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Viel ungenutztes Potenzial in der dritten Säule

Die Renten aus der Pensionskasse sinken, und auch die AHV steht vor demografischen Herausforderungen: Die private Vorsorge wird daher immer wichtiger. Doch wie kann man sich fürs Alter finanziell besser absichern? Eine Studie hat Antworten.

Viel ungenutztes Potenzial in der dritten Säule

Für die Sicherung des gewohnten Lebensstandards im Alter gewinnt die private Vorsorge zukünftig an Bedeutung. Älteres Paar im selbst umgebauten Bus. (Bild: Keystone)

Die Altersvorsorge gehört seit Jahren zu den grössten Sorgen von Schweizerinnen und Schweizern.[1] Daran dürfte auch die Zustimmung des Stimmvolks zur AHV-Reform im September 2022 kaum etwas ändern. Denn fundamentale Veränderungen wie der demografische Wandel bleiben auch in Zukunft eine Herausforderung.

Weniger Erwerbstätige pro Rentner

50 Jahre ist es her, dass das Schweizer Vorsorgesystem auf die drei Säulen AHV, berufliche Vorsorge (Pensionskassen) und private Vorsorge (Säule 3a und 3b) gestellt wurde. Allein in dieser Zeit hat sich die Lebenserwartung massiv erhöht: Männer leben heute im Durchschnitt zehn Jahre länger als noch in den 1970er-Jahren, bei den Frauen sind es rund acht Jahre.

Gleichzeitig ist die Geburtenrate von 1,9 auf 1,5 Kinder pro Frau zurückgegangen. Das heisst, die Zahl der Erwerbstätigen wird weiter abnehmen, die Zahl der Rentner hingegen steigen. Auch die erwarteten Renten sind in den vergangenen 20 Jahren deutlich geringer ausgefallen als davor. Eine weitere Herausforderung fürs Vorsorgesystem sind die Babyboomer aus den geburtenstarken Jahrgängen der 1950er- und 1960er-Jahre, die in den kommenden Jahren das Rentenalter erreichen. Die private Vorsorge wird deshalb immer wichtiger.

Babyboomer-Studie

Das VZ Vermögenszentrum (VZ) hat in seiner Studie «Babyboomer und die Säule 3a»[2] untersucht, wie die private Vorsorgesituation von Schweizerinnen und Schweizern aussieht, die innerhalb der nächsten 15 Jahre pensioniert werden. Aktuell können Arbeitstätige pro Jahr maximal 7056 Franken steuerbegünstigt in die Säule 3a einzahlen. Bei Selbstständigerwerbenden oder anderen Personen ohne berufliche Vorsorgeeinrichtung sind es jährlich bis zu 35’750 Franken oder maximal 20 Prozent des Erwerbseinkommens.

Für die Studie hat das VZ Daten aus über 10’000 Erstgesprächen mit Kundinnen und Kunden aus der Pensionierungsberatung ausgewertet. Für die Analyse der Risikofähigkeit beim Aktienanlegen in der Vorsorge standen gar Daten von über 29’000 Personen zur Verfügung. Die Gespräche fanden schweizweit in allen Sprachregionen zwischen Januar 2018 und März 2022 statt. Die Daten beschreiben den Zustand der privaten Vorsorge vor einer Beratung durch das VZ. Somit sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, geben aber ein detailliertes Abbild der Vorsorgesituation von Herrn und Frau Schweizer im Alter zwischen 50 und 65 Jahren.

3a-Konti als Verlustgeschäft

Die Analyse zeigt unter anderem: Zinskonten sind sowohl bei Männern wie Frauen die beliebteste Vorsorgeform (siehe Abbildung 1). Bei den Männern setzen 61 Prozent innerhalb der privaten Vorsorge auf mindestens eine Kontolösung, bei den Frauen sind es gar 62 Prozent. In früheren Hochzinsphasen war das 3a-Konto wegen des oft attraktiven Vorzugszinses durchaus eine Alternative zu Wertschriftenlösungen. In den vergangenen Jahren sind die Zinsen aber auch in diesem Bereich massiv in sich zusammengefallen. Da die Teuerung momentan höher ist als der Zinssatz auf den Konti, sind diese wegen der abnehmenden Kaufkraft zu einem Verlustgeschäft geworden.

