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Das Bild der Schweiz im Ausland pflegen

Die Aussenwahrnehmung eines Landes hat erheblichen Einfluss auf seine Wirtschaft und seinen aussenpolitischen Handlungsspielraum. Die Organisation Präsenz Schweiz ist dafür verantwortlich, das schweizerische Erscheinungsbild im Ausland zu pflegen.

Das Bild der Schweiz im Ausland pflegen

Tradition trifft auf Innovation: Der Käseroboter des Schweizer Milchverarbeiters Emmi. (Bild: Keystone)

Wie wird die Schweiz im Ausland wahrgenommen? Das Bild eines Landes wird durch objektive Faktoren ebenso wie emotionale Aspekte bestimmt. Wenn Ihnen jemand erzählt, aus welchem Land er oder sie kommt, verbinden Sie damit spontan eine Reihe von Bildern: die Küche des Landes, sein politisches System, seine Wahrzeichen, die besonderen Wesenszüge der Bevölkerung, bekannte Unternehmen, das Wetter…

Diese Fakten verschmelzen mit den diffusen, aber dennoch starken Emotionen, die Filme, Artikel, Reportagen oder soziale Medien bei Ihnen ausgelöst haben. Auch unmittelbare Erfahrungen, die privat oder beruflich bei einer Reise oder durch persönliche Kontakte gewonnen wurden, spielen eine wichtige Rolle.

Ebenso verhält es sich, wenn man für die nächste Reise eine Fluggesellschaft wählt. Neben objektiven Kriterien wie der Reisezeit oder dem Ticketpreis ist es oft die Herkunft des Unternehmens, die unsere Entscheidungsfindung beeinflusst – insbesondere wenn uns keine genauen Daten über die Zuverlässigkeit einer Fluggesellschaft vorliegen. Dieses als Country-of-Origin-Effekt bezeichnete Phänomen hat somit auch wirtschaftliche Auswirkungen. Denn die Kundschaft lässt sich oft eher von Klischees als von Fakten leiten – oder zumindest beeinflussen. Daher ist es für ein Land sehr wichtig, dass es eine eigene Politik zur Pflege seines Erscheinungsbildes betreibt.

Landeskommunikationsstrategie der Schweiz

Genau das ist die Aufgabe von Präsenz Schweiz. Die Bundesagentur ist dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) angegliedert und setzt die Landeskommunikationsstrategie der Schweiz um.[1] Diese Strategie wird vom Bundesrat alle vier Jahre auf der Grundlage des Gesetzes und der Verordnung über die Pflege des schweizerischen Erscheinungsbildes im Ausland festgelegt. Der Kernauftrag von Präsenz Schweiz besteht darin, die Visibilität des Landes zu erhöhen, die politischen Anliegen und Positionen der Schweiz zu erläutern und ein Netzwerk mit Entscheidungsträgerinnen und Meinungsführern im Ausland aufzubauen.

In einer Welt, die sich stetig wandelt, muss diese Strategie ständig angepasst werden. Dabei muss man berücksichtigen, wie sich die Wahrnehmung des Landes im Ausland verändert, welche Schwerpunktbereiche der Bundesrat festgelegt hat und welche Aktivitäten und Interessen andere Länder verfolgen. Präsenz Schweiz überwacht daher das schweizerische Erscheinungsbild im Ausland permanent, um die Kommunikationsmassnahmen den aktuellen Bedürfnissen anzupassen.

Insgesamt positive Wahrnehmung

Die Analyse des schweizerischen Erscheinungsbildes im Ausland beinhaltet drei zentrale Elemente: erstens eine alle zwei Jahre durchgeführte Befragung zum Image der Schweiz bei der breiten Bevölkerung in etwa 20 Ländern[2], zweitens ein systematisches Monitoring von über 150 Leitmedien in aller Welt und drittens die Auswertung von Studien spezialisierter Forschungsinstitute oder internationaler Organisationen zur Länderwahrnehmung. Ergänzt wird dies durch eine Beobachtung der Darstellung der Schweiz in den sozialen Netzwerken und von den Analysen, welche die Botschaften vor Ort erstellen.

Alle diese Elemente vermitteln ein relativ genaues Bild davon, wie die Schweiz in denjenigen Ländern wahrgenommen wird, die für sie aus wirtschaftlicher oder politischer Sicht am wichtigsten sind. Das Schweiz-Bild unterscheidet sich jedoch je nachdem, ob man die Sicht der Medien oder die der breiten Öffentlichkeit betrachtet. In den Medien ist die Darstellung allgemein kritischer. Denn diese thematisieren auch kontrovers diskutierte Aspekte wie den Finanzplatz oder die Positionierung der Schweiz hinsichtlich des Krieges in der Ukraine. Positiv ist das Image der Schweiz dagegen in der breiten Bevölkerung, die das Land mit seinen Berglandschaften oder seiner hohen Lebensqualität assoziiert (siehe Abbildung).

