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Immaterialgüterrecht ist Wirtschaftsrecht

Immaterialgüterrecht ist Wirtschaftsrecht

«Das Immaterialgüterrecht schafft Anreize, damit Innovative und Kreative bereit sind, in Forschung und Entwicklung sowie in ihre kreativen Werke zu investieren.» (Bild: Keystone)

Was macht ein Ökonom inmitten von Juristen? Seit bald 20 Jahren gibt es beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) den Posten des Chefökonomen. Im IGE laufen alle Fäden des Bundes zum Immaterialgüterrecht zusammen. Das Immaterialgüterrecht schafft unter anderem durch den Patent- oder den Urheberrechtsschutz Anreize, damit Innovative und Kreative bereit sind, in Forschung und Entwicklung sowie in ihre kreativen Werke zu investieren. Vereinfacht gesagt, tut es dies, indem es Erfinder vor Trittbrettfahrern schützt.

Es ist offensichtlich: Immaterialgüterrecht ist Wirtschaftsrecht. Bei der rechtlichen Ausgestaltung spielen ökonomische Überlegungen eine entscheidende Rolle.

Seit 2008 bin ich Chefökonom des IGE. Während in ausländischen Marken- und Patentämtern die Ökonomenteams grossteils aus Ökonometrikern bestehen, ist mein Hintergrund wirtschaftspolitischer Natur. Mein Team analysiert für das Institut relevante ökonomische Literatur und gibt Schweiz-spezifische Studien in Auftrag. Daraus können auch Artikel in «Die Volkswirtschaft» entstehen, wie jener zum Thema Pharmamarkt Schweiz.

Was macht ein Ökonom inmitten von Juristen?

Ein wichtiger Teil unserer Arbeit sind sogenannte Regulierungsfolgenabschätzungen. Wird ein Gesetz oder eine Verordnung überarbeitet, so werden auch immer Abschätzungen zu den ökonomischen Auswirkungen gemacht. Für zwei laufende Gesetzesrevisionen aus den Bereichen Urheberrecht und Patente lassen wir momentan entsprechende Studien erarbeiten.

Daneben beschäftigen wir uns aber auch mit immaterialgüterrechtlich spannenden Zukunftsfragen. So läuft im Moment ein interdisziplinäres Projekt, in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich, zum Thema «Künstliche Intelligenz (KI) und geistiges Eigentum». Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob von KI-Systemen gemachte Erfindungen patentierbar sein sollen. Oder gemeinsam mit dem Patent- und Markenamt in Singapur untersuchen wir den Einfluss der Blockchain-Technologie auf den Umgang mit geistigem Eigentum.

Bei diesen herausfordernden Zukunftsthemen stellen sich grundsätzliche ökonomische Fragen: Sind die bisherigen regulatorischen Eingriffe in den Markt gerechtfertigt? Braucht es andere? Zur Beantwortung dieser – und auch anderer – Fragen erweist sich am IGE das Zusammenspiel zwischen juristischem und ökonomischem Sachverstand als fruchtbar.

Zitiervorschlag: Hansueli Stamm (2022). Immaterialgüterrecht ist Wirtschaftsrecht. Die Volkswirtschaft, 16. August.