Hoch im Kurs sind auch Versicherungspolicen. Dabei handelt es sich um 3a-Finanzprodukte von Versicherungen, die aus einem Spar- und einem Versicherungsteil bestehen. Stirbt der Versicherte, erhalten die Hinterbliebenen eine bestimmte Summe ausbezahlt. Bei den Männern weisen im Durchschnitt 43 Prozent mindestens eine Versicherungslösung in ihren 3a-Gefässen aus, bei den Frauen hingegen sind es nur 22 Prozent.

Abb. 1: 3a-Vorsorgeformen nach Geschlecht (2022)

Quelle: VZ / Die Volkswirtschaft

Wertschriften weniger beliebt

Am wenigsten verbreitet sind Wertschriftenlösungen. Dies kommt überraschend, weil auch im Alter ab 50 Jahren der Anlagehorizont für Wertschriftenanlagen noch genügend lang ist. Nur gerade 28 Prozent der Babyboomer setzen in der Säule 3a auf Wertschriften. Bei den Männern ist es ein Drittel, bei den Frauen gut jede Vierte. Wer in der privaten Vorsorge auf Aktien setzt, setzt in der Regel auf eine moderate Quote. Die Möglichkeit, 75 oder gar 100 Prozent des 3a-Vermögens in Aktien anzulegen und damit von einer langfristig höheren Rendite zu profitieren, nutzen nur wenige (siehe Abbildung 2).

Diese Zahlen liegen praktisch gleichauf mit vergleichbaren Untersuchungen[3] aus früheren Jahren. Dies wiederum zeigt, dass die bis vor Kurzem über Jahre hinweg fallenden Zinsen und die damit kleiner werdenden Renditen bei 3a-Konti keinen grossen Anreiz boten, auf eine renditeträchtigere Anlage zu wechseln.

Abb. 2: Aktienquote bei 3a-Wertschriftenlösungen nach Geschlecht (2022)

Quelle: VZ / Die Volkswirtschaft

Lehren ziehen aus Fehlern

In Wertschriften zu investieren und den Aktienanteil möglichst hoch zu halten, sind nicht die einzigen Möglichkeiten, die eigene private Vorsorge zu optimieren. Eine dritte wäre, im Laufe der Erwerbstätigkeit mehrere 3a-Konti oder Wertschriftendepots zu eröffnen. Mit mehreren Gefässen kann man sich das Geld über mehrere Jahre hinweg gestaffelt auszahlen lassen und so Steuern sparen. Es gilt nämlich der Grundsatz, dass bei einer Auflösung eines 3a-Gefässes immer das gesamte Guthaben darin bezogen werden muss. Doch auch diese Möglichkeit wird noch viel zu wenig genutzt. Im Schnitt besitzen Männer 2,1 Gefässe in der Säule 3a, bei den Frauen sind es 1,5. Insgesamt verfügen nur gut 7 Prozent über vier oder mehr 3a-Lösungen.

Die Erkenntnisse aus der Studie zeigen, dass die Möglichkeiten der privaten Vorsorge vielfach nur teilweise oder gar ungenügend genutzt werden. Dies überrascht, weil der dritte Pfeiler des Vorsorgesystems eine immer grössere Bedeutung erhält. Umso wichtiger ist es – gerade auch für jüngere Generationen –, aus solchen Analysen und Studien die Lehren zu ziehen und die eigene dritte Säule zu optimieren. Denn es ist unwahrscheinlich, dass sich bis zu ihrer Pensionierung die finanzielle Lage von AHV und Pensionskassen so sehr verbessert, dass die Renten daraus ausreichen, um den Lebensstandard im Alter zu sichern.

  1. Siehe Credit Suisse (2022). []
  2. Siehe Flubacher (2022). []
  3. Siehe beispielsweise Banque CIC (2017). []

Literaturverzeichnis

Bibliographie

Zitiervorschlag: Karl Flubacher (2023). Viel ungenutztes Potenzial in der dritten Säule. Die Volkswirtschaft, 17. Februar.