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Freihandels­abkommen: Unternehmen unterstützen – aber wie?

Freihandelsabkommen können für Unternehmen zahlreiche Vorteile bringen, vor allem Zolleinsparungen. Doch wie wird die Nutzung der Abkommen für die betroffenen Unternehmen einfacher? Eine Studie macht Vorschläge.
Güter werden am Flughafen Zürich für den Export vorbereitet. (Bild: Keystone)

Freihandelsabkommen (FHA) regeln unter anderem den Zollabbau beim Warenhandel zwischen zwei oder mehreren Staaten. Schweizer Unternehmen profitieren jedoch nicht automatisch von den reduzierten Zollansätzen. Vielmehr müssen sie verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählt etwa die Einhaltung der sogenannten Ursprungsregeln. Diese verlangen, dass die Güter zu einem genügend grossen Anteil in der Schweiz hergestellt werden. Andernfalls bezahlen die Unternehmen trotz bestehendem FHA den regulären Zoll.[1]

Verschiedene öffentliche und private Anbieter wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), der Exportförderer Switzerland Global Enterprise (S-GE) oder die kantonalen Handelskammern unterstützen die Unternehmen mit Informationen und Anleitungen dabei, die FHA zu nutzen. Doch oft bieten sie nicht die praxisnahe Hilfe, die sich die Unternehmen wünschen. Dies haben die Firmenbefragungen des Seco aus den Jahren 2021 und 2022 ergeben.

Vielfältiges Informationsangebot mit Verbesserungspotenzial

Im Februar 2022 veröffentlichte der Bundesrat eine Gesamtschau zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz. Darin beauftragte er das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, zu prüfen, ob – und gegebenenfalls wie – die Nutzung von FHA für die Wirtschaftsakteure vereinfacht und verbessert werden könnte.

Das Beratungsunternehmen EY Schweiz hat für das Seco eine entsprechende Studie[2] erarbeitet. Die Autoren haben dazu das bestehende Informationsangebot analysiert sowie 45 Interviews mit Experten und Wirtschaftsvertretern geführt. Ausländische Informationsangebote dienten als Vergleichsbasis.

Die Studie zeigt: Das aktuelle inländische Beratungsangebot zur Nutzung von FHA ist vielfältig. Es umfasst unter anderem Fachbeiträge auf Websites (wie etwa beim Seco), Webinare (beispielsweise von S-GE), Seminare (etwa der Handelskammern) oder E-Learnings wie die des BAZG.[3] Zudem gibt es Tools wie zum Beispiel die Zolldatenbank von S-GE, die Zollansätze von mehr als 160 Ländern sowie die Ursprungsregeln der FHA der Schweiz/Efta listet, oder den elektronischen Zolltarif «Tares» des BAZG, welcher über die Schweizer Zollansätze informiert. Insgesamt decken die nationalen Unterstützungsangebote viele Informationen ab, die für ein Unternehmen zur Nutzung von Zolleinsparungen relevant sind. Die Analyse zeigt aber auch Verbesserungspotenzial beim bestehenden Angebot.

Firmen möchten Vereinfachung

Doch wie genau könnte eine Verbesserung aussehen? Interviews mit Unternehmen, Spediteuren, Handelskammern und Wirtschaftsverbänden ergaben, dass die bestehenden Informationsangebote trotz vieler guter Elemente oftmals unübersichtlich und zu wenig benutzerfreundlich sind. Zudem sind gewisse Informationen nur schwer auffindbar.

Dies wiegt umso schwerer, als die Anwendung von FHA komplex ist. Viele der Befragten gaben an, dass das Wissen darum, wie man ein FHA nutzt, im Selbststudium angeeignet werden müsse. Das macht den Gebrauch von FHA insbesondere für unerfahrene Anwender schwierig. Auch die über viele verschiedene Websites verteilten Informationen sowie die Fachsprache machen die Anleitungen schwer verständlich. Zudem fehlen laut Wirtschaftsvertretern branchenspezifische Unterstützungsangebote, praktische Anwendungsbeispiele mit Musterlösungen, beispielsweise zum Nachweis der Ursprungsregeln, oder direkte Kontaktmöglichkeiten bei Fragen.

Empfohlene Verbesserungen

Mit einer Gap-Analyse hat EY Schweiz das bestehende mit demjenigen Angebot verglichen, das von den Wirtschaftsvertretern gewünscht wird. Daraus abgeleitet, schlägt die Studie unterschiedlich aufwendige Ansätze zur Verbesserung vor und empfiehlt, mit höchster Priorität diejenigen Ansätze umzusetzen, welche mit wenig Ressourcenaufwand eine vergleichsweise hohe Wirkung erzielen.

Eine solche Massnahme mit geringem Aufwand wäre etwa, die Sichtbarkeit zu erhöhen, indem besonders wichtige Informationen auf den Websites der Anbieter sichtbarer platziert oder mittels Newslettern besser bekannt gemacht werden.

Zu den empfohlenen Verbesserungen mit mittlerem Aufwand zählen beispielsweise didaktisch ansprechende Erklärvideos, in denen verbale Ausführungen mit visuellen Elementen untermalt werden, oder ein Entscheidungsbaum, der die Angebote übersichtlicher macht (siehe Kasten). Sinnvoll könnten auch branchenspezifische Seminare oder kurze E-Learnings zu komplexen Themen sein.

Eine Verbesserung mit hohem Aufwand wäre etwa die grundsätzliche Überarbeitung des Webdesigns der Bundeswebsites. Dabei könnte die Benutzerfreundlichkeit erhöht oder gar ein neues Informationsportal erstellt werden. Ein solches könnte modular auf- und ausgebaut werden. Das hätte den Vorteil, dass die Unterstützungsangebote an einem Ort zentralisiert werden.

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Die Nutzung von FHA ist komplex. Gleichzeitig erschwert die heute unübersichtliche Informationsaufbereitung deren Nutzung durch die Unternehmen. Eine Weiterentwicklung des Informations- und Unterstützungsangebots, wie in der Studie von EY Schweiz empfohlen, könnte diese Schwierigkeiten verringern. Die in der Studie erarbeiteten Empfehlungen unterstützen die Entscheidungsträger bei der Konkretisierung vorgeschlagener Massnahmen. Letztlich könnte so ein übersichtliches und zentralisiertes Angebot entstehen, mit dem Schweizer Unternehmen dank FHA einfacher Zölle einsparen.

  1. Siehe Nutzung von FHA auf Seco.admin.ch. []
  2. EY Schweiz (2022). Studie zu Massnahmen zur Verbesserung der Nutzung von Freihandelsabkommen. Im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco. 21. Dezember. []
  3. Die Links sind nur exemplarisch. Es handelt sich nicht um eine abschliessende Aufzählung. []

Zitiervorschlag: Martin Eduard Debusmann, Jennifer Abderhalden, Philip Stettler (2023). Freihandels­abkommen: Unternehmen unterstützen – aber wie. Die Volkswirtschaft, 09. Februar.

Ein Entscheidungsbaum bietet Übersicht

Damit Unternehmen die Informationen zu FHA leichter finden, könnte ein Entscheidungsbaum die gesamten Angebote übersichtlich darstellen. Der Entscheidungsbaum würde den Prozess aufzeigen, den ein Unternehmen bei der Nutzung eines FHA durchläuft. Bei jedem einzelnen Prozessschritt könnten die relevanten Informations- und Unterstützungsangebote verlinkt werden. Der Entscheidungsbaum sollte auf den relevanten Websites sowie in den Newslettern platziert werden.