. Bei der Betrachtung anderer deutscher, europäischer oder auch chinesischer Parks wie des Technologieparks Adlershof in Berlin, des Switzerland Innovation Park oder eines KI-Forschungsparks in Peking wird klar, dass auch ausserhalb Baden-Württembergs der Ansatz verfolgt wird, mit physischen Innovations-Ökosystemen wichtige Impulse für die Innovationsentwicklung eines Landes oder einer Region zu setzen.
Der Mensch im Zentrum
Als Innovations- und Wertschöpfungszentrum für KI-basierte Produkte und Dienstleistungen soll der Innovationspark KI einen substanziellen Beitrag zur Kommerzialisierung von ethisch verantwortungsvoller und menschzentrierter KI aus Europa leisten und auf diese Weise ein klares Signal für Europa im intensiven internationalen Wettbewerb bei KI aussenden. Der Innovationspark soll dazu beitragen, die Wirtschaft zielgerichtet zu diversifizieren und neue Beschäftigungsfelder zu erschliessen. Hier soll die gesamte Wertschöpfungskette der KI von der Qualifizierung über Forschung und Kommerzialisierung bis hin zur Anwendung abgedeckt werden.
Baden-Württemberg will mit dem Innovationspark internationale Unternehmen, Start-ups, Forschungsakteure, Fachkräfte, Talente sowie Investoren, Business-Angels und Risikokapitalgeber anziehen und auch für «Women in AI» attraktiv sein. Dazu will der Park optimale Innovations- und Standortbedingungen bieten und ein Ort des Austauschs sein.
Nicht zuletzt soll der Park mithelfen, den Klimawandel zu bewältigen, indem er im Sinne des europäischen Green Deals auf Nachhaltigkeit setzt. So erarbeitet die deutsche Fraunhofer-Gesellschaft derzeit ein Greenbook als Grundlage für das weitere Vorgehen. Darin wird aufgezeigt, wie die Realisierung des Innovationsparks neue Nachhaltigkeitsmassstäbe setzen kann – im Hinblick auf Klimaneutralität und in technologischer und sozialer Hinsicht.
KI im «KI-Salon» erleben
Als Kernleistungen des Innovationsparks KI sind unter anderem ein Innovationszentrum für Start-ups, Büroflächen für Unternehmen, Reallabore und Infrastruktur für Forschung und Entwicklung sowie ein Daten- und Rechenzentrum, welches den Unternehmen die entsprechende Hardware und Cloud-Lösungen sowie Datenpools bietet, geplant. Darüber hinaus dient ein Besucher- und Schulungszentrum dem Wissenstransfer und der Qualifizierung. Zudem soll ein «KI-Salon» die Sphären Ethik, Kunst, Kultur und das Design von KI erlebbar machen und einen fortlaufenden Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen. Mit einem weltweiten «Enterprise AI Award» will der Innovationspark zudem KI-Talente auszeichnen. Die erstmalige Verleihung des Awards ist für 2023 geplant.
Da der Faktor Zeit im globalen KI-Wettbewerb eine entscheidende Rolle spielt, herrscht ein straffer Zeitplan: Ab Sommer 2022 stehen am Initialstandort 1200 Quadratmeter an Büroflächen zur Verfügung. Ab 2023 soll ein Neubau mit zusätzlichen 6000 Quadratmeter Fläche bezogen und erste Kernleistungen des Innovationsparks aufgebaut werden. Ab 2026 soll der Bezug von Neubauten am rund 23 Hektaren grossen Hauptstandort Steinäcker folgen.
- European Investment Bank (2021). Artificial Intelligence, Blockchain and the Future of Europe: How Disruptive Technologies Create Opportunities for a Green and Digital Economy: Main Report, Oktober. []
- CBRE (2020). Vorgezogener Ergebnisbericht für das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg zur Machbarkeitsstudie zum Innovationspark KI, Dezember. []
Zitiervorschlag: Schneider, Verena (2022). Baden-Württemberg fördert KI mit Innovationspark. Die Volkswirtschaft, 13. Juni.