Suche

Abo

Der Wert der KMU

Hans-Ulrich Bigler, Direktor Schweizerischer Gewerbeverband, Bern

Standpunkt

Die Schweiz ist ein KMU-Land, ein Land von inhabergetriebenen kleineren und mittleren Unternehmen. Die Persönlichkeit des Unternehmers prägt den Charakter der Firma. Diese Vielfalt ist ein Kapitalstock: KMU können daraus Ressourcen generieren, die sie wiederum unternehmerisch einsetzen. Zudem ist die Vielfalt ein wesentlicher Standortfaktor unserer Volkswirtschaft.

Doch was ist der Wert einer vielfältigen KMU-Landschaft? Die amerikanische Ökonomin und Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom hat untersucht, wie Vielfalt zu Kapital wird und wie dieses Kapital bewirtschaftet werden kann. Ihr zufolge kreieren die Akteure durch die soziale und wirtschaftliche Interaktion Wissen und Können. Anders gesagt: Je mehr Vielfalt, desto mehr Wissen und Können werden ausgetauscht.

Die Leistungskraft der KMU ist eindrücklich: Insgesamt stellen die über 600’000 KMU in der Schweiz 99,7 Prozent aller Firmen und zwei Drittel aller Arbeitsplätze. Zudem gehören sie beim Beschäftigungswachstum zur dynamischsten Kategorie und bilden 70 Prozent aller Lernenden aus. Auch Frauen kommen in diesen Firmen einfacher in Kader- und Führungspositionen als bei Grossfirmen. Und: Etwa ein Drittel aller Innovationen kommt in KMU direkt von Mitarbeitenden mit Produkt- und Kundeneinsatz.

KMU sind zwar fest verwurzelt in der regionalen Wirtschaft, aber nicht nur: 60 Prozent des wertmässigen Importvolumens gehen auf sie zurück. Bei den Exporten ist es immerhin fast die Hälfte. Damit ist die Mär von der Binnenorientierung der KMU vom Tisch. Ebenso ist mit einem Wertschöpfungsanteil von 60 Prozent des BIP die Leistungskraft gesamtwirtschaftlich gesehen schlicht unverzichtbar.

 

Wer die Vielfalt der KMU als Ressource stärken will, stärkt die Freiheit und baut Regulierungskosten ab.

 

Unternehmer müssen selbstständig gute Geschäftsideen umsetzen und bestehende Freiräume ausnutzen können. Umgekehrt müssen sie aber auch die Konsequenzen ihrer Entscheide tragen. Gefragt sind unternehmerische Freiheit und Selbstverantwortung. Das ist dann möglich, wenn die politischen, rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen für möglichst freien Wettbewerb in einem möglichst freien Markt sorgen. Das sind die Voraussetzungen für Innovation, höhere Produktivität und damit gesteigerten Wohlstand für alle. Gute Ordnungspolitik setzt auf die Vielfalt als Kapital.

Ein wichtiger Aspekt dabei ist die regulatorische Offenheit gegenüber allen Geschäftsmodellen. So soll etwa eine Regulierung für Grossbanken nicht die Handlungsfreiheit von privaten Vermögensverwaltern unnötig einschränken. Zu vermeiden sind ebenso unnötige Regulierungen, die Kosten und Ausgaben verursachen sowie Kapital binden, wie etwa Deklarationspflichten von Rohstoffen über die ganze Wertschöpfungskette hinweg oder pedantische Inhaltsänderungen in Verpackungsbeilagen, die in der Folge neu gedruckt werden müssen. Denn solche Regulierungen lassen sich nicht unternehmerisch oder durch das Management umschiffen.

Politisch sind unnötige Regulierungskosten deshalb abzubauen und künftige Regeln einzudämmen. Dafür braucht es die Regulierungskostenbremse, die aktuell im Parlament diskutiert wird. Wer die Vielfalt der KMU als Ressource stärken will, stärkt die Freiheit und baut Regulierungskosten ab.

Zitiervorschlag: Hans-Ulrich Bigler (2023). Standpunkt: Der Wert der KMU. Die Volkswirtschaft, 18. April.