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Warum Zuger Behörden agiler sind als andere

Die Behörden im Kanton Zug gelten gerade in Wirtschaftsfragen als agil und kundenfreundlich. Das Public-private-Partnership-Modell trägt massgeblich dazu bei.

Warum Zuger Behörden agiler sind als andere

Nicht nur die Zuger Behörden sind agil: Am traditionellen Chriesisturm rennen Männer mit Leitern (und Frauen mit Körben) in der Zuger Innenstadt um die Wette. (Bild: IG Zuger Chriesi@2023, www.zugerchriesi.ch)

Der Kanton Zug ist gemäss den seit Ende der 1990er-Jahre erhobenen Standortrankings von UBS und Credit Suisse nach wie vor der erfolgreichste Wirtschaftsstandort der Schweiz. Dies vor allem wegen der tiefen Steuern für natürliche und juristische Personen, eines sehr hohen Bildungsstands der Bevölkerung, der guten Erreichbarkeit und kundenfreundlichen Behörden.

PPP-Ansatz leistet wichtigen Beitrag

Wirtschaftsnähe und partnerschaftliches Vorgehen in Wirtschaftsfragen werden aber nicht nur durch staatliche Behörden erreicht, sondern seit Jahrzehnten auch durch Organisationen, die auf dem Public-private Partnership-Ansatz basieren (PPP)[1] – also der Zusammenarbeit von Privaten und der öffentlichen Hand. Private erbringen dabei staatsnahe oder teilweise staatliche Dienstleistungen. Beispiele sind der Aufbau von Vernetzungsplattformen für Akteure aus Wirtschaft und Staat, Start-up-Angebote oder die Durchführung von Anlässen zu Innovationsthemen. Der Kanton gründet jeweils den juristischen Träger, leistet eine Anschubfinanzierung und arbeitet aktiv in der privaten Struktur mit. Mitinitiierend und danach federführend bei diesen Trägern – es sind zumeist Vereine – sind die privaten Akteure. Vereinsmitglieder sind grossmehrheitlich lokale Unternehmen und Wirtschaftsorganisationen. In den Vorständen sitzen neben Verwaltungskadern mehrheitlich Schlüsselpersonen aus der Wirtschaft, das heisst Kaderleute von Unternehmen oder Wirtschaftsorganisationen.

Das Zuger Wirtschaftspflegegesetz ermöglicht dies explizit

Basis für diesen partnerschaftlichen Ansatz ist das «Gesetz über die Wirtschaftspflege im Kanton Zug»[2] von 2013, das mit nur vier Paragrafen kürzeste kantonale Wirtschaftsförderungsgesetz der Schweiz. Dort ist diese Koordination zwischen Staat und Privatwirtschaft explizit vorgesehen (Paragraf 2). So sind im Wirtschaftskanton Zug wichtige staatsnahe Bereiche auf Basis des PPP-Ansatzes umzusetzen – wie die Innovations- und Technologieförderung, die Start-up-Förderung,  Arbeitsmarktmassnahmen, die öffentliche Arbeitsvermittlung sowie die Beratung von ausländischen Arbeitnehmenden.

Bei den meisten der in diesen Bereichen tätigen privaten Organisationen beschafft der Kanton situativ Leistungen, wie etwa den «Zuger Innovationstag» oder den «Tag des Gründens». Diese Dienstleistungen im staatsnahen Umfeld erfolgen damit wirtschaftsnah, niederschwellig und kostengünstig: Den Hauptteil der Budgets müssen die privaten Akteure selber bestreiten, was zu schlanken Lösungen und Umsetzungen der Vorgaben führt. Die Organisationen sind auch in der Lage, rasch auf Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld zu reagieren. Letztlich können damit auch die staatlichen Strukturen schlank gehalten werden, ohne dass Kanton und Gemeinden auf Mitsprache im Wirtschaftsbereich verzichten müssen.

Hohe Dichte an Organisationen

Die Liste der Organisationen mit PPP-Charakter ist für einen kleinen Kanton wie Zug eindrücklich, ebenso die hohe Zahl der Unternehmen je PPP-Projekt – häufig sind es über 100. Die meisten Organisationen bestehen schon seit längerer Zeit, darunter der Verein Technologieforum Zug zur Vernetzung von Unternehmen im zweiten Sektor und zur Start-up-Förderung (20-Jahr-Jubiläum 2023), der Verein Gründerzentrum Zug mit dem Businesspark Zug (25-Jahr-Jubiläum 2023) oder der Verein Switzerland Innovation Park Central Rotkreuz als Innovation-Hub (seit 2017).

Staatliche Behörden: Gestärkt, entlastet und gefordert

Gerade in Bereichen, in denen staatsnahe Aktivitäten nicht zwingend, aber erwünscht sind, hat das PPP-Modell grosse Vorteile. Es macht die Behörden leistungsfähiger: Sie können sich auf ihre staatlichen Kernkompetenzen beschränken, während ihre privaten Partner in staatsnahen Wirtschaftsbereichen den Unternehmen, Arbeitnehmenden und Neugründerinnen und -gründern helfen, sich fit zu machen. Sie tun dies effizient und mit dem nötigen Know-how – und vor allem mit oft niederschwelligen Angeboten.

Gleichzeitig fordern die privaten Akteure die staatlichen Behörden auch heraus: Sie sollen ihren Drittpartnern inhaltlich und organisatorisch auf Augenhöhe begegnen können, da sie in den entsprechenden Trägerschaften aktiv zusammenarbeiten. Davon profitieren Zuger Einwohnerinnen und Einwohner wie auch Unternehmen in der Region. Dies belegen zwei Umfragen der Zuger Wirtschaftskammer unter ihren Mitgliedern: Die Behörden erhielten punkto Agilität und Hilfsbereitschaft Noten von deutlich über 5 auf einer 6er-Skala.[3] Damit spielt der kleine Wirtschaftskanton mit seinem dichten Netz von Akteuren und kurzen Wegen eine seiner zentralen Stärken aus.

Wohl nicht zuletzt deshalb wurde das Modell in den 1990er-Jahren im Arbeitsmarktbereich und seit der Jahrtausendwende auch im Bildungsbereich adaptiert, etwa durch privat organisierte Lehrverbunde. Der Verein für Arbeitsmarktmassnahmen bietet seit 30 Jahren Beschäftigungs- und Weiterbildungsangebote im zweiten Arbeitsmarkt an und führt seit 1996 im Auftrag des Kantons das schweizweit einzige privat organisierte Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV Zug).

  1. Siehe Publikation «Boomjahre»: Wirtschaft und Wirtschaftspolitik im Kanton Zug – eine Annäherung an das Erfolgsmodell Zug, Seiten 119ff; Verlag Kalt Medien AG, 2022. []
  2. Gesetzessammlung des Kantons Zug: BGS 915.1. []
  3. Zwei Befragungen der Zuger Wirtschaftskammer aus den Jahren 2007 und 2010 zu den Standortfaktoren im Kanton (wirtschaftsfreundliche Verwaltung; 2010: Note 5,56) bzw. zu der Dienstleistungsqualität der Behörden (Hilfsbereitschaft, Service, rasche Abwicklung von Verfahren, Effizienz und partnerschaftliche Zusammenarbeit; 2010: Noten zwischen 4,93 und 5,25). []

Zitiervorschlag: Gianni Bomio (2023). Warum Zuger Behörden agiler sind als andere. Die Volkswirtschaft, 25. Juli.