Bauvorhaben verursachen laut den befragten Unternehmen am meisten administrativen Aufwand. (Bild: Keystone)
Rund 3 von 5 kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) empfinden die administrative Belastung in der Schweiz als hoch oder eher hoch. Das zeigt der «Bürokratiemonitor 2022»[1] des Markt- und Sozialforschungsunternehmens Link im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Die Studie wird alle vier Jahre durchgeführt und misst die bürokratische Last bei Schweizer KMU.[2] Im Fokus stehen dabei gesetzliche Vorschriften und Regulierungen auf Stufe Bund, Kanton, Gemeinde sowie internationale Vorschriften.
Gemessen werden sowohl die subjektiv empfundenen administrativen Hürden wie auch der tatsächliche administrative Aufwand. In der neusten Studie wurden insgesamt 1525 in der Schweiz ansässige Unternehmen, davon 1426 KMU, befragt. Der Befragungszeitraum war zwischen dem 10. Oktober und dem 6. Dezember 2022.
Auch wenn mit 60 Prozent eine deutliche Mehrheit der KMU die administrative Belastung zum Befragungszeitpunkt insgesamt als hoch einschätzt: Verglichen mit der letzten Studie im Jahr 2018 ist der Anteil leicht rückläufig. Damals betrug der Anteil noch 68 Prozent.[3] Ebenso gaben weniger Unternehmen an, dass die administrative Entlastung gegenüber 2018 zugenommen hat: Der Anteil an Firmen, die eine leichte oder starke Zunahme in der Belastung wahrnahmen, sank um 7 Prozentpunkte. 2018 ist derselbe Anteil im Vergleich zur Vorstudie noch um 11 Prozentpunkte gestiegen.
Dass die administrative Belastung leicht rückläufig ist, zeigt auch ein dritter Indikator: der administrative Aufwand, der nur auf zwingend zu erfüllende gesetzliche Vorschriften zurückzuführen ist. Auch diese objektiv messbare Kennzahl hat gegenüber 2018 etwas abgenommen.
Unterschiede nach Kanton und Firmengrösse
In der föderalistischen Schweiz gibt es Vorschriften und Gesetze, welche je nach Kanton unterschiedlich reguliert sein können. Deshalb hat der Standort der KMU einen entscheidenden Einfluss auf die administrative Belastung. So nehmen etwa Unternehmen in den Kantonen Aargau und Bern die durchschnittliche administrative Belastung deutlich höher wahr als in den Kantonen Zürich und St. Gallen (siehe Abbildung 1).
Ebenso spielt die Grösse des Unternehmens eine Rolle. Die subjektive Belastung nimmt mit der Grösse nämlich stetig zu. Von den Mikrounternehmen schätzen 58 Prozent die Belastung als hoch oder eher hoch ein. Das ist deutlich weniger als bei den mittelgrossen Unternehmen (71%) und den Grossunternehmen (76%).
Abb. 1: Subjektive Wahrnehmung der administrativen Belastung nach Kanton (2022)
* Kleine Fallzahl. Es werden nur die fünf Kantone mit der höchsten Fallzahl abgebildet. Originalfrage: Wie beurteilen Sie die administrative Belastung für Ihr Unternehmen insgesamt auf einer Skala von 1 (gering) bis 4 (hoch)?
Quelle: Link (2023) / Die Volkswirtschaft
Bauvorhaben administrativ am aufwendigsten
Bei welchen Themen nehmen die Unternehmen am meisten administrativen Druck wahr? Die fünf Bereiche mit der höchsten subjektiv empfundenen Belastung sind Bauvorhaben, Lebensmittelhygiene, Ein- und Ausfuhr, das Einholen von Bewilligungen sowie der Ausbau von Produktionsanlagen. Hier hat über die Hälfte der davon betroffenen Unternehmen angegeben, dass die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften in hohem Masse belastend sind (siehe Abbildung 2).
Diese Wahrnehmung stimmt mit den von den Unternehmen geschätzten Aufwänden grösstenteils überein: Tatsächlich sind Bauvorhaben, Lebensmittelhygiene sowie Ein- und Ausfuhr diejenigen Themen, welche am meisten Arbeitsaufwand (gemessen in Stunden pro Monat) bedeuten.
Gesunken ist hingegen die wahrgenommene Belastung im Bereich der Mehrwertsteuer sowie bei der Rechnungslegung und der Revision.
Abb. 2: Administrative Belastung (subjektiv) nach Regulierungsbereich (2022)
Originalfrage: Wie gross ist die durchschnittliche Belastung für das Unternehmen in den folgenden Bereichen?
Quelle: Link (2023) / Die Volkswirtschaft
Pandemie bringt Entlastung
Dass die administrative Belastung in den letzten vier Jahren rückläufig war, muss nicht zwingend mit weniger Vorschriften verbunden sein. Ebenso können Entwicklungen wie die zunehmende Digitalisierung die administrative Belastung mindern. Gerade während der Corona-Pandemie hat diese einen Vorwärtsschub erhalten. Und so geben die befragten Unternehmen auch an, dass neben Änderungen der Mehrwertsteuer vor allem die Digitalisierung und Onlineangebote eine administrative Entlastung gegenüber 2018 gebracht haben. Beispiele sind etwa der Onlineschalter für Behördengänge Easygov oder Ahveasy.ch, das Onlineportal der Ausgleichskassen.
Der Bürokratiemonitor 2022 zeigt: KMU in der Schweiz sind zwar noch immer mit einer hohen administrativen Belastung aufgrund gesetzlicher Vorschriften und Regulierungen konfrontiert. Gleichzeitig lässt sich eine leichte Entspannung beobachten. Ob die zunehmende Digitalisierung auch künftig Abhilfe schafft, wird sich bei der nächsten Erhebung in vier Jahren zeigen.
- Für den vollständigen Bericht siehe Link (2023). []
- Der Erhebungsabstand zwischen der ersten und der zweiten Welle lag zu Beginn noch bei zwei Jahren. Link erhebt die Daten seit 2018. Als KMU gelten Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern. []
- Alle durchgeführten Signifikanztests gelten auf 5-Prozent-Niveau bzw. mit 5-prozentiger Irrtumswahrscheinlichkeit. Ein statistisch signifikanter Unterschied auf einem 5-Prozent-Niveau bedeutet, dass der Unterschied nicht zufällig gemessen wurde, sondern mit einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit auch in der Grundgesamtheit vorkommt. []
Literaturverzeichnis
- Link (2023). Bürokratiemonitor 2022. Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Februar.
Bibliographie
- Link (2023). Bürokratiemonitor 2022. Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Februar.
Zitiervorschlag: Wattenhofer, Katrin (2023). Bürokratischer Aufwand für Unternehmen leicht rückläufig. Die Volkswirtschaft, 18. April.