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Banknoten: Vom Druck ins Portemon­naie

Stapelt man alle 2022 emittierten Schweizer Banknoten, wäre der Turm höher als der Mount Everest. Damit diese Banknoten in Umlauf kommen, braucht es eine präzise Logistik – die nicht selbstverständlich ist.
Detailansicht der aktuellen Schweizer 10-Franken-Note. (Bild: Keystone)

Wissen Sie, welches Sujet auf der aktuellen 10-Franken-Note zu sehen ist? Vielleicht betrachten Sie die Note selten so genau. Bestimmt wissen Sie aber noch die Farbe. Denn die Zehnernote in ihrem warmen Gelb wird immer noch häufig zum Bezahlen genutzt. Darauf abgebildet sind eine Hand mit Dirigentenstab, ein Uhrwerk und weitere Objekte zum Thema Organisation. Die Note findet den Weg sicher auch öfters in Ihr Portemonnaie. Aber wie eigentlich? Denn Geldautomaten geben diese Noten oft nicht aus. Dort kann man gewöhnlich nur die 20-, 50-, 100- und 200-Franken-Noten beziehen. Die Zehnernote verdeutlicht damit die vielfältige Reise der Banknoten bis ins Portemonnaie, die weiter zurückreicht als zur Druckerpresse und verflochtener ist als nur deren Bezug an Geldautomaten.

Etappe 1: Vom Hightech-Papier zum Geld

Die Reise der Schweizer Banknoten beginnt – noch vor der Druckerpresse – im bündnerischen Landquart. Mit zwei Papierschichten und einer Kunststoffschicht in der Mitte entsteht dort quasi als «Sandwich» das sichere und haltbare Grundmaterial der Noten. Dieses Halbfabrikat wird danach in Zürich bei Orell Füssli in mehreren Schritten bedruckt – beispielsweise mit einem Kupferdruck, der den Noten die spürbare Reliefstruktur verleiht. Zudem erhält dieses Hightech-Papier eine Vielzahl an Sicherheitsmerkmalen. Manche davon sind einfach erkennbar, andere werden erst unter Ultraviolett- oder Infrarotlicht sichtbar.[1]

Die nächste Station der bedruckten Banknoten ist die Schweizerische Nationalbank (SNB) in Zürich und Bern. Dort werden sie offiziell zu «Geld». Das geschieht, indem die Nationalbank die Noten – nach eingehender Kontrolle – an Geldtransporteure ausgibt und dafür die entsprechenden Konten der belieferten Banken belastet. Ab diesem Zeitpunkt werden die Banknoten als «Notenumlauf» in der Notenbankgeldmenge (M0) erfasst.[2] Die Neuausgabe umfasst eine beträchtliche Anzahl an Noten. Letztes Jahr emittierte die Nationalbank 61,7 Millionen Stück im Wert von 10,9 Milliarden Franken. Würde man sie aufeinanderstapeln, wäre dieser Turm aus Banknoten mit 9625 Metern sogar höher als der Mount Everest.

Wie gelangen nun aber die Banknoten ins Portemonnaie? Die Geldtransporteure bringen die Banknoten von der Nationalbank zu Banken und Post. Diese verteilen die Banknoten an ihre Filialen und Geldautomaten, von wo sie schliesslich den Weg in Ihr Portemonnaie finden.

Etappe 2: Handwechsel und Heimreise

Der weitaus längere und wichtigere Teil der Banknoten-Reise kommt aber danach: beim Bezahlen an Kassen und Automaten, im Restaurant oder auf der Post.

Wie oft die Noten eingesetzt werden und die Hand wechseln, ist nicht bekannt. Denn anders als beim elektronischen Bezahlen werden Bargeldübertragungen nicht aufgezeichnet. Es dürfte sich aber um sehr viele Transaktionen im Leben einer Banknote handeln. Die kleinen Notenstückelungen, die oft zum Bezahlen verwendet werden, sind normalerweise drei bis sechs Jahre im Einsatz.

