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Auch Uhren haben einen Pass

Ein Bernhardinerkopf oder eine Waage in einem Achteck: Diese beiden Qualitätskennzeichen erleichtern den Export für die Schweizer Uhrenindustrie, die im Sektor für Luxusuhren weltweit führend ist.
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Ist auch ein Qualitätskennzeichen: Ein Bernhardinerkopf auf Schweizer Edelmetalluhren eingestanzt steht für qualitativ hochstehende Produkte. (Bild: Keystone)

Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und Palladium haben die Menschen schon immer fasziniert. Der Grund sind ihre ästhetischen und physischen Eigenschaften sowie ihr Seltenheitswert. Diese Metalle werden auch heute noch für die Herstellung zahlreicher Wertgegenstände verwendet, doch leider gibt es auch Imitate, sodass die meisten Länder entsprechende Gesetze zum Schutz der Konsumenten vor Betrug und Fälschungen verabschiedet haben.

Weltweit gibt es verschiedene Möglichkeiten, Gegenstände aus Edelmetallen zu kennzeichnen. In einigen Ländern wird das Edelmetall, aus dem sie gefertigt wurden, auf den Objekten genannt – zum Beispiel mit dem entsprechenden chemischen Symbol oder mit dem Anfangsbuchstaben in der jeweiligen Landessprache. Manchmal wird auch der gesetzlich festgelegte Feingehalt in Tausendstel angebracht, was dem Anteil des Edelmetalls in der Legierung entspricht. 18-karätiges (18 kt) Gold beispielsweise besteht aus 75 Prozent Feingold– oder eben 750 Tausendsteln. Der Rest setzt sich aus anderen Metallen, hauptsächlich Kupfer und Silber, zusammen. In den allermeisten Fällen tragen Edelmetallwaren auch das Zeichen des Goldschmieds oder des Unternehmens, wo sie hergestellt wurden. Um die Richtigkeit der angebrachten Kennzeichnungen zu garantieren, verlangen einige Länder eine staatliche Kontrolle des Edelmetallgehalts durch qualifizierte Fachleute: In der Schweiz wird diese von «beeidigten Edelmetallprüfern» durchgeführt. Teilweise gibt es also nicht nur eines, sondern mehrere Kennzeichen auf Edelmetallwaren.

Ein Bernhardinerkopf als Stempel

In der Schweiz müssen alle Edelmetallwaren mindestens mit dem gesetzlichen Feingehalt und dem Stempel des Herstellers gekennzeichnet sein. Letztere – auch «Verantwortlichkeitsmarke» genannt – muss beim Zentralamt für Edelmetallkontrolle registriert sein, einer Fachstelle des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). Für Uhren gibt es eine Spezialregelung: Neben den zwei genannten Kennzeichnungen müssen ihre Edelmetallgehäuse auch mit dem staatlichen Stempel versehen sein.

Dafür zuständig sind die Edelmetallkontrollämter (Emka). Sie befinden sich in Brügg BE, Chiasso TI, Genf, La Chaux-de-Fonds NE, Le Noirmont JU und Zürich. Ihr Auftrag ist es, die Zusammensetzung sowie die Kennzeichnungen auf den Edelmetalluhren zu kontrollieren und ihre Qualität zu garantieren, indem sie auf jeder Uhr die «offizielle schweizerische Garantiepunze» anbringen. Diese amtliche Prägung in Form eines Bernhardinerkopfs (siehe Kasten) kann mithilfe eines mechanischen Stempels oder mit Laser erfolgen, was eine Bezeichnung von empfindlichen Gegenständen oder komplexen Formen innerhalb von wenigen Sekunden ermöglicht, ohne sie zu beschädigen.

Das Anbringen der amtlichen «Garantiepunze» erfordert manchmal eine technische Meisterleistung. Einige Hersteller bringen ihre Waren direkt zu den Emka, um sie dort punzieren zu lassen. Bei sehr grossen Produktionsmengen fahren aber die Mitarbeitenden der Emka selber zu den Uhrenfirmen, um die Gehäuse vor Ort zu stempeln. Die Punze mit dem Bernhardinerkopf ist ein extrem komplexes Motiv und nur schwer zu fälschen. So spielt sie eine aktive Rolle im Kampf gegen unlauteren Wettbewerb und Fälschungen und hilft den weltweit guten Ruf von Schweizer Uhren zu erhalten.

