Suche

Abo

EU und Schweiz fördern Grenzregionen mit Interreg

Die Schweiz arbeitet eng mit den Nachbarländern zusammen – ganz besonders in den Grenzregionen. Interreg, ein Programm der Europäischen Union, fördert konkrete Projekte in Wirtschaft, Bildung, Forschung und Innovation. Bund und Kantone unterstützen die Schweizer Teilnahme im Rahmen der Neuen Regionalpolitik.
Schriftgrösse
100%

Für Interreg im Einsatz: Der Roboter Lio des Schweizer Herstellers F&P Robotics kann mit Menschen kommunizieren, im Haushalt helfen und in der Pflege unterstützen. (Bild: Keystone)

Leben und Arbeiten sind heutzutage oft grenzüberschreitend. Menschen wohnen in einem Land, konsumieren oder arbeiten aber in einem anderen. Auch Unternehmen suchen und finden ihre Kunden, Geschäftspartnerinnen und Fachkräfte über Staatsgrenzen hinweg. Die Zusammenarbeit mit den Nachbarn öffnet neue Horizonte, erlaubt gegenseitiges Lernen und ermöglicht Projekte zum Vorteil beider Seiten.

Für die Schweiz ist die Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn von zentraler Bedeutung, sowohl regionalwirtschaftlich wie auch politisch und kulturell. Mit Interreg hat die Europäische Kommission vor über 30 Jahren ein Instrument geschaffen, das die grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördert (siehe Kasten). Die Kooperation über die Grenzen hinweg soll auch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt in Europa stärken und die Voraussetzungen für eine ausgewogene räumliche Entwicklung schaffen. Die Schweiz ist seit den Anfängen im Jahr 1990 mit dabei. Interreg ist eine der gut funktionierenden Konstanten in den Beziehungen mit der Europäischen Union (EU).

Grenzübergreifend Lösungen entwickeln

Ziel von Interreg ist es, mittels grenzübergreifender Projekte gemeinsame Herausforderungen anzugehen und innovative Lösungen zu entwickeln. Betrachtet man die Innovationsleistungen der Grenzregionen, so sind diese nicht selten ein Ergebnis von Kooperationen, an deren Anfang ein Interreg-Projekt stand. Europaweit wurden seit Lancierung des Instruments unter Beteiligung von Bürgern, Unternehmen, Institutionen, Gemeinden, Regionen und Ländern Tausende Interreg-Projekte umgesetzt.

Ein Beispiel ist der Museumspass in der Region Oberrhein. Dieser ermöglicht den Eintritt in 345 Museen und weitere kulturelle Einrichtungen in der Schweiz, Deutschland und Frankreich. In der grenzüberschreitenden Bodenseeregion, wo der Fachkräftemangel im Pflegebereich eine grosse Herausforderung ist, war im Rahmen eines Interreg-Projekts der Pflegeroboter Lio im Einsatz. In zwei Altersheimen in Konstanz und Schaffhausen unterstützte er das Pflegepersonal bei repetitiven Tätigkeiten und Belastungsspitzen und sorgte nebenbei auch für Unterhaltung für die Heimbewohner. Das transnationale Interreg-Projekt AlpFoodway widmete sich der Inwertsetzung des Esskulturerbes im Alpenraum.

Förderung via Neue Regionalpolitik

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht bedeutend: Allein mit Baden-Württemberg war 2020 das Handelsvolumen der Schweiz grösser als mit China. In Basel-Stadt arbeiteten rund 34’000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus Deutschland und Frankreich. Bei knapp 190’000 Erwerbstätigen entspricht dies rund einem Fünftel aller im Kanton Beschäftigten. In der Schweiz ist Interreg daher Teil der Neuen Regionalpolitik (NRP). Projekte mit Schweizer Beteiligung können mit Bundesmitteln aus der NRP unterstützt werden, wenn sie ihren Zielen entsprechen, also Innovation, Unternehmertum und Wertschöpfung fördern und die regionale Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Die involvierten Kantone leisten einen mindestens ebenso hohen finanziellen Beitrag. Sie können mit ihren NRP-Äquivalenzmitteln, Geldern von Dritten sowie mit Geldern anderer Bundesämter, Gemeinden, Unternehmen oder Stiftungen aber auch Projekte aus anderen Bereichen als der Wirtschaftsentwicklung fördern. Diese können etwa die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur oder den kulturellen Austausch zum Ziel haben. Die Schwerpunkte der Interreg-Programme, an denen sich die Schweiz in der Förderperiode 2021−2027 beteiligt, legen die regionalen Partner anhand der Themenfelder fest, die die EU-Regionalpolitik vorgibt. Die Innovationsförderung zum Beispiel ist ein wichtiger Bestandteil. Im Vergleich zur Vorperiode sollen die Programme indes mehr in die nachhaltige Entwicklung und ein grüneres, CO2-freies Europa investieren.

Vor dem Hintergrund der Herausforderungen in den Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union ist die Zusammenarbeit im Rahmen von Interreg ein positives Beispiel der nachbarschaftlichen Kooperation.

Zitiervorschlag: Kollbrunner, Sabine; Filep, Béla; Giacometti, Dario (2023). EU und Schweiz fördern Grenzregionen mit Interreg. Die Volkswirtschaft, 04. April.

Schweizer Teilnahme an Interreg

Interreg ist Teil der EU-Regionalpolitik, nach der Agrarpolitik die finanziell zweitwichtigste Förderpolitik der EU-Kommission. In der aktuellen Förderperiode Interreg VI (2021–2027) stellt die EU europaweit zehn Milliarden Euro für vielversprechende neue Projekte zur Verfügung.

Schweizer Grenzregionen und -kantone beteiligen sich seit Beginn (1990) an Interreg, 1995 stiess der Bund dazu. Seit 2008 erfolgt die Interreg-Förderung im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) von Bund und Kantonen. Die Schweiz nimmt an insgesamt zehn Interreg-Programmen teil. Dazu gehören vier grenzüberschreitende Programme mit unmittelbaren Nachbarn, zwei transnationale und vier interregionale Programme. Über die fünf Programmperioden sind bisher rund 2500 Projekte gefördert worden.

Der Bund hat über die Jahre sein finanzielles Engagement von 24 Millionen Franken für Interreg II auf 56 Millionen für die Periode Interreg VI (2021–2027) erhöht. Die Kantone leisten an die grenzüberschreitenden Programme mindestens gleichwertige Beiträge. Die Förderbeiträge von Bund und Kantonen lösen dabei erhebliche zusätzliche Investitionen Dritter aus, etwa von Gemeinden, Organisationen, Hochschulen oder Unternehmen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.interreg.ch.