Die Heimreise zur SNB tritt eine Note spätestens dann an, wenn sie abgenutzt, verschmutzt oder beschädigt ist. Über die Geldtransporteure gehen die Banknoten zurück zur Nationalbank, die deren Gegenwert den entsprechenden Konten von Banken und Geldtransporteuren gutschreibt. Ab diesem Zeitpunkt sind die Noten nicht mehr Teil des Notenumlaufs. Die Nationalbank überprüft die eingelieferten Noten und vernichtet diejenigen, die nicht mehr «fit» genug sind für eine erneute Ausgabe. Die Noten werden erst geschreddert und anschliessend der öffentlichen Kehrichtverbrennung zugeführt. Letztes Jahr betraf dies 51,4 Millionen Banknoten[3] – also ein Turm von rund 8000 Metern Höhe. Das heisst natürlich nicht, dass der Gegenwert dieser Noten vernichtet wird. Er wurde zuvor Geldtransporteuren bzw. Banken angerechnet. Lediglich das Produkt Banknote wird zerstört und bei Bedarf durch druckfrische Banknoten ersetzt.

Bargeldinfrastruktur ist keine Selbstverständlichkeit

Die Verteilung von Banknoten wird durch ein Zusammenspiel vieler Akteure ermöglicht. Beteiligt ist einerseits der öffentliche Sektor: Die Nationalbank hat den gesetzlichen Auftrag, die Bargeldversorgung zu gewährleisten, und agiert in der Bargeldverteilung als Grossistin. Die Post bietet Bargelddienstleistungen als Teil ihres Grundversorgungsauftrags im Zahlungsverkehr an. Solche Dienstleistungen beinhalten den Bargeldbezug und die Einzahlung von Bargeld.

Anderseits beteiligt sich an der Bargeldversorgung auch der Privatsektor: vor allem Banken, Geldtransporteure und Detailhändler. Diese Aufgabenteilung trägt dazu bei, dass Bargeld heute breit akzeptiert und landesweit erhältlich ist. So muss die Schweizer Bevölkerung im Durchschnitt lediglich etwa einen Kilometer gehen, um Banknoten an einem Post- oder einem Bankomaten oder in einer Filiale zu beziehen.[4]

Dennoch ist die breite Verfügbarkeit und Akzeptanz von Bargeld nicht selbstverständlich. Denn heutzutage stehen den Läden und Konsumenten attraktive elektronische Zahlungsmittel zur Verfügung. Beim Bezahlen werden immer öfter Bezahlkarten oder -apps wie Twint verwendet.

Immer weniger Geldautomaten

Dieser Trend zum elektronischen Bezahlen setzt die Bargeldinfrastruktur unter wirtschaftlichen Druck. Denn: Kassen, Geldautomaten, sichere Transportfahrzeuge und Anlagen zur Verarbeitung von Bargeld verursachen fixe Kosten. Diese fallen an, egal ob viel oder wenig Bargeld genutzt wird. Das bedeutet, dass mit abnehmender Bargeldnutzung die Kosten pro Banknote steigen. Wenn die Kosten für die Betreiber zu hoch werden, könnten Geldautomaten und Bargeldkassen unter dem Spardruck also abgebaut werden. Und tatsächlich gibt es auch schon Anzeichen dafür: Seit 2019 hat die Anzahl der Geldautomaten in der Schweiz abgenommen – von über 7200 auf zuletzt etwa 6400.[5] Das ist immerhin ein Rückgang von über 10 Prozent in vier Jahren.

Die Verfügbarkeit, die Akzeptanz und die Nutzung von Bargeld hängen zusammen: Nimmt die Bargeldnutzung ab, lohnt es sich für die Anbieter immer weniger, Geldautomaten zu bedienen und Bargeldzahlungen in Läden zu akzeptieren. Und gibt es umgekehrt weniger Geldautomaten, steigt wiederum die Hürde, Bargeld zu beziehen. Immer mehr Menschen würden dann vermutlich von Bargeld auf elektronische Zahlungsmittel umsteigen – eine Negativspirale.

