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Kor­rup­ti­ons­be­kämp­fung in der Schweiz: Gute Noten mit Luft nach oben

Die Schweiz belegt im internationalen Korruptionsindex Rang 7. Sie koordiniert ihre nationale Korruptionsbekämpfung, unterstützt den Kampf gegen Korruption im In- und Ausland und toleriert keine Korruption in ihrer Entwicklungszusammenarbeit.
Korruption kann töten. Eingestürztes Gebäude bei einem Erdbeben in der Türkei 2020. Die Schweiz unterstützt den Kampf gegen Misswirtschaft im In- und Ausland. (Bild: Keystone)

Korruption[1] verzerrt den Wettbewerb, verteuert staatliche Investitionen und erschwert den Zugang der Bevölkerung zu grundlegenden Produkten und Dienstleistungen. Im schlimmsten Fall kann sie sogar töten, wie das jüngste Erdbeben in der Türkei und in Syrien gezeigt hat. Denn höchstwahrscheinlich sind auch korrupte Machenschaften im Beschaffungswesen mitschuldig an der verheerenden Zerstörung.

Die Schweiz ist bei der Korruptionsbekämpfung weltweit eines der fortschrittlichsten Länder. Im Korruptionsindex der Nichtregierungsorganisation Transparency International[2], der die wahrgenommene Korruption misst, belegt sie im Jahr 2022 Platz 7. Sie geht seit mehreren Jahren im In- und Ausland entschlossen gegen Korruption vor und befindet sich im Korruptionsindex daher in der Spitzengruppe. Ganz oben auf die Rangliste schaffte sie es bisher allerdings nicht, unter anderem wegen fehlender Regulierung im Bereich des Lobbyings. Doch was tut die Schweiz ganz konkret gegen Korruption?

Die Politik, die Justiz und die Strafverfolgungsbehörden der Schweiz bekämpfen Korruption in den Kantonen und auf Bundesebene. Strafrechtlich ist unter anderem die Bestechung von Amtsträgern sowie von Privatpersonen im In- und Ausland verboten. Sowohl die aktive als auch die passive Bestechung gelten als Offizialdelikt, das heisst, sie werden von Amtes wegen verfolgt. Die zuständigen Kantons- oder Bundesbehörden untersuchen die Fälle, manchmal in Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen, erlassen Urteile und verhängen Strafen.

So zum Beispiel 2019. Damals verurteilte die Bundesanwaltschaft den Genfer Rohstoffhändler Gunvor im Zusammenhang mit Korruptionshandlungen im Ausland zu einer Busse und zog die in Zusammenhang mit der Straftat erlangten Vermögenswerte ein. Infolge schwerer Mängel in der internen Organisation hatte der Erdölhändler zwischen 2008 und 2011 nicht die nötigen Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern, dass seine Angestellten und Vermittler Behörden bestachen, um Zugang zu den Erdölmärkten der Republik Kongo und der Elfenbeinküste zu erhalten.

Der Bund steuert die Korruptionsbekämpfung

In der Schweiz koordiniert die Interdepartementale Arbeitsgruppe Korruptionsbekämpfung des Bundes[3] (Idag) in Zusammenarbeit mit den Kantonen, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft die Antikorruptionsbestrebungen in öffentlichen Verwaltungen. Sie hat auch die erste Strategie des Bundesrats gegen die Korruption erarbeitet, in der die Ziele der Prävention, der Strafverfolgung und der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Korruptionsbekämpfung für die Jahre 2021 bis 2024 definiert sind.

Im Rahmen dieser Strategie setzt der Bund eine Reihe von Massnahmen um. Unter anderem beauftragt er die Idag, Funktionen innerhalb der Bundesverwaltung zu identifizieren, die in besonderem Masse mit Korruptionsrisiken behaftet sind. Zudem verpflichtet sich der Bund selber, seine Mitarbeitenden über die Anzeigepflicht gemäss Bundespersonalgesetz zu informieren, und er bietet anderen Staaten nötigenfalls technische Unterstützung bei der Korruptionsbekämpfung, wenn diese um Rechtshilfe ersuchen. Obwohl sich die Strategie lediglich an die Bundesverwaltung richtet, verspricht sich der Bundesrat dadurch auch eine indirekte Wirkung auf weitere Kreise, insbesondere auf die Kantone und den Privatsektor.

