Trend zu Teilzeitarbeit hält an
Vater-Kind-Turnen in Lachen SZ. Die Teilzeitquote von Vätern mit Kleinkindern hat deutlich zugenommen. (Bild: Keystone)
Der Trend zu mehr Teilzeitarbeit hat in den letzten 30 Jahren in der Schweiz konstant an Bedeutung gewonnen. Während 1991 ein Viertel der Erwerbstätigen zu einem Beschäftigungsgrad von weniger als 90 Prozent arbeitete, waren es im Jahr 2021 bereits 37 Prozent. Dieser starke Anstieg lässt sich sowohl bei Frauen als auch bei Männern beobachten. 1991 arbeitete schon fast die Hälfte der erwerbstätigen Frauen Teilzeit (49 Prozent), und dieser Anteil ist bis 2021 weiter gestiegen (auf 59 Prozent). Bei den Männern ist Teilzeitarbeit deutlich weniger verbreitet, der Anteil hat sich in den letzten 30 Jahren aber mehr als verdoppelt (von 8 auf 18 Prozent).
Familiensituation ist oft ein Grund
Die Familiensituation übt insbesondere bei den Frauen einen starken Einfluss auf die Teilzeiterwerbstätigkeit aus. So arbeiten nahezu 80 Prozent der erwerbstätigen Mütter mit mindestens einem Kind, das jünger ist als 15 Jahre, auf Teilzeitbasis. Gegenüber 1991 hat sich dieser Anteil kaum verändert (siehe Abbildung 1). Bei Frauen ohne Kinder unter 15 Jahren sind Teilzeitpensen generell zwar weniger stark verbreitet. Allerdings hat sich hier die Teilzeitquote in den letzten 30 Jahren um 9 Prozentpunkte auf 48 Prozent erhöht.
Bei den Männern war 1991 das Gegenteil der Fall: Männer ohne Kinder unter 15 Jahren waren dreimal häufiger Teilzeit erwerbstätig als Väter mit Kindern unter 15 Jahren, was unter anderem auf das damals stärker verbreitete traditionelle Erwerbsmodell «Vater Vollzeit erwerbstätig, Mutter nicht erwerbstätig» zurückzuführen ist. Für Väter, deren jüngstes Kind noch im Vorschulalter ist, gibt es seither aber eine klare Tendenz zu wachsender Teilzeitbeteiligung zu verzeichnen. Ihre Teilzeitquote ist zwischen 1991 und 2021 von 2 auf 15 Prozent gestiegen und befand sich 2021 somit auf gleichem Niveau wie jene der Männer ohne jüngstes Kind unter 15 Jahren.
Abb. 1: 15- bis 64-jährige Teilzeiterwerbstätige nach Familientyp und Geschlecht (1991–2021)
Quelle: BFS, Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (Sake)
Doch was ist der Grund für die Teilzeitarbeit? Im Jahr 2021 gab fast die Hälfte der Teilzeit erwerbstätigen Frauen familiäre und persönliche Verpflichtungen als Grund für den reduzierten Beschäftigungsgrad an (47 Prozent). An zweiter Stelle folgt das mangelnde Interesse an einer Vollzeitstelle (17 Prozent). Auch bei Teilzeit erwerbstätigen Männern ist letzterer Grund stark verbreitet (19 Prozent), gefolgt von der Aus- und Weiterbildung und familiären und persönlichen Verpflichtungen, die je 16 Prozent ausmachen.
Handwerker arbeiten meist Vollzeit
Neben der Familiensituation sind auch der Beruf und die Branche ein wichtiger Faktor für Teilzeiterwerbstätigkeit. So arbeitet mehr als die Hälfte der Hilfsarbeitskräfte (55 Prozent) und der Erwerbstätigen in Dienstleistungs- und Verkaufsberufen (53 Prozent) Teilzeit (siehe Abbildung 2). Diese beiden Berufshauptgruppen zeichneten sich bereits 1991 durch die höchsten Teilzeitquoten aus. Demgegenüber wird in Handwerks- und verwandten Berufen vergleichsweise selten Teilzeit gearbeitet (13 Prozent). Verglichen mit 1991 hat sich der Teilzeitanteil bei Technikern und gleichrangigen nicht technischen Berufen sowie bei Führungskräften verdoppelt.
Auch nach Wirtschaftsbranche zeigt sich ein heterogenes Bild. Teilzeitpensen waren im Jahr 2021 in den Branchen «Baugewerbe» (15 Prozent) und «Verarbeitendes Gewerbe, Energieversorgung» (17 Prozent) vergleichsweise schwach vertreten. Auf der Gegenseite arbeiteten in den Branchen «Kunst, Unterhaltung, private Haushalte, sonstige Dienstleistungen» und «Erziehung und Unterricht» mehr als drei von fünf Erwerbstätigen zu einem reduzierten Beschäftigungsgrad (63 Prozent bzw. 61 Prozent; siehe Abbildung 3).
Abb. 2: 15-jährige und ältere Teilzeiterwerbstätige nach Berufshauptgruppe (1991 und 2021)
*1991: Extrapolation aufgrund von weniger als 50 Beobachtungen. Die Resultate sind mit grosser Vorsicht zu interpretieren.
Quelle: BFS, Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (Sake)
Abb. 3: 15-jährige und ältere Teilzeiterwerbstätige nach Branche (1991 und 2021)
Quelle: BFS, Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (Sake)
Frauen arbeiten häufiger im Jobsharing
Jede zehnte Teilzeit erwerbstätige arbeitnehmende Person gibt an, im Jobsharing zu arbeiten. Bei dieser Arbeitsform teilen sich zwei Teilzeit erwerbstätige Personen eine Stelle und deren Verantwortlichkeiten. Im Allgemeinen gibt es dabei nur eine Stellenbeschreibung. Frauen teilen sich häufiger eine Stelle mit einer anderen Person als Männer. Nach Wirtschaftsbranche betrachtet, wird Jobsharing im «Gastgewerbe» (13 Prozent der Teilzeit erwerbstätigen Arbeitnehmenden) und in der Branche «Erziehung und Unterricht» (19 Prozent) am häufigsten praktiziert, gegenüber knapp 5 Prozent in der Branche «Information und Kommunikation».
Im 4. Quartal 2021 arbeiteten hierzulande 39 Prozent der Erwerbstätigen zu einem Beschäftigungsgrad von weniger als 100 Prozent (internationale Definition der Teilzeiterwerbstätigkeit). Diese Teilzeitquote wird im europäischen Vergleich einzig von den Niederlanden überboten (43 Prozent). In der EU27 ist im Durchschnitt jede fünfte Person Teilzeit erwerbstätig (19 Prozent). In den Nachbarländern Österreich und Deutschland liegt die Teilzeitquote bei 30 Prozent, in Italien (19 Prozent) und Frankreich (18 Prozent) ist sie viel tiefer. Mit Anteilen von weniger als 5 Prozent ist diese Arbeitsform in Bulgarien (2 Prozent), Rumänien (3 Prozent) und der Slowakei (4 Prozent) äusserst selten. Bis auf Rumänien sind in allen Ländern Frauen häufiger Teilzeit erwerbstätig als Männer. In der EU27 arbeiten durchschnittlich 30 Prozent der erwerbstätigen Frauen Teilzeit gegenüber 9 Prozent der Männer, in der Schweiz ist die Geschlechterdifferenz sogar noch grösser (Frauen: 61 Prozent; Männer: 20 Prozent).
Zitiervorschlag: Perrenoud, Silvia (2022). Trend zu Teilzeitarbeit hält an. Die Volkswirtschaft, 22. August.