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Andrea Debbané,

Kühne + Nagel mit Sitz in Schindellegi im Kanton Schwyz ist das weltweit grösste See- und Luftfrachtunternehmen. Wir sind auf Technologien angewiesen, die grosse Distanzen ohne Halt überwinden, schwere Lasten und Volumina tragen und extremen Wetterbedingungen standhalten können. Dies macht den Übergang zu sogenannten sauberen Technologien für uns zu einer besonderen Herausforderung.

Während die Verbreitung von Elektrofahrzeugen für den Personenverkehr vor allem in städtischen Gebieten und Ballungsräumen zunimmt, ist diese Technologie aktuell weder für den Fern- und Schwerlastverkehr auf der Strasse noch für den Langstreckenverkehr in der Luft oder auf See geeignet.

Deshalb fordern wir – genauso wie unsere Kunden – alternative umweltfreundliche Verkehrslösungen. Auch die aktuelle geopolitische und wirtschaftliche Lage lässt das Interesse an nachhaltigen Lieferketten wachsen. Die gute Nachricht ist, dass die Logistikbranche schon länger in verschiedene Technologien investiert. Dazu gehören die Brennstoffzelle sowie kohlestoffarme Treibstoffe, sogenannte Biofuels.

Die ersten Brennstoffzellen-LKWs sind bereits auf dem Markt, Kühne + Nagel wird eines der ersten Unternehmen sein, die sie 2025 in Betrieb nehmen. Es ist aber noch ein langer Weg, bis alle Schiffe, LKWs und Flugzeuge mit dieser oder einer anderen sauberen Energie angetrieben werden. Als kurz- bis mittelfristige Lösung investiert die Industrie daher in die Entwicklung von Biofuels, zum Beispiel nachhaltigen Flugtreibstoffen (Sustainable Aviation Fuel oder SAF) und hydriertem Pflanzenöl für den LKW-Verkehr.

Die ersten Brennstoffzellen-LKWs sind bereits auf dem Markt

Nachfrage und Produktion von Biokraftstoffen nehmen weltweit zu, aber nicht in jenem Tempo, das ein Netto-null-Emissionsszenario bis zum Jahr 2050 verlangen würde. Kühne + Nagel kauft und fördert Biokraftstoffe. Diese werden hauptsächlich aus Biomasse hergestellt und in bestehenden Kraftstofftanks mit herkömmlichen fossilen Kraftstoffen gemischt. Die grosse Herausforderung besteht darin, Biokraftstoffe in ausreichenden Mengen und zu erschwinglichen Preisen bereitzustellen.

Die Kosten für saubere Kraftstoffe sollten nicht höher sein als für fossile Kraftstoffe heute. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Länder Vorschriften für kohlenstoffarme Kraftstoffe und Treibhausgasintensitätsziele erlassen sowie finanzielle Anreize setzen.

Ergänzend sind Big Data und Analytik im Transportwesen entscheidend. Sie helfen uns, die Ausgangswerte festzulegen, Fortschritte zu verfolgen und Verbesserungen voranzutreiben. Ebenso können wir die «grünsten» Transportwege für unsere Kunden simulieren. Mit dem Sea Explorer hat Kühne + Nagel zudem eine Plattform entwickelt, die Echtzeitinformationen über Seefrachtdienste und -routen mit weiteren Daten kombiniert. Damit können unsere Kunden unter anderem den Transportweg mit den geringsten CO2-Emissionen auswählen.

Die Zukunft liegt nicht nur in der Elektromobilität. Wir müssen für alle Technologien offen sein. Der Weg hin zu einem kohlenstofffreien Transport erfordert Engagement, Konzentration und Ausdauer. Dies ist ein Wettlauf, den wir für den Planeten und die Menschheit gewinnen müssen.

Zitiervorschlag: Debbané, Andrea (2022). Transportbranche: Elektromobilität ist nicht alles. Die Volkswirtschaft, 25. Oktober.