Die Strategie verpflichtet auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Das Seco selbst und Schweizer Vertretungen im Ausland klären internationale Unternehmen bei bilateralen Gesprächen, Vorträgen oder Onlineseminaren über die geltende Gesetzgebung sowie die Risiken und Gefahren der Korruption auf. Zudem sind auf der Seco-Website hilfreiche Instrumente für die Korruptionsbekämpfung zu finden, unter anderem ein Leitfaden zur Korruptionsprävention für Schweizer Unternehmen.

Korruption international bekämpfen

Die Schweiz geht auch international gegen Korruption vor. Sie hat namentlich die wichtigsten internationalen Übereinkommen zur Korruptionsbekämpfung unterzeichnet, die unter der Schirmherrschaft der OECD, des Europarats und der Vereinten Nationen stehen (siehe Kasten). Sie enthalten international geltende Regeln, deren Einhaltung überwacht wird.

Besonders grossen Schaden verursacht Korruption in Entwicklungs- und Schwellenländern mit schwachen Institutionen, schlechter Regierungsführung und ineffizienter Strafverfolgung. Die Schweiz bekräftigt daher in der Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024 ihren Willen, die Partnerstaaten im Kampf gegen Korruption, Vetternwirtschaft und Misswirtschaft weiter zu unterstützen.

Internationale Projekte des Seco

Das Seco verfolgt im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit verschiedene Projekte, um das Wirtschaftswachstum und den nachhaltigen Wohlstand in den Partnerländern der Schweiz zu fördern. Zur Korruptionsbekämpfung unterstützt das Seco unter anderem das Schaffen verantwortungsvoller und transparenter Institutionen, Transparenz bei Ausgaben, Beschaffungen und Investitionen der öffentlichen Hand, eine nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen und verstärkte interne und externe Finanzkontrollen (siehe Tabelle).

Zwei Seco-Projekte zur Korruptionsbekämpfung

Quelle: Seco / Die Volkswirtschaft

 

Nulltoleranz bei Korruption

Bei der Umsetzung seiner Entwicklungsprojekte verfolgt das Seco in Bezug auf korrupte Praktiken eine Nulltoleranz. Unregelmässigkeiten müssen gemeldet werden und können Disziplinar- oder Strafverfahren nach sich ziehen. Um das Korruptionsrisiko zu reduzieren, prüft das Seco derzeit die Möglichkeit, sich zusätzlich zur bestehenden Plattform der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) einem speziell für die internationale Zusammenarbeit der Schweiz eingerichteten digitalen Meldesystem anzuschliessen. Mit einem solchen System können Hinweisgeber anonym bleiben und sind dadurch besser geschützt.

Die Nulltoleranz hindert das Seco jedoch nicht daran, in Ländern mit Korruptionsproblemen, etwa in Afrika oder Lateinamerika, tätig zu sein. Dort analysiert es sorgfältig die damit verbundenen Risiken und trifft Massnahmen zur Risikominderung mittels eines Kontrollsystems sowie einer gründlichen Sorgfaltsprüfung bei der Auswahl neuer Partnerorganisationen. Zudem hält sich das Seco bei öffentlichen Beschaffungen an klare Prozesse und Kontrollen, lässt sich regelmässige durch externe Revisionen prüfen und überwacht die Projekte in Bern und in den Kooperationsbüros in der Schweiz und im Ausland.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schweiz im Kampf gegen die Korruption sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene aktiv ist. Mit der Strategie gegen die Korruption 2021–2024 verfügt der Bund über ein wirksames Werkzeug, um sein Engagement weiter zu verbessern. Auf internationaler Ebene unterstützt das Seco unter anderem Projekte zur Korruptionsbekämpfung und verfolgt bei all seinen Entwicklungsprojekten eine Nulltoleranz. Die Schweiz ist somit im Kampf gegen die Korruption gut aufgestellt, wobei sie die Mittel hat, um noch besser zu werden.

  1. Von Transparency International definiert als «Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil». []
  2. Siehe Website Transparency International[]
  3. In der 2008 eingerichteten Idag sind vertreten: Armasuisse, EDA, BBL, BJ, Astra, Seco und die Bundesanwaltschaft. []

Literaturverzeichnis

Bibliographie

Zitiervorschlag: Olivier Bovet, Daniel Aeby (2023). Kor­rup­ti­ons­be­kämp­fung in der Schweiz: Gute Noten mit Luft nach oben. Die Volkswirtschaft, 13. März.

Internationaler Kampf gegen Korruption
Die Schweiz ist Vertragspartei der drei folgenden internationalen Übereinkommen zur Korruptionsbekämpfung: