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Onlineshopping: Ab dem ersten Klick ist der Endpreis jetzt bekannt

Beim Einkauf im Internet kann es zu teuren Überraschungen kommen. Nämlich dann, wenn auf den Anfangspreis Zuschläge folgen. Dem hat der Gesetzgeber einen Riegel geschoben.

Onlineshopping: Ab dem ersten Klick ist der Endpreis jetzt bekannt

Zuschauer bei einem Ed-Sheeran-Konzert in Zürich (2018). Einige haben ihr Ticket vielleicht secondhand gekauft und mehr bezahlt als erwartet. (Bild: Keystone)

Begonnen hat alles mit einer internationalen Online-Wiederverkaufsplattform, auf der Interessierte Tickets für Veranstaltungen in den Bereichen Sport, Musik und Unterhaltung kaufen können. Die Plattform ist im sogenannten Sekundärticketmarkt tätig: Wer für eine Veranstaltung ein Ticket gekauft hat und sie doch nicht besucht, kann das Ticket dort weiterverkaufen. Auch der Schweizer Markt wird mit einer eigenen Domain direkt angesprochen. Viele Ticketkäufer beanstandeten beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), dass auf ihrer Kreditkarte nicht der am Anfang angegebene Preis abgebucht wurde – sondern ein höherer. Wie konnte das passieren?

Unerwartete Preisaufschläge

Auf der Wiederverkaufsplattform kann der Käufer die Tickets auf den bildlich dargestellten Sitzplätzen wie bei einem Erstverkauf anwählen. Der zu diesem Zeitpunkt eingeblendete Preis ist allerdings nur der Anfangspreis. Dieser wird vom Verkäufer festgelegt und erscheint nur zu Beginn des Kaufvorganges, wie ein vom Seco vorgenommener Testkauf zeigte. Mit Eingabe der Lieferadresse wurde eine Liefergebühr zum Anfangspreis dazugeschlagen. Wählte der Käufer die Option, mit der Kreditkarte zu bezahlen, kamen die Mehrwertsteuer und die Buchungsgebühr dazu. Der Preis erhöhte sich also mit jedem Bestellschritt. Die Preisaufschläge erschienen in jedem Buchungsschritt zusammen mit dem angepassten Gesamtpreis separat auf der linken Spalte der Seite. Vor der definitiven Auslösung der Bestellung führte die Bestellübersicht den schlussendlich zu bezahlenden Endpreis ebenfalls auf.

Die Käufer hatten somit alle Preisinformationen, und dennoch beanstandeten sie beim Seco, sie seien getäuscht worden. Ein Grund für das Übersehen des Endpreises dürften die während des Kaufprozesses prominent hervorgehobenen Hinweise sein, welche den Nutzer von den Preisangaben auf der linken Seite ablenkten: «Für diesen Event sind weniger als ein Prozent der Tickets verfügbar», «Tickets für … [Name der Veranstaltung] erfreuen sich grosser Nachfrage», «Sie befinden sich in der Warteschlange für diese Tickets», «Sie haben als Nächster die Chance, diese Tickets zu kaufen». Zudem lief während des Kaufprozesses ein Countdown, der die Zeit für den Kauf beschränkte und Käufer unter Druck setzte, sich zu beeilen – und so wesentliche Preisaufschläge zu übersehen.

Gesamtpreis von Anfang an

Das Seco kam zum Schluss, dass dieses Vorgehen sowohl das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) als auch die Preisbekanntgabeverordnung (PBV)[1] verletzt, und erhob deshalb Zivilklage vor dem zuständigen kantonalen Handelsgericht.[2] Beim Produktangebot müsse immer der Gesamtpreis angegeben werden, unabhängig davon, ob das Produkt im stationären Handel oder online verkauft werde. Und das nicht erst am Schluss an der Kasse oder vor Abschluss der Bestellung. Das gelte auch im Bereich des Unterhaltungsgewerbes (Theater, Konzerte, Kinos, Dancings etc.). Der Käufer erwarte nicht, dass sich der Anfangspreis erhöhe. Ferner werde er im Fall der Wiederverkaufsplattform durch die während des Kaufprozesses visuell hervorgehobenen Texte abgelenkt und nehme deshalb die Angaben zum Preis gar nicht wahr.

Sowohl das Handelsgericht als auch das Bundesgericht verneinten eine Irreführung und vertraten den Standpunkt, weder das UWG noch die PBV würden den Zeitpunkt für die Bekanntgabe des Gesamtpreises vorschreiben.[3] Es genüge, wenn der Gesamtpreis ganz am Schluss des Kaufvorgangs mit dem letzten Klick, der zum Abschluss des Vertrags führt, angegeben werde.

Diese Rechtsprechung hat grosse Verunsicherung ausgelöst und widersprach der bisherigen Praxis der Schweizer Onlinehändler, der Ansicht des Seco und jener der kantonalen Gewerbepolizei. Deshalb hat der Bundesrat beschlossen, die PBV entsprechend zu präzisieren. Diese hält seit dem 1. Juli 2022 unmissverständlich fest, dass mit dem Kaufangebot stets der tatsächlich zu bezahlende Preis, also der Gesamtpreis anzugeben ist[4], beim Onlinekauf bereits zu Beginn des Kaufvorgangs. Ferner schreibt die PBV neu ausdrücklich vor, dass obligatorische Kosten für Reservation, Service oder Bearbeitung zu den nicht frei wählbaren Zuschlägen gehören und daher im Preis enthalten sein müssen.[5]

Eine Ausnahme gilt für Versandkosten. Diese dürfen wie bisher separat aufgelistet werden, solange sie direkt beim Preis und in unmittelbarer Nähe zum Angebot leicht ersichtlich und gut lesbar sind. Für die Wiederverkaufsplattform bedeutet dies, dass auf dem Schweizer Markt der Anfangspreis eines Tickets sowohl den Preis fürs Ticket wie auch die Mehrwertsteuer und die Buchungsgebühr beinhaltet. So werden in Zukunft Überraschungen auf der Kreditkartenabrechnung verhindert.

Die Revision des PBV ist nur eines von zahlreichen Themen, die das Seco im Jahr 2022 aufgrund von Beschwerden der Bevölkerung aufgegriffen hat. Mit 9596 von insgesamt 11’753 Beschwerden machten die unerbetenen Werbeanrufe – wie in früheren Jahren – den Löwenanteil aus. Ferner hat das Seco 1057 Beschwerden bezüglich irreführender Geschäftspraktiken und 300 Beanstandungen im Bereich des Adressbuchschwindels erhalten. In 15 Fällen hat das Seco Strafklage eingereicht. Insgesamt hat es 17 Unternehmen angeschrieben und aufgefordert, die unlautere Geschäftspraktik zu unterlassen. Bezüglich vom Seco initiierter Strafverfahren ist es zu insgesamt 16 Strafbefehlen, Urteilen und Entscheiden gekommen.[6]

  1. Siehe Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG und Art. 10 Abs. 1 lit. g PBV. []
  2. Das Seco machte geltend, durch Verletzung der PBV liege ein sog. Rechtsbruch i.S.v. Art. 2 UWG vor (siehe hierzu BGer vom 25.8.1998 «Kamov», Ref. 4C. 338, in: sic! 1999, S. 157, Erw. 4a mit Verweis auf Jürg Müller, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, V/1, Lauterkeitsrecht, Basel 1998, S. 76. []
  3. Siehe Bundesgerichtsentscheid vom 01.12.2020. []
  4. Siehe Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 PBV. []
  5. Siehe Art. 4 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2 PBV. []
  6. Siehe Website des Seco für detailliertere Zahlen. []

Zitiervorschlag: Philippe Barman (2023). Onlineshopping: Ab dem ersten Klick ist der Endpreis jetzt bekannt. Die Volkswirtschaft, 09. Mai.