Ein internationaler Pass

Zahlreiche andere Länder wie etwa das Vereinigte Königreich oder Italien kennen ebenfalls ein obligatorisches staatliches Kennzeichnungssystem für Edelmetallwaren. Zur Vereinfachung des internationalen Handels und zum Schutz der Konsumenten haben mehrere Länder, darunter auch die Schweiz, 1972 das «Multilaterale Übereinkommen betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen» unterzeichnet. Dieses multilaterale Abkommen[1] beruht auf anspruchsvollen gemeinsamen Anforderungen und dient der gegenseitigen Anerkennung der verschiedenen Kontrollsysteme und Kennzeichnungen der Mitglieder. Es ist bekannt als Hallmarking Convention, eine Anspielung auf die «Hall» in London, wo man im Mittelalter die Edelmetallwaren hinbrachte, um sie stempeln zu lassen. Neben den jeweiligen nationalen Punzen kennzeichnen die Mitglieder des Übereinkommens die Gegenstände auch mit dem gemeinsamen internationalen Stempel der Hallmarking Convention, der eine Waage in einem Achteck zeigt (siehe Kasten). In der Schweiz wird dieser zusätzliche Authentifizierungsstempel von den Emka auf den Uhren und anderen Edelmetallwaren angebracht.

Anstieg amtlicher Prüfungen und Stempelungen von Edelmetallwaren und -uhren in der Schweiz (2000–2022)

INTERAKTIVE GRAFIK
Quelle: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), Statistik Edelmetallkontrolle / Die Volkswirtschaft

2022 wurden in der Schweiz 2,9 Millionen Edelmetall- und Mehrmetallwaren amtlich geprüft und gestempelt (siehe Abbildung). 99 Prozent von ihnen tragen auch die gemeinsame Punze der Hallmarking Convention. 27 Prozent dieser Gegenstände waren Uhren.

Dieser gemeinsame internationale Stempel, der im Ausland zusammen mit der amtlichen nationalen Punze hohe Anerkennung als Qualitätskennzeichen geniesst, stellt für die weltweit führende schweizerische Uhrenindustrie im Luxussegment einen wertvollen Pass beim Export dar.

 

Schweizerische Garantiepunze und Stempel der Hallmarking Convention

 

Amtliche schweizerische Punze

Alle in der Schweiz in den Handel gesetzten Uhrgehäuse aus Gold, Silber, Platin oder Palladium unterliegen der obligatorischen amtlichen Prüfung und Stempelung. Für alle anderen Edelmetallwaren (beispielsweise Schmuck) sowie Mehrmetallwaren (d. h. bestehend aus Edelmetall und unedlem Metall) ist diese Prüfung fakultativ.

Gemeinsame Punze der «Hallmarking Convention»

Dank der gegenseitigen Anerkennung der zugelassenen nationalen Punzen und der gemeinsamen Punze, der Vereinheitlichung der Kontrollmethoden und Vorschriften zur Kennzeichnung von Edelmetallwaren vereinfacht das Übereinkommen betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen (Hallmarking Convention) den internationalen Handel. Gleichzeitig garantiert es den Konsumentenschutz. In den letzten zwanzig Jahren ist die Nachfrage nach der Stempelung von Schmuck- oder Mehrmetallwaren stetig gestiegen, was die Effizienz des Übereinkommens im internationalen Handel bezeugt.
Quelle: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), Edelmetallkontrolle / Die Volkswirtschaft
  1. Die Hallmarking Convention umfasst derzeit 21 Mitgliedsstaaten: Dänemark, Finnland, Irland, Israel, Kroatien, Lettland, Litauen, Norwegen, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Serbien, Slowakei, Slowenien, Schweden, Schweiz, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern. Italien wird am 15. Dezember 2023 als 22. Mitglied dem Übereinkommen beitreten. []

Zitiervorschlag: Bridy, Flaminia (2023). Auch Uhren haben einen Pass. Die Volkswirtschaft, 30. Oktober.