Negativspirale aufhalten

Ob eine solche Negativspirale beim Bargeld droht, wird sich zeigen. Die Nationalbank ist jedenfalls bestrebt, dass die Bevölkerung beim Bezahlen weiterhin zwischen Bargeld und bargeldlosen Zahlungsmitteln wählen kann. Um diese Wahlfreiheit sicherzustellen, braucht es eine gut funktionierende Zahlungsverkehrsinfrastruktur und eine hohe Akzeptanz der verschiedenen Zahlungsmittel. Die SNB verfolgt deshalb mit grosser Aufmerksamkeit, wie sich der Zugang zu und die Akzeptanz von Bargeld weiterentwickeln. Beispielsweise führt sie dazu Umfragen bei Privatpersonen und Unternehmen durch[6]. Mit der neuesten Umfrage will die SNB herausfinden, welche Zahlungsmittel die Haushalte nutzen und warum. Die Ergebnisse werden Anfang Juni 2023 publiziert.

Noch unerwähnt ist die Route der Zehnernote in ihr Portemonnaie. Wahrscheinlich haben Sie sie als Wechselgeld beim Einkaufen erhalten. Insbesondere Detailhändler übernehmen hier in der Verteilung eine wichtige Rolle und erhalten auch druckfrische (Zehner-)Noten von der Nationalbank über die Geldtransporteure.

  1. Eine ausführliche Beschreibung der Produktion des Banknotensubstrats und des Drucks mit Fotos findet sich auf der Website der SNB. []
  2. Der Notenumlauf ist Teil der Notenbankgeldmenge (M0). Münzen werden hingegen nicht zu M0 gerechnet, da die Eidgenössische Münzstätte Swissmint für die Herstellung der Münzen verantwortlich ist. Die anderen Geldmengen M1, M2 und M3 sind weiter gefasst. Beispielsweise enthält M1 u. a. Sichteinlagen und Einlagen auf Transaktionskonten bei Banken (siehe Definition der Geldmengen). []
  3. Dieser Wert ist überdurchschnittlich hoch. Der hohe Wert ist auf die Einführung der neuen Banknotenserie und die damit verbundene Vernichtung der eingegangenen alten Banknoten zurückzuführen. []
  4. Siehe Trütsch, T. (2022): Swiss Money Map 2022: A Spatial Analysis of Cash Access Points in Switzerland. Universität St. Gallen. Sowie den Artikel von Graf, Heim, Stadelmann und Trütsch in diesem Schwerpunkt. []
  5. Die Anzahl der Geldautomaten ist im Datenportal der SNB abrufbar. []
  6. Die Resultate der Umfragen sind auf der Website der SNB verfügbar: Zahlungsmittelumfrage bei Privatpersonen und Zahlungsmittelumfrage bei Unternehmen[]

Zitiervorschlag: Raphael Reinke, Silvio Schumacher, Reto Steiner (2023). Banknoten: Vom Druck ins Portemon­naie. Die Volkswirtschaft, 16. Mai.

Wussten Sie…?

Dass an Schweizer Geldautomaten pro Tag etwa 400’000 Mal Bargeld bezogen wird – im Wert von 160 Millionen Franken?

Dass die Bevölkerung im Durchschnitt rund 140 Franken an Bargeld im Portemonnaie hält?

Dass sich Ende Februar 2023 rund 520 Millionen Noten im Wert von 79 Milliarden Franken im Umlauf befanden?

Dass die 100-Franken-Note mit rund 27 Prozent aller Noten am häufigsten vorkommt?

Dass die 1000-Franken-Note mit nur 8 Prozent am seltensten vorkommt, jedoch über die Hälfte des Werts des Notenumlaufs ausmacht?

Dass sich Münzen im Wert von rund 3,2 Milliarden Franken im Umlauf befinden?