 

Diese gemischte Wahrnehmung ist nicht nur für die Schweiz typisch. Im Vergleich zu anderen Ländern ähnlicher Grösse oder mit einer vergleichbaren Wirtschaft – etwa den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern – verfügt die Schweiz jedoch insgesamt über ein gutes und starkes Image. Dies, obwohl einige kritischere Aspekte in der Aussenwahrnehmung seit einigen Jahren durch geopolitische Entwicklungen wie die Renaissance des Protektionismus tendenziell verstärkt werden.

Dennoch: Die Marke «Schweiz» geniesst nach wie vor Vertrauen in aller Welt, insbesondere im diplomatischen Bereich, wo die Schweiz dank ihrer Guten Dienste (einem wahren Aushängeschild unseres Landes) als Vermittlerin anerkannt ist. Auch in der Wissenschaft erfreut sich die Schweiz einer besonders hohen internationalen Glaubwürdigkeit.

Wie in jedem Land kann dieses Image mitunter ein paradoxes Gefühl hervorrufen: Wenn die Medien kritisch berichten oder wenn die breite Bevölkerung in anderen Ländern sich anscheinend nur für Schweizer Berge, Schokolade oder Uhren interessiert, findet sich ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung nicht vollständig in diesen Klischees wieder. Viele wünschen sich dann, dass die Vielfalt und die Stärken unseres Landes im Ausland besser wahrgenommen werden. Dabei vergessen sie, dass die überwiegend positiven Klischees und die im Wesentlichen verschmerzbare Kritik eine Chance für unser Land darstellen. Schliesslich gelingt es nur wenigen kleinen Ländern, ihr Image in aller Welt zu verbreiten, auch wenn dieses gerade in weiter entfernten Ländern zwangsläufig nur ein reduziertes Bild vermittelt.

Klischees als Türöffner

Die Strategie Landeskommunikation des Bundesrates orientiert sich derzeit an fünf zentralen Themen: Innovation, Nachhaltigkeit, Wirtschaft, Finanzplatz und Beziehungen zu europäischen Ländern. Sie alle werden von den internationalen Medien regelmässig und mehr oder weniger genau oder positiv behandelt. In einem Umfeld, in dem die meisten Länder ihre Kommunikation aufrüsten und der wirtschaftliche und diplomatische Wettbewerb zunimmt, müssen diese Themen auf eine Weise angegangen werden, die den Bedürfnissen der Schweiz, dem potenziellen Interesse an unserem Land im Ausland und unserer Wahrnehmung bei den Zielgruppen Rechnung trägt.

Ein besonders aufschlussreiches Beispiel ist die Innovation. Die Schweiz ist weltweit eines der innovativsten Länder. Das belegen verschiedene Rankings, darunter der Global Innovation Index, wo die Schweiz seit 13 Jahren den ersten Platz belegt. Dennoch ist dieser Aspekt ausserhalb von Fachkreisen nach wie vor kaum bekannt. Die wirtschaftliche und wissenschaftliche Stärke unseres Landes hervorzuheben, kann jedoch ausländische Unternehmen dazu bewegen, in Schweizer Start-ups zu investieren. Denn haben Investorinnen während einer Konferenz nur ein paar Stunden Zeit für eine Begegnung mit Projektträgern, entscheidet oft ihre Wahrnehmung darüber, ob sie den Stand eines bestimmten Landes besuchen oder nicht. Um die Kluft zwischen der Wahrnehmung der Schweiz im Bereich Innovation und der Wirklichkeit zu verringern, wurde daher die Kampagne Swisstech lanciert. Ihr Ziel: Die Teilnahme an Fachveranstaltungen – etwa Konferenzen zum Thema Start-ups oder über die eigens dafür eingerichtete Website Swiss.tech – soll Entscheidungsträgerinnen (Investoren, Medien, Hochschulen, Talente, Unternehmen und Start-ups) ansprechen. Denn genau darum geht es bei der Landeskommunikation: Sichtbarkeit erzeugen, um insbesondere wirtschaftliche Chancen zu schaffen.

Letztlich sind es unter anderem die Klischees, die es uns ermöglichen, den anderen über den ersten Eindruck hinaus zu zeigen, wer wir sind:  So können etwa Medienschaffende, Investoren oder Ministerinnen bei einem Degustationsabend mit Schweizer Käse und Schokolade unbekannte Aspekte der Schweiz entdecken. In diesem Fall spielt das idyllische Bild der Schweiz eine besondere und bisweilen unterschätzte Rolle. Denn unsere Lebensqualität veranschaulicht unsere Innovationskraft recht gut. Wenn Forschende der ETH Zürich oder Mitarbeitende von Google in ihrer Mittagspause in der Limmat schwimmen, kann dies ihr Innovationspotenzial nur stärken. Innovation braucht Inspiration. Und daran mangelt es in der Schweiz nicht.

  1. Die aktuelle Strategie Landeskommunikation umfasst den Zeitraum 2021–2024. []
  2. Argentinien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Indien, Italien, Japan, Österreich, Marokko, Mexiko, Polen, Südafrika, Südkorea, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, USA. []

Zitiervorschlag: Alexandre Edelmann (2023). Das Bild der Schweiz im Ausland pflegen. Die Volkswirtschaft, 11. Dezember.